Und wenn der Schnee staubt dann liegt er in jener Form, wie ihn sich Skitourengeher und Freerider wünschen: als Powder. Was es zum Tourengehen und Abfahren im Pulverschnee zu wissen gilt – und 20 Tourenvorschläge, die genau bei diesen Bedingungen ihr volles Potenzial entfalten.
Geschmäcker sind verschieden. Bei einem wird aber kaum ein Skitourengeher widersprechen: Pulverschnee ist ein Garant für ein hochwertiges Erlebnis. „Obwohl das Spuren etwas anstrengender ist, ist schon der Aufstieg im Pulver viel angenehmer, geschmeidiger“, sagt Martin Edlinger, Bergführer und Naturfreunde-Experte, „du legst deine Spur ins Gelände und die ist irgendwo auch dein Markenzeichen.“ – „Wie eine weiche Decke unter den Skifellen“, so beschreibt Christoph Mitsche, leidenschaftlicher Skitourengeher und Freerider aus dem Salzburger Lungau, das Gefühl im Aufstieg beim richtigen Powder. Das noch größere Glück wartet bei der Abfahrt. „Man gleitet dahin, das Steuern der Ski gelingt leicht und weich“, sagt Edlinger. Und Mitsche: „Es entsteht ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Die Wolke, die aufwirbelt, glitzert in der Luft und umhüllt dich kurz, ehe sie sich wieder legt. Je trockener und tiefer der Powder, desto eindrucksvoller ist das Gefühl in diesem Nebel aus Frostkristallen, bei dem man eins mit der Landschaft und dem Schnee wird.“
Besser geht’s nicht, oder? Damit aber die Euphorie nicht zum Leichtsinn führt, wollen wir hier gleich darauf hinweisen, dass insbesondere an den ersten Tagen nach großen Schneefällen in der Regel erhöhte Lawinengefahr herrscht. Bei aller Lust und Rarheit der richtig schönen Powdertage heißt es also auch: Umsichtig sein, Touren gut planen oder im Zweifel lieber noch ein bisschen zuzuwarten.
Wann gibt’s eigentlich Powder?
Er ist luftig, leicht, trocken und klebt nicht zusammen. So ein Schnee braucht bestimmte Witterungsbedingungen. „Ideal sind Temperaturen zwischen –10 und –15 Grad“, weiß Christoph Mitsche, „da die Kälte das Wasser im Schnee bindet. Die Luftfeuchtigkeit soll zugleich niedrig sein, weil dadurch ebenfalls weniger Feuchtigkeit im Schnee gebunden wird. Der Schneefall soll leicht und nicht zu stark sein, so entstehen kleine und leichte Kristalle, die fluffig statt dicht gepackt zu Boden sinken.“ Und noch ein Punkt, den beide Experten betonen: Während es schneit, soll es möglichst windstill sein. Wind kann den Schnee verwehen und dabei komprimieren, was die Leichtigkeit vermindert. Wind gilt aber auch als ein „Baumeister der Lawinen“.
Wo finde ich ihn eher?
Als Suchender des Powders sollte man beim Wetterbericht also auch auf Details achten. Der Gedanke, je größer die Höhenlage, desto kälter, desto größer somit die Chance auf schönen Pulver, der muss nicht immer stimmen, sagt Martin Edlinger. Bei Inversionswetterlagen ist es weiter unten kälter als oben. Die Tendenz stimmt aber natürlich: „Gebiete in großen Höhen und kälteren Klimazonen haben bessere Bedingungen für hochwertigen Pulverschnee“, sagt Christoph Mitsche.
Hang-Exposition ist auch ein Faktor. „Sie ist entscheidend für die Haltbarkeit und Qualität des Powders“, erklärt Mitsche. Kurz zusammengefasst: Je direkter die Sonneneinstrahlung, desto eher setzt und verfestigt sich die Schneedecke – was einerseits gut ist, weil die Lawinengefahr abnimmt – dafür verliert der Schnee aber auch seine locker-fluffige Struktur. Auch an Südhängen gibt es mitunter herrliche Pulverschneebedinungen, insbesondere kurz nach Neuschneefällen und an klaren, kalten Tagen, präzisiert Mitsche. In Nordhängen jedoch hält sich der Pulver deutlich länger, dort ist aber auch die Lawinengefahr oft größer. „Ost- und Westhänge können ebenfalls gute Bedingungen bieten, besonders morgens und am frühen Nachmittag.“
Stichwort „morgens“: Auch gutes Timing kann bei der Suche nach dem begehrten Schnee helfen. „Gerade nach Schneefällen und kalten Nächten sind die Morgenstunden ideal, da sich der Schnee durch die kühlen Temperaturen länger locker hält, besonders in schattigen Hängen. Früh zur Tour aufzubrechen, lohnt sich also“, rät Mitsche.
Worauf gilt es aufzupassen?
Einige sicherheitsrelevante Punkte wurden schon angesprochen. „Die ersten drei Tage nach einem großen Niederschlagsereignis sind die gefährlichsten“, betont Bergführer Edlinger, „da gilt es aufzupassen, sich die Lawinensituation ganz genau anzuschauen.“ Das Studium des Lawinenlageberichts (der am Vorabend ab 17 Uhr aktualisiert wird) gehört bei jeder Skitourenplanung dazu. Umso mehr nach großem Schneefall. Die Gefahrenbeschreibung im Bericht gilt es genau zu lesen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Etwa: Wo war Wind, wo können dadurch gefährliche Triebschneeansammlungen sein?
Auf Triebschneeansammlungen unterwegs aufzupassen, darauf weist auch Christoph Mitsche explizit hin, „diese können bei geringer Belastung leicht ins Rutschen geraten“. „Treewells“ – Schneelöcher unter Bäumen – und andere verdeckte Hindernisse sind unter frischer Schneedecke schwieriger zu erkennen, mahnt der Freerider. Einzuplanen ist auch, dass das Spuren im tiefen Schnee mehr Kraft und Ausdauer (und dadurch auch mehr Zeit) erfordert.
Wer unsicher ist, aber frischen Powder dennoch genießen will, hat die Möglichkeit, sich einen Bergführer oder Skiführer zu buchen, betonen beide Experten – „oder sich bei Touren den alpinen Vereinen anzuschließen“, ergänzt Edlinger. Die Sicherheitsausrüstung LVS-Gerät, Schaufel und Sonde muss ohnedies immer mit – beide unsere Experten empfehlen zusätzlich einen Lawinenairbag, der aber keineswegs zu mehr Risiko verleiten darf, betont Martin Edlinger. Von ihm auch der Rat: „Ich kann den Pulvergenuss auch unter 30 Grad Hangneigung nutzen“ – 30 Grad sind die Grenze, unter der keine Schneebrettlawinen abgehen. „Manchmal hört man, unter 30 Grad könne man nicht gescheit Ski fahren – für mich stimmt das gar nicht, ist eine Neigung etwas unter 30 Grad und Pulverschnee sogar höchster Fahrgenuss“, sagt Edlinger.
Wie fährt man besser drauf ab?
Für den richtigen Abfahrtsspaß ist (neben einem breiten Ski, der, falls im persönlichen Ausrüstungsfundus vorhanden, genau jetzt optimal eingesetzt ist) auch die Skitechnik entscheidend. Ein paar Tipps dazu: „Erstens eine zentrale Position – der Körperschwerpunkt befindet sich über der Bindung, wie beim Pistenskifahren auch“, sagt Martin Edlinger. Manche glauben, dass mit etwas Rücklage die Skispitzen nach oben kämen – doch dadurch wird in Wahrheit das Steuern viel schwerer. Zweiter Tipp: Beide Ski gleichmäßig belasten, weil man dadurch besser aufschwimmt. Richtungswechsel lassen sich durch eine Hoch-Tief-Entlastung am besten einleiten. Vierter Fahrtipp: „Ein etwas höheres Tempo erleichtert das Aufschwimmen.“
Für Christoph Mitsche ist eine solide Skitechnik auf der Piste das Fundament, um auch im Powder Erfolgerlebnisse zu verbuchen. „Im Pulverschnee sollte man den Ski freigeben – also nicht zu stark auf die Kante setzen, sondern sie mit etwas Druck steuern und den natürlichen Rebound des Pulverschnees nutzen. Das bringt einen rhythmischen Bewegungsfluss und sorgt für kraftsparendes Steuern im Powder“, so sein Rat. Bei der nächsten Powder-Skitour am Besten ausprobieren – zum Beispiel auf einer unserer ausgesuchten 20 Touren, die bei Pulverschneebedingungen höchsten Genuss versprechen.
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