Anreize für Bergtouren sind vielfältig: weil man Gipfelsiege ­feiern will, die Aussicht von oben großartig ist, man den Kopf frei bekommt. Vor einer urigen, gemütlichen Hütte zu sitzen und kulinarische Hoch­genüsse zu erleben, ist auch ein sehr guter Grund.

Oliver Pichler

Die Speckknödel sind genial, die Spinatknödel ein Gedicht und der Schweinsbraten ist herausragend. Die Brettljause ist eine Wucht, das Brot köstlich und der Bauernkrapfen ein perfekter, süßer Abschluss. Die Kärntner Kasnudel sind nahe dran an denen von Oma, die Käsespätzle sensationell und der Kaiserschmarrn ist einfach top. 

Die Knödel und Schweinsbraten sind allein schon ein guter Grund, zur Darmstädter Hütte nahe St. Anton in Tirol aufzusteigen. Brettljause inklusive selbst gemachtem Brot und Bauernkrapfen sind in der Weißalm im Großarltal in Salzburg die Empfehlung. Und die Urheber der zum Schwärmen motivierenden Kärntner Kasnudel, der Käsespätzle und des Kaiserschmarrns kochen in der Eisenkappler Hütte am Fuß des Hochobir in den Karawanken im Südosten Kärntens auf.

Auch wenn die kulinarischen Verlockungen groß sind: Die wichtigste Funktion von Berghütten ist es, Stützpunkt für alpine Unternehmungen zu sein. Verschiedenste Möglichkeiten, die Pracht der Berge zu genießen, gibt es bei jeder der drei Hütten, die wir für diese Story exemplarisch „besuchen“ wollen. Am besten, man stellt der Hütteneinkehr eine schöne Tour voran. „Danach“ schmeckt es noch besser und man kann nach längeren Wegstrecken und etlichen Höhenmetern auch einmal problemlos genussmäßig über die Stränge schlagen.

Alpin ab Darmstädter Hütte (2384 m)
„Hütten in extremen Lagen vermitteln ein Gefühl von Freiheit und Naturverbundenheit. Man ist bei uns in einer anderen Welt, fern vom Stress“, sagt Andreas Weiskopf von der Darmstädter Hütte. Seine hochalpine Schutzhütte befindet sich auf 2384 m im Tiroler Teil der Verwallgruppe, südwestlich von St. Anton am Arlberg. Andreas betreibt sie in dritter Generation, er ist mit Leib und Seele Wirt. Die Hütte verfügt, um energieautark zu sein, seit 40 Jahren über ein selbst errichtetes, kleines Wasserkraftwerk. „Unsere Familie hat das Hüttenwirt-Gen“, verrät er. 

„Mir ist es wichtig, dass wir ein verlässlicher Stützpunkt für Berg­sportler sind. Und dass wir ehrliche, authentische Hüttenkulinarik bieten“, lässt er wissen. Es brauche keine umfangreichen Speisekarten, sondern eine gute, kleine Auswahl typischer Gerichte. „Bei uns gibt es seit den 1980er-Jahren vegetarisches Bergsteigeressen, Veganes auf Wunsch. Und weil wir Strom haben, servieren wir einen sehr guten Cappuccino. Aber wir bieten keine Shrimps, Meeresfrüchtesalate oder andere, meinem Gefühl nach nicht zu uns passende Speisen“, so seine Philosophie. 

„Sehr bekannt sind wir für unsere Knödel. Für die Speckknödel, die Kaspressknödel, die Leber-, Spinat-, Bärlauch-, Tomaten-Mozzarella-Knödel und die Semmel- sowie Graukasknödel. Überdies ist der Schweinsbraten, den unsere Köchin herausragend gut macht, ein Genuss-Hit“, weckt Andreas kulinarische Vorfreude. Vor Jahren wurde die Hütte ihrer kulinarischen Leistungen wegen sogar in den Gourmetführer Gault Millau Österreich aufgenommen. „Da wir selbst eine kleine Landwirtschaft betreiben, kommt ein sehr großer Teil unserer Lebensmittel aus eigener Produktion“, hält der Tiroler fest. 

Trotz aller Schwärmerei fürs Kulinarische – in erster Linie ist die Darmstädter Hütte eine alpine Zwischenstation für das Verwall durchquerende Mehrtagestouren. Und  Ausgangspunkt für zahlreiche hochalpine Touren. Gut machbar sind etwa der Scheibler (2978 m), die Faselfadspitze (2993 m) und die Saumspitze (3039 m). Die Kuchenspitze (3148 m) mit ihrer Nordwand zählt dagegen zu den hundert schwierigsten Bergen der Welt und ist nur etwas für Alpinprofis. 

Die drei erstgenannten Touren sind – kombiniert mit dem Zustieg vom Tal bis zur Hütte – attraktive, lange Tagestouren. Um sich diesen Zustieg zu erleichtern und ihn zu beschleunigen, ist die Auffahrt per E-Mountainbike ideal. Ab Ende Juni ist das möglich. Aufgrund der Höhenlage und des extremen Mikroklimas kann Andreas Weiskopf den Hüttenbetrieb erst spät, heuer am 24. Juni, beginnen. „Wenn wir um den 20. Juni den Weg zur Hütte räumen, müssen wir uns oft durch acht bis neun Meter hohen Schnee kämpfen. Überdies ist zu dieser Zeit im Bereich der Hütte die Schneedecke noch geschlossen.“

Almvielfalt rund um die Weißalm (1724 m)
„Almhütten im Großarltal gibt es schon sehr lang. Ursprünglich dienten sie nur der Viehwirtschaft. Irgendwann begannen die Bauern, die Hütten auch zu bewirtschaften und Gäste zu bewirten“, erzählt Margreth Hettegger, die zusammen mit ihrem Mann Gerald die etwa 300 Jahre alte Weißalm auf 1724 m östlich von Großarl besitzt und führt. „Wir machen die Almwirtschaft und die Gastronomie in der Hütte selbst“, betont Margreth, die mit ihrer Familie auch einen Bauernhof, 15 Fahrminuten von der Hütte talwärts, leitet. Butter, mehrere Sorten Käse und Topfen produzieren die Hetteggers selbst. Im Sommer von der Milch der Almkühe. Auch Wurst und Speck, Brot, Schnäpse und Liköre, Säfte und Marmeladen machen sie selbst. „Da wir keine gewerbliche Hütte sind, bieten wir nur an, was wir selber produzieren. Ausnahmen sind Wein und Bier“, erklärt Margreth. 

Die kulinarische Verlockung ist ebenso groß wie jene, bei ihr in der Hütte zu übernachten, um länger in den Genuss dieser herrlichen Lebensmittel zu kommen. 20 bis 25 Betten in verschieden großen Zimmern stehen zur Verfügung. Den Gästen, die übernachten, servieren die Hetteggers am Abend Suppen, einfache Gerichte wie Gulasch oder Geschnetzeltes aus eigenem Fleisch. Und in der Früh gibt es ein wunderbares Almfrühstück, auf Wunsch auch Eierspeis oder Spiegelei. 

Aus dem Tal, ab Parkplatz Grund im Ellmautal (Seitental des Großarltals), ist die Weißalm nach 1,25 Stunden Aufstieg erreicht. Die Wandermöglichkeiten von der Hütte aus sind vielfältig. Beschaulich sind die Wege zu den benachbarten Almen (Ellmaualm oder Loosbühelalm und Filzmoosalm). Binnen 1,5 bis 2 Stunden erwandert man den Gipfel des Gründegg (2168 m). Wer möchte, verlängert und geht weiter bis zum Penkkopf (2011 m).

Panoramahit ab Eisenkappler Hütte (1555 m)
„Im Süden unserer Region, an der Grenze zu Slowenien, ragen die Karwanken auf. Um sie auf Wanderungen zu erleben, sind Hütten elementar. Aufgrund ihrer Lage der ideale Ausgangspunkt für Touren auf den Hochobir (2139 m), der einen großartigen Panormablick bietet, ist die Eisenkappler Hütte (1553 m)“, befeuert Robert Karlhofer von der Tourismus Region Klopeinersee – Südkärnten, die Vorfreude. Kulinarisch zeichnet sich die Hütte, die per Mautstraße erreichbar ist, durch regionale, bodenständige Hausmannskost aus. „Mein Lieblingsgericht sind Käsespätzle. ­Alleine für sie lohnt sich der Besuch“, schwärmt Karlhofer. Köstlich sind auch die Kärntner Kasnudel, das Gröstl und der Kaiserschmarrn. 

Die Hütte bietet Übernachtungsmöglichkeiten und ist nicht nur Ausgangspunkt für Touren auf den Hochobir, sondern auch Etappenziel des Panoramawegs Südalpen. Vom Westen kommend endet die neunte Etappe des Weitwanderwegs hier. Zurück zum Hochobir: „Sein Gipfel ist einer der schönsten Aussichtspunkte in den Karawanken. Binnen 1,5 bis 2 Stunden ist er von der Eisenkappler Hütte aus erreichbar. Die Tour ist auch für Familien gut machbar“, weiß Karlhofer. Der mächtige Berg liegt mitten im grenzüberscheitenden UNESCO- Geopark Karawanken. „Vom Geopark aus werden etwa geführte Vollmond- und Sonnenaufgangstouren auf den Hochobir angeboten“, verrät der Regionskenner.