Auf der Rückseite eines berühmten Berges, der vielen MTB-Begeisterten ein Begriff sein dürfte, zumal hier bereits so manches Mal die UCI gastierte, liegt ganz versteckt ein kleines Tal, welches sich immer mehr in den Mittelpunkt der Gravity-Szene zu rücken versucht. Weniger mit Weltmeisterschaften oder Weltcup-Rennen, sondern vielmehr als Garant für einen perfekten Mountainbike-Urlaub. Hinter dem berüchtigten Austragungsort spektakulärer Downhill-/Slopestyle- und Four-cross-Rennen auf Weltklasse-Niveau – dem kleinen Örtchen Leogang – ist nämlich Saalbach Hinterglemm zu finden, eine Gemeinde, die immer mehr zu einem der beliebtesten Mountainbike-Revieren des ganzen Landes avanciert. Die schönsten Impression findest du in unseren Bildergalerien Teil 1 und Teil 2.


Ein Besuch in diesem Tal ist gekennzeichnet von rauchenden Bremsklötzen und dahinschmelzenden Gummistollen, denn hier werden Tiefenmeter am laufenden Band vernichtet, solange bis nichts mehr geht und man sich nach einer wohltuenden Massage und einem entspannenden Whirlpool im hoteleigenen Spa sehnt, bis es am nächsten Tag wieder ans Eingemachte geht und alles von vorne beginnt. Das Beste daran: Nicht nur auf den Trails, auch abseits der Bikestrecken wird so einiges geboten. Langeweile kommt hier garantiert nicht auf. Selbst nach einer ganzen Woche. Klingt das nicht toll?

UNTERWEGS MIT DEM PRO
Unterwegs mit MTB-Pro Tibor Simai: Impressionen aus Saalbach Hinterglemm / Bild: Nathan Hughes Wir begleiten den deutschen Bike-Profi Tibor Simai, für den Saalbach Hinterglemm mittlerweile schon zu seiner zweiten Heimat geworden ist. Ein letztes Mal für diese Saison nimmt er die Trails von Saalbach Hinterglemm unter die Stollen, ehe der Winter auch hier Einzug hält und die ersten Schneestürme die unzähligen Trails unter sich begraben und mit Schnee und Eis befüllen.
Wir sind uns einig: Das wird wohl die letzte Tour auf zwei Rädern sein, bevor dieses Bike-Eldorado völlig vom Winter heimgesucht wird und sich die Pisten für die abertausenden von Wintersportbegeisterten breitmachen, die hier Jahr für Jahr über die 200 Kilometer Skipisten pflügen und damit das Pendant zu den Bikern im Sommer darstellen. Ein Kälteeinbruch wird nämlich angekündigt, der erste Schneeschauer mit sich bringen dürfte. Unser gemeinsames Ziel lautet also: Die letzten warmen Sonnenstrahlen des Herbstes von frühmorgens bis spätabends abzustauben, diesen atemberaubenden „Indian Summer“ mit all seiner Farbenpracht zu genießen und das letzte Mal für diese Saison unsere Spuren in die hiesigen Trails zu zeichnen.

GUT GERÜSTET
In völliger Dunkelheit wird das gesamte Equipment noch mal kurz kontrolliert, welches in der Nacht zuvor noch feinsäuberlich in einem gemütlichen Hotelzimmer zurechtgelegt und in den Rucksack gepackt wurde. Die ganze Prozedur muss einfach sein. So bleibt am Berg mehr Zeit für das atemberaubende Panorama, das sich einem auftut, wenn die Sonne aufgeht. Die Luft ist so frisch, so klar. Es herrscht völlige Stille, frühmorgens um halb 5 Uhr. Einsam stehen wir am Hotelparkplatz. Eine leichte Brise weht uns ins Gesicht - Das dürften wohl die Vorboten der prophezeiten Kältefront sein. Wir vergeuden keine Zeit mehr. Schnell die Räder auf den Pick-Up laden, den wir für unsere heutige Mission benötigen, denn zu dieser Herrgottsfrüh befindet sich auch jegliche Seilbahn noch im Tiefschlaf. Und nur so gelangen wir auf den Gipfel, auf den wir so unbedingt hoch wollen und den wir uns für heute vorgenommen haben. Nach der Autofahrt geht es noch ein paar Höhenmeter zu Fuß, das Bike schiebend. Dann ist es soweit. Tibor ist startklar, der Horizont klart auf, die Sonne geht auf und kämpft sich durch die letzten Wolkenschleier. Alles passt perfekt. Es kann losgehen. Die ersten Bilder sind im Kasten. Wir sind mehr als zufrieden.

DER FRÜHE VOGEL ...
Es fühlt sich wirklich verrückt an als erster auf den Beinen zu sein. Selbst Kühe, Schafe und die quirligen Murmeltiere dösen noch gemütlich vor sich hin. Das ist eben „earlybird“. Dieser atemberaubende Anblick: Unbeschreiblich! Eine bessere Belohnung für das frühe Aufstehen können wir uns kaum vorstellen. All die Qualen sind vergessen. Wir sind uns sicher: Ein Sonnenaufgang wie dieser in einer solch beeindruckenden Region… Was will man mehr?
Tibor kommt ursprünglich aus dem BMX-Segment - Man mag es kaum glauben. Hier machte er als BMX-Profi jahrelang Erfahrung, nahm professionell an Rennen teil. Deshalb auch seine spielerische und explosive Art zu fahren. Das Gelände wird bei ihm stets zu einem Spielplatz gemacht, den er auswendig kennen zu scheint. Jeden Stein, jede Kurve, jeden Kicker. Bereits dutzende, wenn nicht hunderte Male war er hier bereits unterwegs. Das Gebiet ist schlichtweg perfekt für diesen Sport. Nicht umsonst gibt er hier ein Camp nach dem anderen und verbringt auch seine Freizeit gerne in der Gegend. Zurück zum BMX wird er aber kaum wieder wechseln – Nur beim Mountainbiken in den Bergen, wie es der Begriff ja auch schon indiziert, kann man so sagenhaft schöne Orte wie diesen erfahren. Da fällt es natürlich sehr schwer wieder zurück auf einen Rundkurs mit Flutlicht zu wechseln, wenn man einmal die völlige Freiheit bzw. die „freie Wildbahn“ erlebt hat.

AUF ENTDECKUNGSREISE
Trotz seiner beträchtlichen Größe ist Tibor in Saalbach Hinterglemm lieber mit einem leichteren Bike unterwegs, damit er auch wirklich jede Strecke auskosten kann, die es hier zu entdecken gibt - kurze Zwischenanstiege inbegriffen. Wer lieber mit der Seilbahn fährt, für den steht nicht nur eine, sondern gar vier hochmoderne Seilbahnen zur Verfügung um die unzähligen Trails der Region zu erreichen. Man kann die Berge aber auch aus eigener Kraft erklimmen - Den vielen Forstwegen sei Dank! Wer kann, der kann – sagt man so schön.
Saalbach Hinterglemm bietet wesentlich mehr Möglichkeiten als ein klassischer Bikepark. Es ist vielmehr ein Eldorado für Mountainbike-Begeisterte. Dafür stehen mitunter bis zu 1.000 Höhenmeter purer Abfahrtsspaß, vier moderne Seilbahnen, die jeweils völlig unterschiedliche Gebiete erschließen sowie eine Traumkulisse und ein zusammenhängendes, 400 km langes Wege- & Trailnetzwerk. Getragen wird das Ganze von dem Spirit der Einheimischen, die diese Leidenschaft ebenfalls teilen. Hier wird Mountainbiken nicht nur angeboten, es wird gelebt. Das ist, was uns an der Region so gefällt.

METER MACHEN
Mit einer Länge von über 6 km und einem Höhenunterschied von 1.025 m schraubt sich die X-Line von der Bergstation bis zur Talstation des Schattbergs und zählt damit zu den längsten Freeride-Strecken Europas. Wer es genau wissen will: Im Winter versteckt sie sich unter einer der steilsten und berüchtigtsten Abfahrten des Skigebietes. Im Sommer hingegen, so wie wir es mögen, beschert sie den vielen Downhill-Fans aber ein breites Grinsen ins Gesicht. Die X-Line musste also auch noch mal dran glauben. Vor allem gefällt sie uns so sehr, weil sie gutes Training für die Unterarme garantiert. Nur die Besten fahren die Strecke nämlich ohne Unterbrechung von Start bis Ziel am Stück. Vor allem zu Saisonbeginn wird das zu einer wahren Challenge, wie viele wissen.
Bevor das Bike-Revier allerdings in den Winterschlaf geschickt wird, trifft sich Tibor auch noch mal mit Vali Höll (bekannt aus dem Film „How to be a mountianbike star“), um mit dem Nachwuchstalent noch ein paar Nachmittags-Runden auf der Pro Line zu drehen. Vali ist ein waschechter Saalbacher Local und mit ihren 12 Jahren YT‘s jüngste Team-Fahrerin - unter Vertrag, wohlgemerkt. Sie schlägt mit ihrem jungen Alter bereits Jungs im selben Alter, sei es auf dem Bike oder auf den Skiern. Hauptsache es geht talwärts und macht gehörig Spaß.
Hoch oben im Wald, oberhalb des Ortes, haben ihre Eltern, Walter und Bine, mit dem Spielberghaus eine „Homebase „geschaffen, die für eine motivierte Nachwuchssportlerin besser nicht sein könnte.
Noch mehr Natur und noch mehr Möglichkeiten zu biken oder skizufahren, das geht beinahe nicht mehr.
„Immer wenn ich mit Vali abhänge, geht es sehr lustig zu. Sie ist eine von den Einheimischen. Sie ist hier aufgewachsen. Ein sehr tolles Mädchen! Gemeinsam möchten wir dran arbeiten, ihr Level ein wenig anzuheben, wenn das überhaupt noch möglich ist. Haha.“, meint Tibor über seinen Schützling.

TEMPOSPIELE
Unterwegs mit MTB-Pro Tibor Simai: Impressionen aus Saalbach Hinterglemm / Bild: Nathan Hughes Tibor erhöht Schritt für Schritt das Tempo, aber Vali lässt sich dadurch nicht abschütteln und bleibt dem alten Hasen stets dicht am Hinterrad. Auch wenn es hoch in die Luft geht, lässt sich das junge Naturtalent nicht in den Hintergrund drängen sondern überrascht hier abermals. Da wird es schon langsam unklar, wer hier wen unter die Fittiche nimmt.
Die Pro Line bietet für dieses „Kräftemessen“ das ideale Umfeld. Die beiden feilen ein wenig an ihren Kurven- und Sprungtechniken. Auch der Stylefaktor darf natürlich nicht zu kurz kommen. Gesagt – Getan, wie die Bilder schön zeigen. Rennen hat sie hier übrigens auch schon so manches bestritten, wie bspw. das Kids Downhill-Rennen bei den World Games of Mountainbiken, wo sie sich abermals ganz oben am Treppchen widerfand.
Groß und Klein legen sich gekonnt in den Wallride. Hier einer der kleineren aus dem bunten Potpourri an Obstacles von Saalbach Hinterglemm. Nachdem beide in perfekter Manier die hölzerne Wand hinter sich lassen, verschwinden sie auch schon wieder im nächsten Wald. Die Pro Line mit all ihren Kompressionen, Sprüngen, Wellen, engen und weiten Kurven, ist prädestiniert um am Fahrgefühl zu tunen, wobei Tibor’s Erfahrungsschatz kaum noch ausreicht, um der schnellen Vali davonzukommen.
Wer weiß, was die Zukunft für Vali bereithält. Im Moment zählt auf alle Fälle nur das Hier und Jetzt und die Freude am Biken, draußen in der wunderbaren Natur. Dabei sind sich beide einig, dass der Spaß stets im Vordergrund stehen soll. Nur so lässt sich der riesige Spielplatz optimal genießen, den Saalbach Hinterglemm den beiden bietet.

DAS LETZTE MAL FÜR DIESES JAHR
Als krönenden Abschluss einer tollen Saison muss dann natürlich noch der legendäre Hacklberg Trail ein letztes Mal in Angriff genommen werden. Hier lässt es Tibor noch ein letztes Mal so richtig krachen. Dabei testet er wohl als erster und zugleich letzter dieser Saison die vielen neuen Kicker, die den Hacklberg Trail in der kommenden Saison 2015 noch mehr Airtime verleihen sollen. Die Shaper haben hier mal wieder tolle Arbeit geleistet. Einmal mehr beweist dieser Trail, dass er zur Elite der besten Trails weltweit gehört. Aber am besten, man macht sich selbst ein Bild davon. Wir kommen auf alle Fälle wieder. Zumal der Sommer 2015 auch viele neue Highlights und Streckenprojekte verspricht, wie man hier so munkelt. Wir sind gespannt.

Text von Bernhard Niederseer. Fotos von Nathan Hughes.


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