Leder – zu Recht findet dieses hochwertige Naturmaterial bei Wander- und Bergschuhen seinen Einsatz. Warum das so ist und wie man es richtig pflegt, sagen uns drei echte Experten in Sachen Leder.

Thomas Polzer
Thomas Polzer

Leder und Schuhe – das passte auch unter extremen Bedingungen immer schon zusammen. Vor 5500 Jahren, als der älteste Schuh der Welt aus einem einzigen Stück Schweins- oder Stierleder gefertigt wurde, genauso wie etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, als für die ersten „Bergschuhe“  genagelte Haferlschuhe aus Leder verwendet wurden. Denn das Leder machte die Schuhe robust und geeignet auch für das extreme Bergsteigen. 

Auch heute noch liegt Leder vor allem im hochwertigen Bergschuh-Segment stark im Trend. „Leder war bei Bergschuhen nie aus der Mode“, bekräftigt Thomas Heinen, Geschäftsführer von Heinen Leder, dem deutschen Produzenten von Qualitätsleder für Bergschuhe unterschiedlicher Marken wie etwa Hanwag. Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt: Zum einen ist es der aus der Natur stetig nachwachsende und damit laufend anfallende Rohstoff  – es gibt eben noch Mengen von Tierhäuten, die genutzt werden müssen. „Und rein fachlich“, sagt Thomas Heinen, „gibt es tatsächlich kein Material, das besser zu einem Bergschuh passt als Leder: Es ist vielseitig verwendbar, sehr lange haltbar und äußerst strapazierfähig. Hochwertige Bergschuhe sind finanziell doch eine wichtige Anschaffung und diese soll dann auch lange halten. Daher schätzen Konsumenten, die die Wertigkeit und Langlebigkeit von Leder erfahren haben, Leder als sehr gute Investition.“

Diesen Trend unterstreicht auch Maximilian Hundhammer, Eigentümer der bayerischen Schuh-Marke Doghammer: „Bewusster Konsum nimmt bei bergsportbegeisterten und naturverbunden Menschen einen immer höheren Stellenwert ein. Und da ist eben Leder ein Material, das ganz klar als nachhaltig eingestuft wird.“

Viele Pluspunkte für Leder
„Leder hat hervorragende funktionelle Eigenschaften, die bei Outdoor-Schuhen besonders wichtig sind“, sagt auch Barbara Meixner vom Bergschuh-Hersteller ­Hanwag. „So gibt vor allem dickeres Leder den Füßen im Gelände Halt und Stabilität. Außerdem passt sich ein Wanderschuh oder Bergstiefel mit einem Lederfutter erfahrungsgemäß der individuellen Fußform noch besser an als ein Schuh mit einem Textil-Innenfutter oder mit einer wasserdichten Membran.“

Ins selbe Horn stößt Thomas Heinen, für den ein Wanderschuh vor allem auch ein sicherheitsrelevantes Ausstattungsteil ist, „da er den Fuß und damit den Menschen vor Umknicken, vor dem Aus- und Abrutschen schützen soll. Das Naturmaterial Leder passt sich dem Fuß besonders gut an und gibt ihm damit perfekten Halt.“

Zur perfekten Passform kommt aber auch das hervorragende Fußklima. Denn Leder ist eine natürliche Faser, die Fußschweiß aufnehmen und nach außen transportieren kann. „Ein trockener Fuß bleibt warm und gesund“, weiß Thomas Heinen, „und genau diese Kombination aus Passform und Fußklima ist bis dato von keinem künstlichen Material imitierbar.“ Die Angst, dass Leder nicht wasserdicht ist, kann Maximilian Hundhammer von Doghammer sofort zerstreuen, „denn Leder ist an sich schon feuchtigkeitsabweisend, aber bei richtiger Behandlung sogar sehr stark wasserabweisend! Der Lederschuh bleibt trotzdem immer atmungsaktiv und bietet einen angenehmen Tragekomfort, den man mit einem Synthetik-Schuh kaum nachempfinden kann.“ 
Und die Nachteile? Richtig ist: Ein guter Lederschuh ist in der Anschaffung häufig etwas teurer als ein Kunststoffschuh. Über die längere Nutzungsdauer eines Lederschuhs im Vergleich zum Synthetikmodell relativiert sich der hohe Preis aber wieder zugunsten von Leder. Geht es nach Barbara Meixner, dann gibt es eigentlich nur ein einziges Kriterium, um auf einen Lederschuh zu verzichten. „Und zwar dann, wenn sich ein Mensch für einen veganen Lebensstil entschieden hat.“ Auch für Thomas Heinen ist und bleibt „ein Lederschuh fast immer die bessere Wahl, aus all den zuvor genannten Vorteilen. Einzig bei einem Schuh fürs Speedhiking würde ich auf Kunststoff setzen.“

Vielseitiges Einsatzgebiet
Geht es nach unseren Experten, dann ist Leder grundsätzlich das klassische Material für leichte Wanderschuhe bis hin zum robusten Bergstiefel. Auf der einen Seite gibt es nach wie vor Trekkingschuhe oder Alpinstiefel, deren Schaft komplett aus Leder besteht. Auf der anderen Seite kommt beim Obermaterial immer öfter eine Mischung aus Leder und Synthetik zum Einsatz. „Dieser Materialmix“, weiß Hanwag-Sprecherin Barbara Meixner, „ist vor allem bei leichteren Outdoor-Schuhen für gemäßigte Wanderungen zu beobachten. Welches Obermaterial die Schuhhersteller wählen, hängt nicht zuletzt vom Einsatzbereich des konkreten Modells ab.“ 

Warum nicht nur Echtleder, sondern auch Kunstleder zunehmend Verwendung findet, erklärt Maximilian Hundhammer: „Kunstleder hat einige Vorteile beim Produktionsprozess und auch bei der Materialausbeute. Optisch jedenfalls sind gute und hochwertige Kunstleder für den Laien kaum vom echten Leder zu unterscheiden. Zu dem kommt, dass das Thema Schuhpflege bei einem Wanderschuh aus Kunstleder vielleicht nicht ganz so wichtig ist wie bei einem reinen Lederschuh.“ Thomas Heinen dagegen hat generell keine Freude mit dem Wort „Kunstleder“, „denn dieser Begriff ist widersprüchlich! Leder kommt aus der Natur und ist nicht künstlich. Entweder hat man Leder oder Kunststoff. Der richtige Begriff wäre daher Lederersatzstoffe und diese muss es geben, da die Menge von Leder durch die sich ändernden Essgewohnheiten der Menschheit begrenzt ist. Daher ist es eine normale Entwicklung,  dass auch immer mehr Produkte aus unterschiedlichsten Materialien verkauft werden.“ Beim Bergschuh-Hersteller Hanwag ist Kunstleder nicht wirklich ein Thema, „denn Kunstleder oder synthetische Materialien“, weiß Barbara Meixner, „bestehen zumeist aus Kunststoffen, die eben nicht so atmungsaktiv sind und die nicht annähernd an die hervorragenden funktionellen Eigenschaften von Echtleder herankommen.“

Konsumenten, die die Wertigkeit und Langlebigkeit von Leder erfahren haben, schätzen es als sehr gute Investition.

Thomas Heinen, Geschäftsführer von Heinen Leder

Wichtig: die richtige Pflege!
Völlige Einigkeit herrscht bei unseren Experten aber bei einem anderen wichtigen Thema. Sie wissen nämlich, dass vielen Outdoor-Sportlern leider nicht bewusst ist, dass ein Bergschuh aus Leder sorgsam gepflegt werden möchte. Ein Manko, das etwa Maximilian Hundhammer so vergleicht: „Stellt euch vor, ihr pflegt eure Haut nicht. Eine gewisse Zeit macht sie es schon mit, aber irgendwann treten erste Spuren auf, die nicht nur sichtbar, sondern auch gefährlich sind, weil sie zulasten der Funktion gehen.“ 

Im Kasten unten haben deshalb unsere drei Lederschuh-Profis die richtigen Pflegetipps zusammengestellt. Damit du deinen ledernen Bergschuhen – und letztlich deinen Füßen am Berg Gutes tun kannst.  

Pflegetipps

  • regelmäßige Pflege ist das A+O
  • bei Verschmutzung die Schuhe zuerst mit Schuhbürste abbürsten
  • sitzt der Dreck sehr fest: abbürsten unter fließendem warmem Wasser. Auch das Profil von Schlamm oder Steinen befreien
  • spezielle Leder-Reinigungsmittel sind nur nötig, wenn alles andere versagt
  • keine Seife – sie schadet der Imprägnierung und den meisten Lederarten
  • Wanderschuhe niemals in die Waschmaschine stecken
  • ­­­nasse Schuhe langsam und ohne externe Wärmequelle trocknen lassen – das korrekte Trocknen kann ein bis zwei Tage dauern
  • schneller geht es mit locker zusammengeknülltem Küchenpapier (kein Zeitungspapier) im Inneren des Wanderschuhs
  • wichtig ist außerdem ein regelmäßiges Imprägnieren, um den Nässeschutz wiederherzustellen ...
  • und regelmäßig zu wachsen, um das Leder zu pflegen