Das Hochgebirge fasziniert seit jeher mit einem atemberaubenden Kontrastprogramm zum urbanen Alltag. Doch bei aller Idylle werden potenzielle Gefahrenquellen nicht selten unterschätzt, was sich auch auf dramatische Weise in der Unfallstatistik widerspiegelt. Worauf man bei hochalpinen Touren insbesondere Rücksicht nehmen sollte und wie man sich gezielt vorbereiten kann, hat uns Dr. Marcellus Schreilechner, Bundesbergsportreferent der Naturfreunde Österreich und staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, verraten.
Laut einer aktuellen Statistik des Österreichischen Kuratoriums für alpine Sicherheit sterben in Österreich auf Hochtouren im zehnjährigen Durchschnitt sechs Personen pro Jahr. Die Zahl der Toten und Verletzten hängt eng mit den Wetterbedingungen und den örtlichen Verhältnissen zusammen. An der Spitze der Unfallursachen stehen mit großem Abstand Stürzen, Stolpern und Ausrutschen. Diesen Unfallursachen kann man mit hoher Konzentration und guter Kondition begegnen. Wer fit in die Berge geht, bringt auch Reserven mit, die in Trittsicherheit und Konzentration gesteckt werden können.
RUTSCHIGE FIRNFELDER
Das Ausrutschen auf Firnfeldern ist ein großes Gefahrenmoment. Am besten trainiert man das Rutschen schon im Kindes- und Jugendalter auf ungefährlichen Hängen. Rutschen – oft sogar kopfüber – und dann bremsen, mit und ohne Pickel, ist ein Spiel mit unzähligen Wiederholungsmöglichkeiten, das auch Erwachsene begeistert.
GEFAHRENQUELLE GLETSCHERSPALTEN
Auf Gletschern gibt es die Gefahr, in eine Spalte zu stürzen. Davor kann man sich nur durch Anseilen schützen. Daher gilt auf Gletschern: Nie alleine unterwegs sein! Wenn ein Gletscher blank ist und man alle Spalten eindeutig sehen kann, darf man auch ohne Seil gehen. Ansonsten: unbedingt anseilen! Mit zunehmender Tageserwärmung brechen Schneebrücken, die nicht erkannt werden, durch die Belastung eines Bergsteigers oder auch spontan ein.
SCHLECHTE SICHT, MANGELNDE ORIENTIERUNG
Die Orientierung am Gletscher, vor allem bei schlechten Sichtverhältnissen und bei unklarer Spuranlage, ist nicht immer leicht. Den sicheren Umgang mit einer Karte, wenn die Sicht noch ausreichend ist, kann man gut erlernen und üben. Auch der Einsatz moderner Geräte wie GPS inklusive Höhenmesser- und Kompassfunktion muss trainiert werden.
Die verwendeten Karten und Gebietsführer müssen auf dem aktuellen Stand sein. Die hohen Gletscherstände, oft verbunden mit mächtigen Firnschneeauflagen der vergangenen Jahrzehnte, gaben bei vielen Touren wenig Anlass, die Gefahren von Spaltenstürzen zu berücksichtigen. Die Tourenbeschreibungen sind wegen der rapiden Gletscherrückgänge stets neu zu bewerten; nur dann kann man geschickte Alternativvarianten herausfinden. Hüttenwirtsleute können einem sehr oft die jeweils aktuelle optimale Spur empfehlen.
WÄRME- VERSUS FRONTGEWITTER
Das Wetter im sommerlichen Hochgebirge beschert uns zwei unterschiedliche Gewitterarten. Sind Wärmegewitter angesagt, geht man möglichst früh los und beobachtet während der Tour den Himmel aufmerksam, damit man rechtzeitig in einer schützenden Hütte einlangt. Wärmegewitter sind auf den Wetterkarten durch eine flache Hochdruckverteilung gut zu erkennen.
Gewitter, die eine Kaltfront einleiten (Frontgewitter), werden in alpinen Wetterberichten meist schon auf die Stunde genau vorausgesagt. Darauf kann man sich, mit ein bisschen persönlicher Reserve, sehr gut verlassen. Das notwendige Hintergrundwissen über Wetterkunde holt man sich am besten in einem der Kurse der Naturfreunde. Den aktuellen Wetterdienst der Naturfreunde Österreich findest du unter www.naturfreunde.at/service/wetterdienste.
Zum Weiterlesen: