Dank ausgeklügelter Materialkombinationen und spezieller Imprägnierungen ist die Bergmode heute vielseitiger denn je. Wie die neue Textilgeneration den Outdoorsportler vor Wind, Wetter und noch mehr schützt, klären wir hier.

Von Claudia Riedl


Sport in der Natur heißt auch, ständig wechselnden Witterungseinflüssen ausgesetzt zu sein. Der Bekleidung kommt daher eine wichtige Rolle zu. Sie muss schützen, nicht nur gegen Nässe, sondern auch gegen Kälte. Doch die aktuelle Bergmodegeneration 2016 kann noch viel mehr: Fast alle großen Marken haben neben bewährten auch neue Lösungen mit „Bodymapping", Insekten- und UV-Schutz sowie recyclebare Modelle im Programm. Und die aktuellen Trends heißen „Hybrid", „UPF" und „Nachhaltigkeit".

„HYBRID": SMARTER TEXTIL-MIX
Der eingefleischte Bergsportler kennt das „Zwiebelprinzip" bei Outdoorkleidung, das nicht nur das Temperaturempfinden im grünen Bereich hält, sondern auch dafür sorgt, dass auf Tour Schweiß nach außen transportiert wird. Das ist nichts Neues. Und es funktioniert – solange die drei Schichten miteinander harmonieren. Ein neuer Trend im Bergmodensektor, die sogenannten Hybride, bieten nun oftmals in nur einer Bekleidungslage das, was bisher mit zwei Lagen abgedeckt werden musste. „Durch die intelligente und individuelle Verwendung verschiedenster Materialien können die Hybridmodelle mehreren Anforderungen der Sportler gleichzeitig gerecht werden", so Textilexpertin Christina Rauscher von SPORT 2000 in Ohlsdorf (OÖ). „Sie verbinden atmungsaktive mit wärmenden Zonen und elastische mit besonders abriebfesten Bereichen. Und dort, wo es nötig ist, schützen sie vor Wind und Wetter."

Textilprofi Rauscher erklärt anhand einer Hybridjacke auch das „Bodymapping"-Prinzip: „Meist wird ein hochelastischer Fleecestoff an den Ärmeln mit warmer Kunstfaser oder Wolle im vorderen Rumpf oder Rücken kombiniert. Somit ist die Hybridjacke eine gute Wahl für kalte Tage
und bietet so die für Outdoorsportler wichtige Bewegungsfreiheit. Um den Spagat aus Dampfdurchgang und Isolationsleistung zu meistern, wurde also ein raffinierter Mix entwickelt: luftiges Stretchfleece an den ‚Hotspots' wie Achseln, Rücken, während an den ‚Fröstelzonen' wie Nieren und Brust Isolationskammern für Wärmerückhalt und Windschutz sorgen."

Allrounder bevorzugen Modelle, die vorwiegend aus Wolle bestehen, da sich die wärmeregulierenden Eigenschaften von Wolle bei Plus- und Minusgraden einsetzen lassen. Als perfekte Ergänzung zum Zwiebellook bei Kälte empfiehlt Rauscher besonders körpernah geschnittene, weniger dick gefütterte Hybridjacken. Ein Tipp: Wer lange etwas von seiner Jacke haben möchte, sollte sie mindestens einmal pro Saison – bei sehr häufigem Gebrauch auch öfter – bei 30° C in der Maschine ohne Schleudergang waschen. Dabei vorher alle Reiß- und Klettverschlüsse schließen, die Jacke auf links drehen und am besten ein die Bauschkraft erhaltendes Flüssigwaschmittel verwenden. Bleichmittel, chemische Reinigung und bügeln sind absolute No-Gos!

„UPF": SONNENSCHUTZ 2.0
Ein zurzeit noch wenig bekannter, aber nicht minder interessanter Trend im Bekleidungssektor sind Textilien mit UV-Schutzfaktor (UPF). Spezielle UV-Schutzkleidung muss und kann, vorausgesetzt sie ist verlässlich geprüft, auf längeren Bergtouren einen sicheren Schutz vor der ultravioletten Strahlung der Sonne bieten. Zunächst sollte man aber wissen, dass es auch unbehandelte Materialien mit natürlichem UV-Schutzfaktor gibt: „Dazu gehören etwa einige Kunstfaserprodukte, aber auch Baumwoll- und Wolltextilien. Je feiner ein Kleidungsstück gewebt ist, desto weniger schädliche Strahlen werden durchgelassen", erklärt Rauscher.

Wer hingegen auf richtige UV-Schutzkleidung setzt, kann – so der Tenor der Hersteller – damit rechnen, dass 98 Prozent aller UV-Strahlen absorbiert werden. Welchen UV-Schutzfaktor eine Textilie hat, wird durch den UPF, den Ultraviolet Protection Factor, auf einer Skala von 0 bis 80 angegeben. Ein Beispiel: Ein Kleidungsstück mit UPF 50 verlängert die Zeit, die man ohne Risiko einer Hautschädigung in der Sonne verbringen kann, im Prinzip um das 50-Fache. Die Werte können aber variieren, da der benötigte Schutzfaktor vom jeweiligen Hauttyp und die Strahlungsintensität unter anderem von der Bewölkung und dem Sonnenstand (geografische Breite, Tages- und Jahreszeit) abhängt.

Wie sehr man sich auf diesen UPF verlassen kann, das wird durch unterschiedlichste Normen bezeichnet – und für Outdoorer ist leider nicht jede Norm hilfreich. Die europäische Norm „EN 13758-1" etwa berücksichtigt bei der Bekleidung keine Abnützung durch Waschen oder Tragen. Am zuverlässigsten ist der „UV-Standard 801", der sicheren Sonnenschutz auch in nassem und gedehntem Zustand bietet.


STICHDICHT UNTERWEGS
Neben der Sonne haben es auch Mücken, Zecken und andere lästige Tierchen auf die Wanderer abgesehen. Einige Hersteller von Trekkingbekleidung haben daher auch „stichdichte" Hemden, Hosen und Socken im Angebot, die 90 Prozent der Insektenstiche verhindern sollen. Christina Rauscher weiß hier mehr: „Grundsätzlich können die Textilien auf zwei Arten gegen Insektenstiche schützen – durch die Webung und durch Chemikalien. Bei der ersten Variante ist das Material der Kleidungsstücke so dicht gewebt, dass ein Insekt nicht durchstechen kann. Das Material – meist ein Mix aus Polyester und Baumwolle – ist atmungsaktiv, strapazierfähig und hält warm, ist aber etwa im Vergleich zur Kunstfaser schwerer und nicht so schnelltrocknend."

Chemischer Schutz heißt, dass die Kleidungsstücke entweder mit einem permanenten oder einem aufsprühbaren Insektenschutzmittel versehen sind. Der künstlich hergestellte Wirkstoff des permanenten Mittels ist für Menschen ungefährlich und wird direkt in die Kleidungsfaser eingearbeitet. Damit ist er lange haltbar und wäscht sich nur langsam heraus. Der Insektenschutz zum Aufsprühen enthält oft das Insektizid Permethrin, das zwar ebenfalls Mücken und Co. fernhält, bei Menschen aber allergische Reaktionen auslösen kann.

MIT RÜCKSICHT AUF DIE UMWELTIm Einklang mit der Natur: Hersteller setzen auf umweltfreundliche Produktion. / Bild: Jack Wolfskin
Das letzte Stichwort im Trendsektor Bergmode ist „Nachhaltigkeit". Dass die Liste der umweltfreundlichen Produkte in der Outdoor-Industrie immer länger wird, weiß Sport-2000-Expertin Christina Rauscher: „Kollektionen in diesem Bereich sind zum Beispiel aus Bio-Baumwolle, chlorfreier Wolle oder Recycling-Polyester gefertigt." Letzteres wird vor allem aus Plastikflaschen gewonnen. Fast 100 Millionen PET-Flaschen verarbeitete zum Beispiel die Marke Patagonia in den vergangenen Jahren zu Funktionskleidung, T-Shirts und Fleece-Jacken. Zudem sollen jetzt alle Patagonia-Kleidungsstücke wiederverwertbar sein. Auch Mammut wirbt mit dem „grünen" Slogan. Die Marke mit dem Urzeit-Elefanten stellt unter anderem Kletterbekleidung aus Biobaumwolle her, außerdem leistet Mammut Kompensationszahlungen für das CO2, das bei der Produktion ihrer Seile entsteht.

„Das verlässlichste Gütezeichen für nachhaltige Outdoor-Produkte ist das Label ‚bluesign®', an dem schon sehr viele Outdoor-Marken beteiligt sind. Dieses Label wird nur verliehen, wenn jeder Produktionsschritt bluesign-zertifiziert wird, also umweltfreundlich und unschädlich ist", so
Rauscher. Viele Marken sind bereits darum bemüht, schrittweise die gesamte Kollektion auf eine umweltfreundliche Produktion umzustellen.


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