Schnell noch schneller werden. Wenig Aufwand betreiben und doch viel Effekt erzielen, geht das? Wir haben uns fünf Theorien angeschaut, die rasche Steigerung versprechen und gefragt: Mythos oder Wahrheit?
1. High-Intensity-Intervalltraining
Der Mythos
Kurze, aber harte Intervalle sollen nicht nur die Geschwindigkeit verbessern, sondern auch die Ausdauer.
Die Wahrheit
„Das stimmt“, sagt Sportmediziner Robert Fritz. „Der Effekt des HIIT ist nachweisbar. Durch die harten Tempoeinheiten verbessert sich die maximale Sauerstoffaufnahme. Das HIIT-Training funktioniert über eine Verbesserung der Herzfunktion. Der Herzmuskel wird kurz sehr intensiv belastet. Daraus lernt er, wird besser und kann effizienter arbeiten.“ Deine Herzfrequenz wird insgesamt abnehmen. „Eigentlich“, sagt Fritz, „ist es für jeden gut, intensiv zu trainieren. Auch wenn jemand vor längerer Zeit eine Herzerkrankung hatte, ist HIIT-Training – natürlich unter medizinischer Betreuung – sinnvoll. Das ist medizinisch in Stein gemeißelt.“ Aber: Man ändert damit nichts am Muskelstoffwechsel. Der Oberschenkelmuskel wird durchs HIIT-Training nicht mehr Mitochondrien produzieren oder zumindest nicht lernen, mit Fettsäuren umzugehen, weil er das niemals trainiert. „Das heißt: Die generelle Leistungsfähigkeit verbessert sich, aber du wirst damit keinen Halbmarathon oder Marathon gut laufen können.“ Ganz wichtig auch: Es gibt unterschiedliche Intervalle für unterschiedliche Ziele. Die vom Trainer vorgegebenen Belastungs- und Erholungsphasen sollte man strikt einhalten und nicht die Pausen dehnen oder die Belastung anpassen. „Der Nutzen nimmt stark ab, wenn du zu lange pausierst.“
2. Phantom Athletic
Der Mythos
Eine Maske, über Nase und Mund getragen, drosselt – stufenweise einstellbar – die Sauerstoffzufuhr. Das erhöht den Trainingseffekt.
Die Wahrheit
„Ich halte davon wenig, da gehst du voll in den anaeroben Stoffwechsel, versuchst den Körper noch mehr zu belasten. Man kann sich ganz anders intensiv belasten, ohne die Sauerstoffzufuhr einzuschränken“, sagt Fritz. Diese Masken kommen aus dem Hochleistungssport, dort hat es auch Sinn. „Wenn ein Profi sieben Tage die Woche zwei, drei Mal pro Tag trainiert und das ganze Spektrum seiner Herzfrequenz ausnützt, der braucht neue Reize. Und da musst du dir was Neues überlegen. Denn nur durch neue Reize wirst du besser. Davon sind wir im Hobbysport meilenweit entfernt. Solche Masken simulieren auch kein Höhentraining. Da geht es um den Sauerstoff-Partialdruck, den du in der verminderten Höhe hast. Außerdem: Das Prinzip beim Höhentraining ist „train low, sleep high“. Denn in der dünnen Luft ist man weniger leistungsfähig und bringt kein ordentliches Training hin.
3. Schnellkrafttraining
Der Mythos
Sprünge von einer Stufe und wieder in die Luft – Stichwort Kängurutraining – machen dich schneller.
Die Wahrheit
„Finde ich cool“, sagt Robert Fritz. Funktioniert aus medizinischer Sicht auch flott. „Weil sich die intramuskuläre Koordination verbessert. Sprich: Die Muskeln reden mehr miteinander. Es ist halt immer die Frage, wo die Ziele liegen. Für einen Marathon wird es nicht viel bringen, für einen Dirt-Run über drei, vier Kilometer, wo du ständig springen und wieder beschleunigen musst, schon.“ Je länger die Distanz, desto wichtiger wird dann die Muskelökonomie und desto weniger wichtig wird die Explosivität, die man mit dem Känguru-Training erreicht. Für kurze Distanzen erzielt man damit aber schon nach ein, zwei Wochen Erfolge. „Das geht wirklich sehr rasch. Vorsicht: Wenn man nichts gemacht hat, muss man am Anfang sehr vorsichtig sein, dass man sich nicht überlastet. Aber da gibt es ein Supersignal, das heißt Schmerz. Wenn dir was weh tut, nimm es ernst“, sagt Fritz.
4. Krafttraining
Der Mythos
Mehr Muskeln ist gleich mehr Tempo.
Die Wahrheit
„Ja“, sagt Robert Fritz. „Bis zu einer gewissen Grenze, wenn du einfach zu schwer wirst.“ Außerdem: Es gibt kaum Kraftsportler, die ohne Hormone zu nehmen extrem aufgepumpt sind. „Ein schöner, definierter Muskel ist hilfreich, weil er auch ein Glykogenspeicher ist. Ich habe also mehr Kraft und kann mehr Energie aufnehmen. Krafttraining funktioniert auch extrem schnell. Geh zweimal hintereinander mit einem Tag Pause dazwischen in ein Fitnessstudio und du wirst mehr Gewichte stemmen können“, sagt Fritz. Der Muskel ist da zwar noch nicht mehr geworden, aber die intramuskuläre Koordination verbessert sich. „Man kann damit aus dem vorhandenen Potenzial wesentlich mehr Performance rausholen. Aber: Das würde ich nicht machen, wenn ich nie Krafttraining gemacht habe. Und auch nicht in der letzten Woche vor einem Wettkampf.“
5. Ernährung
Der Mythos
Mit gezielter Ernährung kann ich kurzfristig mehr Leistung erzielen.
Die Wahrheit
„Ja. Sagen wir so: Man kann mit der Ernährung viel falsch machen“, erklärt Fritz. „Stichwort: Low carb und no carb, wenn ich also die Kohlenhydrate komplett aus meiner Ernährung streiche, werde ich am Anfang einen ziemlichen Leistungseinbruch erleben. Sie dagegen zu reduzieren, ist kein schlechter Ansatz“, meint Sportmediziner Fritz. Man muss nur aufpassen, was man trainiert. Bei intensivem Training braucht man die Energie aus dem Kohlenhydratstoffwechsel. „Speziell vor dem Wettkampf ist Carbo-Loading aber in jedem Fall sinnvoll. Damit kann ich die Speicher extrem aufladen und mich beim Wettkampf wesentlich besser machen. „Ich empfehle jedem Hobbysportler, drei Tage vor dem Rennen ordentlich Kohlenhydrate zuzuführen, indem man den Anteil der Kohlenhydrate beim normalen Essen auf rund 80 Prozent erhöht. Auch die „Pastaparty“ um 18 Uhr am Vorabend macht noch Sinn. „Das ist in der Früh super verarbeitet und gespeichert in der Muskulatur“, erklärt Fritz. Und: Das Frühstück ist relativ egal. Sinnvoll ist das gezielte Speicher-Auffüllen übrigens nicht nur vor einem Marathon, sondern schon ab einer Renndistanz von 3 Kilometern.