„SPORTaktiv Doc“ Robert Fritz und Sportwissenschafter Michael Koller von der „Sportordination“ kennen die häufigsten Fehler im Hobbysport. Wer sie vermeidet, kann die meist begrenzte Trainingszeit viel effizienter nutzen.
Aus wenig Trainingszeit möglichst viel rausholen? Das nehmen sich viele zwar vor. In der Praxis scheitert es oft an typischen Fehlern, die verhindern, dass Trainingseinheiten auch zum entsprechenden Fortschritt führen, wissen Sportmediziner Robert Fritz und Sportwissenschafter Michael Koller – den „SPORTaktiv Doc“ Fritz für diese dritte Folge unserer Serie mit an Bord geholt hat.
Fehler 1: Kein Plan
Michael Koller vergleicht Training mit einer Autofahrt. Du stehst in Wien, willst nach Linz und kennst den Weg nicht? Dann wirst du dich heutzutage an ein Navigationsgerät halten. „Ein Navi weiß erstens genau, wo du bist“, erklärt Koller. Für Sportler heißt das: Mach eine Standortbestimmung in Form einer Leistungsdiagnostik. Zweitens braucht es ein klares Ziel, das Navi genauso wie das Training. Denn nur dann lässt sich der Weg dorthin definieren. So wie das Navi deine Ankunftszeit voraussagt, erkennt ein Profi nach dem Leistungscheck auch gleich, ob deine Zielsetzung überhaupt realistisch ist. Und so wie das Navi deinen Wegverlauf auswirft, so ergibt sich aus Leistungsdiagnostik und dem Ziel ein klarer Trainingsplan.
Fehler 2: Sparen am falschen Platz
Du kannst dir einen solchen Trainingsplan auch aus dem Internet holen. Der muss nicht schlecht sein. Tatsache ist aber auch, dass viele im Hobbysport für Ausrüstung vergleichsweise viel ausgeben, aber sich nur wenige einen personalisierten Trainingsplan und einen Coach leisten. „Geht es um effizientes Nutzen der Zeit, würde ich aber empfehlen, das Thema Sport auszulagern“, sagt Robert Fritz: „Kümmere dich um deinen Job, deine Familie, dein Leben – dein Trainer kümmert sich um den Sport.“
Um noch beim Navi-Vergleich zu bleiben: „Passiert unterwegs etwas, tritt ein Stau auf, sagt das Navi: rechts abbiegen, runter von der Autobahn, das Stück auf der Landstraße fahren und dann wieder zurück auf den schnellsten Weg. Das macht ein Coach auch – wenn du zum Beispiel einmal Trainingseinheiten zeitlich nicht so schaffst, wie sie am Plan stehen, passt er deinen Weg an.“
Fehler 3: Leere Kilometer
Viele sind oft in den falschen Intensitätsbereichen unterwegs. „Ich hatte einen Radfahrer bei mir, der ganz schön viele Stunden in den Sport investiert hat. Seine Cholesterinwerte waren nicht schön, der Blutzucker nicht in Ordnung. Es hat sich herausgestellt: Er hat immer möglichst intensiv trainiert, weil er für sich gelernt hat: Wenn etwas nicht weh tut, ist es nichts wert“, erzählt Fritz.
Nachdem dies korrigiert war, hat der Hobbyathlet weniger Zeit investiert, lockerer und dafür abwechslungsreich trainiert. „Sein Cholesterin ist wunderschön geworden – und er hat sich leistungsmäßig entwickelt. Reize, die ich setze, müssen einen Sinn ergeben. Und da sind wir auch bei der Regeneration: Der Körper muss auch die Chance haben, die Reize zu verarbeiten – das geht nicht, wenn man immer drauf haut“, sagt Robert Fritz.
Fehler 4: Fehlende Abwechslung
„Viele sind in der Monotonie gefangen, machen immer dieselbe Trainingseinheit“, weiß Michael Koller. „Immer dasselbe Profil, dieselbe Methode, die bekannte Hausrunde.“ Die Empfehlung zum polarisierten Training kann nicht oft genug wiederholt werden: Grundlageneinheiten in wirklich niedriger Intensität durchführen, intensive Einheiten wirklich intensiv machen und den mittleren Wohlfühlbereich möglichst meiden. Variation lässt sich aber auf vielerlei Arten ins Training bringen. Alternative Trainingsmittel, als Läufer etwa das Fahrrad zu nutzen, ist ebenso sinnvoll wie „en vogue“, erklärt Koller. Je weiter ein Wettkampf noch entfernt ist, desto stärker kann und soll man mit alternativen Trainingsmitteln Abwechslung schaffen, damit neue Reize setzen, den Bewegungsapparat entlasten.
Fehler 5: Kein Krafttraining
Robert Fritz erinnert an den Wert von Krafttraining – vor allem auch für Ausdauersportler: „Nicht nur für die Verletztungsprophylaxe, auch für den Performancegewinn.“ Um Muskelökonomie zu verbessern brauche man Muskeln, sagt Fritz plakativ, „Kraftentwicklung kommt über Krafttraining.“ Was ist damit gemeint? Kein Kraftausdauertraining mit vielen Wiederholungen, „sondern mit wenigen Wiederholungen eine muskuläre Erschöpfung erzielen“, erklärt Michael Koller. In kurzen, 30-, 40-minütigen Einheiten ist damit viel zu erreichen!
Fehler 6: Der Glaube, „kurz bringt nichts“
Auch halbstündige Ausdauereinheiten (oder zweimal eine halbe Stunde am Tag – morgens, abends) sind sinnvoll. „Natürlich ist es eine Frage des Ziels: Möchte ich einen Marathon laufen oder Radmarathon fahren, dann werde ich mit Halb-Stunden-Einheiten nicht weiterkommen. Um Grundlagenausdauer zu schaffen, um gesund zu bleiben: Dafür sind regelmäßige Halbstunden-Einheiten unter der Woche, ergänzt mit längeren Einheiten am Wochenende, aber sehr gut“, sagt Fritz.
„Es ist in vielen Köpfen verankert, dass Training unter einer Stunde nichts bringt“, ergänzt Koller. Aber um zumindest die Form zu erhalten, bringt es schon etwas. „Oft geht es auch darum, mit dem Sport nur anzufangen – nach 20, 30 Minuten kommt man drauf, dass es gar nicht wirklich die fehlende Zeit war, die einen abgehalten hat, sondern der innere Schweinehund.“
Fehler 7: Fehlende Periodisierung
Drei intensive Wochen, eine Entlastungswoche – so hat man früher geplant. Heute wird das in der Trainingswissenschaft weniger strikt gesehen, wird auf individuelle Zeitressourcen viel mehr Rücksicht genommen. Du hast ein langes Wochenende mit vier Tagen Zeit? Dann hau ruhig drauf! „Aber es muss auch Zeit bleiben, die Reize zu verarbeiten“, erinnert Fritz.
Was es aber schon braucht, ist ein langfristig geplantes Gerüst übers Monat (Mesozyklus) und übers Jahr (Makrozyklus). Wettkampfteilnahmen soll man mindestens drei, vier Monate, besser ein Jahr im Voraus planen. Spontane Wettkämpfeinsätze sollen die Ausnahme sein. „Keinen Hauptwettkampf zu definieren, um sich gezielt darauf vorzubereiten, heißt, irrsinnig viel Trainingsqualität liegenlassen“, sagt Michael Koller.
Fehler 8: Fehlende Flexibilität
Genauso, wie keinen Plan zu haben, ist ein zu starres Festhalten am Plan ebenfalls nicht optimal: „Hört auch auf die Signale eures Körpers, verschiebt ein hartes Training, wenn ihr nicht ganz fit seid oder eine harte Nacht gehabt hat. Oder macht stattdessen eine niedrigintensive Einheit“ , empfiehlt Koller.
„Wir sind alle keine Profis und sollten auf unser Leben Rücksicht nehmen: Kinder, die uns nicht schlafen lassen, oder wenn im Job Mehrarbeit ansteht: Ein Trainingsplan soll nie ein zusätzlicher Stressfaktor sein“, appelliert Robert Fritz an Freizeitsportler, die Prioritäten richtig zu setzen. Ein Plan ist wichtig, aber er soll mit Augenmaß verfolgt werden: Dann lassen sich Reize auch verarbeiten und dann macht der Sport auch langfristig Spaß. Und die Freude am Sport ist in jedem Fall ein wichtiger Langzeitmotivator und Erfolgsfaktor.