In Sachen Skitourenmode ist 2016/17 weiterhin Farbe gefragt. Neben der Optik spielt aber auch die Funktion eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Touren-Outfits. Absoluter Trend in diesem Bereich: die Hybride!
Von Claudia Riedl
Beim Skitourengehen ist Kondition gefragt. Anstrengende Aufstiege bringen den Sportler ins Schwitzen, dazu kommen noch tiefe Minusgrade am Gipfel und windig-kalte Abfahrten am Rückweg. Und genau hier setzt die Skitouren-Funktionswäsche an: Sie soll den Körper nämlich bei Belastung kühlen, gleichzeitig soll sie aber auch so schnell trocknen, dass man bei geringerer Anstrengung nicht friert.
Textilprofi Heike Süss von Gigasport Graz kennt das Wechselspiel aus warm und kalt auf Tour und weiß, worauf es bei der Skitourenbekleidung ankommt: „Sie muss aufgrund der erhöhten Schweißproduktion besonders atmungsaktiv, teilweise winddicht sowie temperaturregulierend sein. Zwei bis drei Bekleidungsschichten sind beim Aufstieg wichtig, bei der Abfahrt wird mindestens noch eine zusätzliche Isolationsschicht benötigt, da man sonst zu sehr auskühlt." In altbewährter Manier kommt auf der Skitour also das „Zwiebelschalenprinzip" zum Einsatz.
AUF TOUR IM "ZWIEBELLOOK"
Das Zwiebelschalenprinzip ist nicht neu, gehört aber unverändert zum Standard-Know-how eines jeden Skitourengehers. Es besagt bekanntlich, dass die Kleidung aus mehreren Schichten bestehen soll, deren Funktionen aufeinander abgestimmt sind. Im Allgemeinen wird beim Zwiebelschalenprinzip von drei Kleidungsschichten ausgegangen, die von innen nach außen ihre Aufgaben erfüllen müssen:
- Basisschicht: Die Basisschicht, oder 1st-Layer, ist im Grunde nichts anderes als die Unterwäsche. Diese hat die Aufgabe, den Schweiß möglichst schnell abzutransportieren und nicht aufzusaugen. Als Basisschicht bewährt hat sich etwa synthetische Funktionsunterwäsche aus Polyester (PES), da diese nur wenig Wasser aufnimmt und somit schnell trocknet. Im Trend liegt allerdings auch ein Gemisch aus Merinowolle und Synthetikfasern. Die Merinowolle trocknet zwar langsamer, ist dafür aber geruchsneutral und wärmt besser als reine Synthetikunterwäsche. Was die Socken betrifft, wird verstärkt auf Wollmischungen in verschiedenen Stärken gesetzt.
- Isolationsschicht: Die Wärmeschicht muss ebenfalls feuchtigkeitstransportierend, aber auch möglichst leicht und elastisch sein, um Wärmestaus zu vermeiden. Dünne Fleecejacken, Isolationsjacken aus Primaloft oder einer anderen Kunstfaser sowie leichte Daunenjacken bieten sich hier an. Über die Skitourenhose wird gerne auch eine Isolations-Short getragen, für Damen gibt's auch eigene Isolations-Röcke. Absolut trendig und funktionell sind sogenannte Hybridjacken, die Isolationsmaterial (Brustbereich) mit Fleece- oder Softshellmaterial (Achseln, Rücken) kombinieren.
- Außenschicht: Als Witterungsschutz werden meist Softshelljacken bevorzugt. Sie sind zwar nicht absolut wasserdicht, dafür aber atmungsaktiver und elastischer als Hardshells. Der Vorteil beim Softshell: Der Sportler überhitzt nicht so leicht und ist dadurch leistungsfähiger. Nur bei wirklich schlechtem Tourenwetter sollte man zu einer 2,5- oder 3-Lagen-Hardshelljacke mit Unterarmbelüftung greifen.
SMARTE TEXTILIEN
Längst kein textiler Trend der Zukunft mehr, sondern bereits etablierter Bestandteil der Skitourenbekleidung ist Merinowolle. Ob pur oder als Mixmaterial spielt diese spezielle Schafwolle etwa als Unterwäsche, als Isolationsmaterial in Westen oder sogar bei Hardshells ihre Stärken aus. Textilprofi Heike Süss kennt die Vorteile, aber auch gewisse Nachteile des Materials: „Die Wollfasern der Merinowolle sind sehr viel dünner als bei herkömmlicher Wolle und daher viel biegsamer. Somit kratzt die Merinowolle auch deutlich weniger, wobei hier das persönliche Empfinden variiert." Außerdem ist diese Wolle geruchsneutral und atmungsaktiv, zieht zudem Wasserdampf an und kann etwa ein Drittel ihrer Masse an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen. Ist dieser „Feuchtigkeitspuffer" allerdings voll, ist es mit dem trockenen Gefühl auf der Haut vorbei. Weiterer Minuspunkt: Merino trocknet um ein Vielfaches langsamer als Kunstfaserprodukte.
Ein Trend, um den auch die Skitourenmode derzeit nicht herumkommt, sind die „Hybride". Hybridmodelle können mehreren Anforderungen der Sportler gleichzeitig gerecht werden, indem sie verschiedene Materialien clever miteinander kombinieren und zielgerichtet dort einsetzen, wo sie jeweils ihre Stärken ausspielen. Dem sogenannten „Bodymapping"-Prinzip entsprechend, werden dabei etwa atmungsaktive mit wärmenden Zonen und elastische mit besonders abriebfesten Bereichen kombiniert. Skitourenjacken mit luftigem Stretchfleece im Achselbereich und warmer Kunstfaser oder Wolle im vorderen Rumpfbereich sind im Sportfachhandel keine Seltenheit mehr. Hybridjacken sind insgesamt vor allem für kalte Tage eine sehr gute Wahl und bieten zudem viel Bewegungsfreiheit.
DIE UMWELT IM BLICK
Ein sensibles Thema in der gesamten Outdoor-Industrie – und somit auch im Skitourensektor – ist die „Nachhaltigkeit". Zahlreiche namhafte Hersteller und Marken setzen bereits auf umweltfreundliche Produkte, entwickeln teilweise sogar ganze Kollektionen aus chlorfreier Wolle oder Recycling-Polyester. Expertin Heike Süss gibt ein Beispiel: „Neu in unserem Gigasport-Sortiment ist die Marke PYUA. Das ist eine Funktionsbekleidungsmarke, die Outdoor-Bekleidung aus bereits recycelten bzw. recyclingfähigen Polyester-Materialien fertigt und diese wieder vollständig verwerten kann – ein geschlossener Recycling-Kreislauf sozusagen." Auf diese Weise hat man die Möglichkeit, aus einer alten, zurückgeführten PYUA-Jacke zum Beispiel eine Hose für die neue PYUA-Kollektion zu fertigen.
„Grüne" Ware erkennt man unter anderem an den Zertifikaten, mit denen viele Produkte bereits ausgezeichnet sind: bluesign®, Fair Wear Foundation und Oeko-Tex® Standard 100 sind nur einige der Zertifizierungssysteme, die für nachhaltige Sozial- und Produktstandards entlang der textilen Wertschöpfungskette stehen. Ein Hinweis dazu: Spannende Hintergründe zum „Nachhaltigkeits"-Trend in der Outdoor-Industrie erfährst du hier!
BUNTES TREIBEN
Womit wir schließlich beim Thema Optik wären: Bei der Wahl ihres Skitouren-Outfits setzen Männer und Frauen oft unterschiedliche Prioritäten. „Herren beziehen zwar den modischen Aspekt mit ein, achten im Skitourensegment aber vor allem auf technische und funktionelle Bekleidung. Die Damen hingegen freuen sich über die inzwischen größere modische Auswahl – die Funktion spielt aber dennoch eine Rolle", weiß die Gigasport-Expertin. Und tatsächlich eröffnet sich trendbewussten Frauen im Skitourensektor eine umfangreiche Produktpalette: Neben den Iso-Röcken und Jacken mit modischen Steppungen sind zusätzliche Accessoires wie beispielsweise Headbands in schönen Prints und Farben beliebt.
Farbtechnisch treibt's der Skitourenwinter 2016/17 bunt. Kräftige Grün- und Lemontöne, alle Blautöne sowie Orange dominieren neben den Basics in Schwarz und Grau in der Herrenabteilung. Bei den Damen sind die Trendfarbe Koralle (ein sanfter Rotton) kombiniert mit Weiss, Grau und Schwarz, aber auch schöne Blautöne wie Petrol, Navy und Türkis angesagt. Ergänzt wird die frische Farbpalette noch durch warme Beerentöne wie Lila, Aubergine und Himbeere. „Wer es jedoch dezenter mag, ist mit den Naturtönen Rost und Olive auf der sicheren Seite", so Heike Süss.
Auch bei der Skitourenmode zeigt sich ein Trend zu alltagstauglichen Outfits. Immer mehr Hersteller setzen darauf, dass Jacken und Hosen dank modischer Steppungen und zeitlosen Farben auch beim winterlichen Stadtbummel eine gute Figur machen. Und die einzelnen Teile sind durchaus langlebig – vorausgesetzt, man lässt ihnen die richtige Pflege (siehe Pflegetipps oben) zuteilwerden. Wichtigste Regel: Die Funktionskleidung sollte immer nur mit einem speziellen Waschmittel aus dem Sportfachhandel gewaschen werden, da sich sonst die Poren verstopfen.
Die Expertin | HEIKE SÜSS ist seit drei Jahren Einkäuferin im Bereich Outdoor-Textilien bei Gigasport Graz. E-Mail: Heike.Suess@gigasport.at Web: www.gigasport.at |
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