Damit das gleich klar ist: Mit diesem kleinen "Lexikon der Lawinenkunde" liefern wir hier keinen Schnellsiedekurs für Ahnungslose! Nebenstehende Infos sollen aber alle Wintersportler, die es ins Gelände zieht, daran erinnern, dass Lawinengefahr immer präsent ist. Empfehlenswert ist ein praxisnaher Kurs mit geschultem Lehrpersonal und qualitativ hochwertige Ausrüstung allemal ...
Womit wir gleich beim ersten und auch besten Rat angelangt sind, den wir allen Skitourengehern (und auch Freeridern) mitgeben wollen: Um sich wirklich fundiertes Wissen zum Thema Lawinengefahr anzueignen, sollte jeder, der im freien Gelände unterwegs sein will, einen „Lawinenkurs“ absolvieren, wie er von Alpenverein, Naturfreunden etc. laufend angeboten wird. Das Wissen, das dort in Theorie und Praxis von geschulten Experten vermittelt wird, ist die beste Lebensversicherung!
Um aber zumindest einen Eindruck zu vermitteln, wie vielschichtig nicht bloß Schneedecken, sondern die gesamte Lawinen-Problematik ist, liefern wir hier stichwortartig Infos aus dem Lawinenkurs, die man wissen muss.
DAS SICHERHEITSPAKET
Diese Gegenstände müssen in jedem Fall mit auf die Tour: Lawinenverschüttetetensuchgerät (LVS), Sonde (zum Lokalisieren von Lawinenopfern), Lawinenschaufel (zum Ausgraben), Handy, Erste-Hilfe-Set. Top auch: moderne Sicherheitstools wie Lawinenairbags von ABS.
LVS-CHECK
Abgesehen davon, dass jeder im Umgang mit einem LVS-Gerät geschult sein muss – ganz wichtig ist auch, dass kurz vor dem Abmarsch alle Geräte nicht nur eingeschaltet, sondern vor allem auf ihre Funktionalität überprüft werden müssen.
IMMER INFORMIERT
Wissen ist Schutz! Bereits einen Tag vor einer Tour und wenn geht, unmittelbar davor wird auf www.lawine.at der aktuelle Lawinen- und Wetterbericht abgerufen. Die dargestellte Gefahrenstufe für die ausgewählte Örtlichkeit zeigt auch das Risiko an. In Kurzform: Gefahrenstufe 1 = geringe Lawinengefahr (Auslösung nur bei großer Belastung im extremen Steilgelände); Gefahrenstufe 2 = mäßig (Schneedecke ist an sich gut gefestigt, an einzelnen steilen Hängen sind Abgänge möglich) und ab Gefahrenstufe 3 (Auslösung in steilen Hängen bereits bei geringer Belastung der Schneedecke möglich) sollte von einer steilen Route bereits unbedingt Abstand genommen werden. Bei Gefahrenstufe 4 (Schneedecke ist an den meisten steilen Hängen nur schwach verfestigt) und 5 (auch im mäßig steilen Gelände sind Lawinen zu erwarten) herrscht sowieso absolutes Gehverbot.
SEI AUFMERKSAM
Aber bei aller Vorabinformation: Die Natur ist unberechenbar. Umso mehr gilt es, ständig wachsam zu sein und das Gelände immer im Auge zu behalten, um etwaige Gefahrenquellen wie Wächten, Triebschneeansammlungen, Überhänge usw. sofort zu erkennen und zu vermeiden.
WAS TUN BEI UNSICHERHEIT
Sind sich die Teilnehmer nicht im Klaren oder nicht einig, wie hoch an bestimmten Stellen das Risiko ist: Die Sicherheit hat immer Vorrang – die Gefahrenstelle wird also umgangen.
STEILHEIT PRÜFEN
Grundsätzlich besteht Lawinengefahr bei Hängen mit mehr als 25 Grad Neigung – verschärft noch, wenn diese nach Norden ausgerichtet sind. Tipp: Um blitzschnell eine Hangneigung prüfen zu können, gibt es mittlerweile sogar Apps fürs Handy.
TRÜGERISCHE SCHNEEDECKE
Die Regel ist an sich einfach: Je mehr Neuschnee gefallen ist, umso größer wird das Risiko. Was aber nicht heißt, dass deshalb bei geringer Schneehöhe keine Lawinengefahr besteht: Wenn lockerer Pulverschnee auf vereiste dünne Schneeschichten fällt, können gewaltige Schneebretter abfahren, weil die dünne Eisschicht unter dem Druck bricht.
RISIKOFAKTOR WIND
Auch der Wind ist ein Auslöser von Lawinen – je stärker er bläst, ums größer wird die Gefahr. Zudem wird im Schatten des Windes (an Kuppen usw.) immer mehr Schnee aufgetürmt – das immer größer werdende Gewicht lässt wiederum die schwächste Schneeschicht brechen und Lawinen abgehen.
DIE TEMPERATUR BEACHTEN
Dritter Auslöser von Lawinen neben Schneedecke und Wind ist die Temperatur. Ist die Luft wärmer als der Boden, gefriert auf der Oberfläche des Schnees die feuchte Luft zu Reif – und wird dann für darauffallenden Neuschnee zur Rutschbahn. Aber auch von wärmeren, bodennahen Schichten kann Wasserdampf aufsteigen – und an der Oberfläche instabile Kristalle bilden.
SICHERES GELÄNDE
Wo immer sich die Gelegenheit bietet, hält man sich bei der Route an sichere Geländepunkte – wie zum Beispiel dichter Wald oder auch ein Gelände, das bereits stark befahren wurde.
LAWINENGEFAHR IN DER RINNE
Grundsätzlich gilt es, abzuschätzen, ob in einer Rinne oder Mulde viel eingeblasener, lockerer Schnee liegt, denn dieser „Triebschnee“ birgt ein extremes Lawinenrisiko.
DER RICHTIGE AUFSTIEG
Für das Aufsteigen in steilerem Gelände (ab 25 Grad) gilt: Nicht direkt hintereinander im Gänsemarsch steigen, sondern einen Sicherheitsabstand (10 m und mehr) lassen.
BEWUSST ABFAHREN
Dieser Sicherheitsabstand wird in Steilhängen auch bei der Abfahrt unbedingt eingehalten. So reduziert man die punktuelle Belastung der Schneedecke und damit die selbstverschuldete Lawinengefahr. Und man sorgt gleichzeitig dafür, dass im Falle eines Lawinenabgangs nicht alle betroffen sind.
ZEITFAKTOR NACH DEM UNGLÜCK
Wird tatsächlich jemand von einer Lawine verschüttet, so ist keine Zeit zu verlieren, denn mit jeder Minute unter der Schneedecke sinkt die Überlebenschance eines Lawinenopfers. Das heißt: Alle Helfer schalten ihre LVS-Geräte auf Empfang und versuchen, über den Sender des Opfers dessen Lage zu orten. Ist das geglückt, wird mit Sonden die genaue Stelle lokalisiert – und dann gegraben. Die Statistik zeigt: Bei einer Suche mit LVS, Sonde und Schaufel dauert es im Schnitt 15 Minuten bis zur Rettung – und die Überlebenschance liegt bei 9:10!
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