Drahtesel oder Goldesel - das ist hier die Frage. Denn neue Bikes richten vor allem im Portmonnaie viel Flurschaden an.
Von Ernst Sittinger
„Das ist ja so teuer wie mein Auto", staunt der Arbeitskollege, der sich grundsätzlich aus Fahrrädern nicht viel macht. Zumindest nicht so viel, dass er sich nicht einmal gedanklich mit dem neuen Top-Renner von Trek anfreunden könnte. Seit die vom Fahrradfachhandel lange gemiedene 10.000-Euro-Grenze gefallen ist, gibt es kein Halten mehr. Das knallrote Modell „Madone Race Shop Limited" beispielsweise steht um bedingt wohlfeile 12.999 Euro in der Auslage. Wobei man die letzten neun Euro wahrscheinlich wegverhandeln kann.
Da ist man schon froh, sich als Mountainbiker durch die Modelle der Fünf- bis Achttausend-Euro-Klasse zu klicken. Economy Class, sozusagen. Das verbaute Material ist halt leider furchtbar teuer, wie der ehrfürchtig lauschende Anwender dazu als Erklärung vom Fachberater vernimmt. Ja, das Material! Benzin ist billig, aber davon hat der Radfahrer ja nix. Moderne Leichtbau-Mountainbikes bestehen aus Carbon und vermutlich vielen anderen seltenen Erden, die so selten sind, dass man sie nicht einmal auf Wiesentrails zwischen die Stollen bekommt.
„Carbon statt Kondition" steht auf einer großen Tafel, die schwitzende Biker hoch über Ischgl am Eingang zur Heidelberger Hütte begrüßt. Das Gewichtstuning war früher der ärgste Preistreiber, ist heute aber ein bisserl aus der Mode gekommen. Ein 8.000-Euro-Fully wie das „Fuel EX 9.9" wiegt knapp elf Kilo. Dagegen bringt das schnöde Citybike „Allant 7,4" auch nur 12,2 Kilo auf die Waage, kostet aber ein Zehntel – 849 Euro Listenpreis. Irgendwie enttäuschend.
Aber die hochstaplerische Namensgebung, die klappt auch im Billigsegment: Das Rahmenmaterial des Allant heißt „FX Alpha Gold Aluminium", ist aber trotzdem nur Aluminium. Macht nix. Räder aus Gold werden sowieso überschätzt.
Der Kolumnist | ERNST SITTINGER ist Mitglied der Kleine-Zeitung-Chefredaktion, Kabarettist, begeisterter Biker und Outdoorsportler. |
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