Sie sind manchmal berüchtigt, meist in der Minderheit, aber immer begehrt. Zumindest bei sportlichen Skifahrern. Was eine schwarze Piste definiert, wie sie präpariert wird, wie man sie am besten fährt. Plus: 20 „tiefschwarze“ Exemplare zum Nachfahren.
Direttissima oder Heiße Kante, Inferno oder Diabolo, Black Rose oder Harakiri – bei manchen schwarzen Pisten ist der Name schon Programm. Wobei stets auch ein Augenzwinkern mit dabei ist. Während in den Skigebieten die mittelschweren roten und einfachen blauen Pisten in aller Regel den Großteil der Abfahrten stellen, sind die raren, schwierigen schwarzen Pisten oft so etwas wie ein Aushängeschild eines Skiresorts. Was aber auch gleich betont werden kann: Niemand muss eine schwarze Piste befahren, üblicherweise gibt es einfachere Umfahrungen. Aber speziell für sportliche Skifahrer sind sie oft „Pflicht“ und versprechen höchsten Spaß. Und machmal, als besonders steile Exemplare, auch zusätzlich Nervenkitzel. 20 schwarze Pisten zum Nachfahren im Alpenraum haben wir diesmal ausgesucht – und stellen sie in unseren „Top 20“ vor.
Wir haben uns auch erkundigt: Was macht eine schwarze Piste aus, wie wird eine solche klassifiziert? Und wir wollten für die Story auch ein wenig hinter die Kulissen der Skigebiete blicken und haben nachgefragt, wie eine besonders steile Piste eigentlich präpriert wird. Man kennt schließlich die Bilder von den am Stahlseil hängenden tonnenschweren Pistenfahrzeugen. Und last but not least wollen wir ein paar Tipps zum Befahren der Steilhänge weitergeben.
72 % Neigung verlangen nicht nur technisch versiertes Fahren, sondern auch Konzentration und Erfahrung.
Das Farbenspiel auf den Pisten
Blau ist leicht, Rot mittel, Schwarz schwer. Diese Einteilung von Skipisten kennt jedes Kind. Was steckt aber dahinter? Grundsätzlich geht es um die Steilheit: Blaue Pisten haben ein maximales Gefälle von 25 %, rote von maximal 40 % – bei mehr als 40 % gilt eine Piste als schwarz. Wie Sebastian Nadeje von den Hochkönig Bergbahnen in Salzburg weiß, ist die maximale Neigung aber nicht das einzige Kriterium: „Das Gefälle ist ein wichtiger Faktor. Zusätzlich zur Steilheit spielen aber etwa auch Kuppen, die Exposition und die generelle Beschaffenheit der Piste eine Rolle.“
40 % Neigung sind umgerechnet rund 22 Grad – viele bekannte schwarze Pisten übertreffen diese Grenze aber deutlich. „Unsere steilste Piste im Skigebiet Hochkönig ist die ‚Steile Vierer‘“, erklärt Nadeje, „sie zeichnet sich durch Passagen mit bis zu 72 % Neigung aus. Das verlangt nicht nur technisch versiertes Fahren, sondern auch hohe Konzentration und Erfahrung. Besonders die Hanglage und die wechselnden Expositionen sorgen für spannende Bedingungen, die auch sehr geübte Skifahrer fordern.“ Zu finden ist die „Steile Vierer“ als eine von mehreren Abfahrtsvarianten an der Abergalmbahn in Maria Alm.
Mit bis zu 100 % Steilheit – heißt: ein Meter Gefälle auf einen vertikalen Meter oder 45 Grad Neigung – wartet stellenweise die Direttissima am Katschberg im Grenzgebiet von Kärnten und Salzburg auf. Freilich ist diese Piste nicht überall so steil – und in dem sonst ausgesprochen familienfreundlichen Skigebiet die hochsportliche Visitenkarte.
15 Tonnen, 550 PS
Ab etwa 60 % Neigung müssen „Windenmaschinen“ zum Präparieren zum Einsatz kommen, verrät Nadeje. So nennt man die Pistenfahrzeuge, die mit einer Seilwinde und einem Stahlseil ausgestattet sind. Man kennt die Bilder, wie sich die am Stahlseil hängenden Kolosse die steilsten Hänge hochschieben, um wieder einen schönen weißen Teppich für den nächsten Skitag zu zaubern.
Für steile Pisten wie beispielsweise die Stephan Eberharter Gold-Piste im Skigebiet Hochzillertal-Kaltenbach braucht es unbedingt eine solche Windenmaschine, erklärt auch Manfred Daum. Der 39-Jährige ist einer der Männer, die mit dem bis zu 15 Tonnen schweren und rund 550 PS starken Gerät die Pisten im Tiroler Skigebiet Nacht für Nacht in Bestzustand versetzen. Die Winde selbst hat 4,5 bis 5 Tonnen Zugkraft, erwähnt Daum, das Stahlseil wird an speziellen Ankerpunkten eingehängt.
Je steiler die Piste, desto mehr Schnee wird beim Befahren tagsüber nach unten geschoben. „Eine Schwierigkeit beim Präparieren einer besonders steilen Piste liegt darin, den Schnee den ganzen Winter über oben zu halten. Es kommt auch immer auf die Wetterverhältnisse an: Hat es viel Schnee, hast du ohne Winde keine Chance, da kommst du sonst unweigerlich ins Rutschen.“ Präpariert wird stets von unten nach oben, und dabei wird der Schnee wieder nach oben verteilt: „Man macht sich zuerst eine Spur nach unten“, erklärt Daum den konkreten Ablauf – „wir fahren also rückwärts mit aufgehobener Fräse herunter und dann wird die Piste von unten nach oben neu präpariert.“
Die Fahrzeuge haben GPS-Schneehöhenmessgeräte eingebaut, anhand derer die Fahrer erkennen, wo wie viel Schnee für den Optimalzustand fehlt – entsprechend muss der Schnee dann verteilt werden. „Als Pistenraupenfahrer musst du den ganzen Winter gegen die Skifahrer arbeiten“, so drückt es Manfred Daum aus. Die einen, die Skifahrer, sind zwar in der Überzahl; die anderen haben dafür mehr PS unterm Hintern ...
Für besonders steile Hänge braucht es schon Erfahrung, erzählt Daum, der selbst seit sieben Jahren die Skihänge in Hochzillertal–Kaltenbach präpariert. Und wie schaut das perfekte Ergebnis letztlich aus? „Es muss alles picobello sein“, heißt etwa: „dass die Frässpur sauber ist, keine Kettenspuren rausschauen. Wir als Fahrer sehen viel mehr, als der Skifahrer mitkriegt“, berichtet Daum. Nebenbei erwähnt: Selbstverständlich werden alle Pisten für Freizeitskifahrer gleich präpariert, ob blau, rot oder schwarz.
Kontrollierte Kurzschwünge
Wie fährt man nun eine schwarze Piste „nach Lehrbuch“? „Die Kurzschwung-Technik ist die empfohlene Methode, um steile Pisten zu meistern“, weiß Sebastian Nadeje. „Es geht darum, kurze dynamische Schwünge mit einem schnellen Rhythmus zu fahren, um die Geschwindigkeit zu kontrollieren und stets die Balance zu halten. Wichtig ist auch, das Gewicht nach vorne zu verlagern und die Kanten der Ski bewusst einzusetzen, um optimalen Halt zu haben.“ Weniger geübte Skifahrer neigen dagegen dazu, sich im steilen Gelände nach hinten zu lehnen, weiß Nadeje auch, „was zu einem Kontrollverlust führt. Auch das Vermeiden von aktiven Schwüngen ist ein häufiger Fehler, da viele aus Angst vor der Steilheit die Geschwindigkeit nicht über kontrollierte Schwünge reduzieren, sondern versuchen, sie durch Rutschen abzubremsen. Das führt aber oft zu einer instabilen Position und erhöht das Sturzrisiko.“
Und wann ist der beste Zeitpunkt, eine schwarze Piste zu befahren? „Frisch präpariert sind die Bedingungen optimal“, weiß Nadeje – „später am Tag kann die Piste durch zunehmende Sonneneinstrahlung anspruchsvoller werden, es können Buckel und ungleichmäßige Schneeverteilungen entstehen.“ Was als Zusatzchallenge durchaus auch seinen Reiz haben mag – wissen zumindest nicht mehr ganz Junge, die anno dazumal noch mit ausgewiesenen Buckelpisten skifahrerisch sozialisiert wurden. Wer perfekte ebene Pisten bevorzugt, kommt möglichst früh morgens, wenn die Pistenraupenfahrer den Buckeln mit dem schweren Gerät zu Leibe gerückt sind.
3 Fragen an Viktoria Bürgler
Was die ÖSV-Weltcup-Athletin vom Skigebiet Hochkönig für das Befahren schwarzer Pisten rät.
Was wären deine – auch für Freizeitskifahrer passenden – Fahrtipps für schwarze Pisten?
Um möglichst viele dynamische Schwünge in den Schnee zaubern zu können, wäre mein Tipp: dynamische, kurze bis mittellange Schwünge mit einer stabilen Mittellage und einer guten Schräglage, die über die Hüfte gesteuert wird.
Welchen Ski würdest du dafür empfehlen?
Am besten einen Slalomski – so einer wie der Salomon S/Race SL 12.
Wie groß ist der Unterschied zwischen einer „tiefschwarzen“ Piste für Freizeitfahrer und einer Rennpiste?
Der Unterschied liegt vor allem in der Präparierung: Rennpisten werden immer mit Wasser injiziert, die Oberfläche wird dadurch glatter und eisiger. Und in der Regel finden Geländewechsel in Rennpisten sehr abrupt statt, während schwarze Pisten für den Freizeitskilauf kontinuierlich steil sind.
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