Alles Jacke wie Hose? Von wegen! Skitouring stellt besondere Anforderungen an die Bekleidung. Wissenswertes über Schichten – speziell die außen liegende.
Aufbruch im Morgengrauen – und am Parkplatz folgt die erste Überwindungsprobe: Die rauen Außentemperaturen bilden einen doch harten Kontrast zur Anreise mit Sitzheizung und Co. Sind die Felle aufgezogen und geht es bergauf, läuft dann bald die körpereigene Heizung auf Hochtouren. Wechselhafte Bedingungen herrschen zwar auch bei anderen Outdoor-Sportarten vor, doch speziell bei Skitouren wird der besondere Anspruch an Sportler und Material spürbar. Die Tour muss auch gar nicht vom frühen Morgen bis in die Abendstunden dauern, damit die objektiven wie die gefühlten Temperaturunterschiede zwischen sonnigen Hängen und schattigem Gelände, zwischen schweißtreibendem Aufstieg, windiger Gipfelpause und Abfahrt gravierend ausfallen können.
Die Hersteller von Skitouren-Bekleidung – wie das österreichische Unternehmen Löffler mit Sitz in Ried im Innkreis – versuchen daher möglichst flexible Lösungen anzubieten, so Produktmanagerin Birgit Baier: „Skitouring lebt vom Zwiebelprinzip. Das Skitouren-Outfit sollte demnach in drei Schichten aufgebaut werden: Baselayer, mittlere und äußerste Schicht.“ Dieses Ensemble will gut durchdacht sein. Den Aufgaben der äußersten Schicht aus Jacken und Hosen kommt dabei besondere Aufmerksamkeit zu. „Sowohl Jacke als auch Hose sollten bei entsprechender Wärmeisolierung sowie Wind- und Nässeschutz weiterhin über ein gute bis sehr gute Atmungsaktivität verfügen“, rät Axel Bauer, BrandCommunication-Manager des italienischen Herstellers Karpos.
In den Morgenstunden will der Körper warmgehalten werden. Ist die Muskulatur nach den ersten Höhenmetern warmgelaufen, gilt es die überschüssige Wärme und Feuchtigkeit effizient abzutransportieren. Hier sind das richtige Material und durchdachte technische Features ausschlaggebend, erklärt Bauer: „Hier haben zum Beispiel Polartec oder Gore-Tex sehr gute Materialien und Technologien entwickelt. Zudem sind größere Reißverschluss-Brusttaschen empfehlenswert, die geöffnet beim Aufstieg für eine bessere Atmungsaktivität sorgen.“
Die Atmungsaktivität ist besonders wichtig, „damit Schweiß und Wasserdampf von den inneren Bekleidungsschichten nach außen abgeleitet werden können“, sagt Birgit Baier. Und wie Karpos setzt auch Löffler auf Extras zur Belüftung wie Reißverschlüsse seitlich am Bein, die vor allem bei wind- und wasserabweisenden Materialien wichtig sind.
Hitze von innen – Kälte von außen
Der Baselayer transportiert Nässe von der Haut ab, um das Auskühlen der Muskulatur zu verhindern. Doch während das Material der unterschiedlichen Layer gewisse Schwankungen ausgleichen kann, wird die Wirksamkeit des Zwiebelprinzips spätestens bei windigen Verhältnissen sichtbar. Die Schichten müssen so gewählt werden, dass die Körperwärme nicht gestaut und die Haut gleichzeitig vor der kalten Luft geschützt wird. Denn selbst bei Sonnenschein lässt schon ein laues Lüftchen den Körper schneller auskühlen. Innovative Materialien können hier laut Axel Bauer ihre Vorteile ausspielen: „Hier haben mittlerweile nicht nur arrivierte Marken wie eben Gore-Tex oder Polartec einige sehr gute Materialien, Membrane und Technologien entwickelt – auch kleinere Produzenten konnten in den letzten Jahren noch mal ordentlich nachlegen.“
Hardshell oder Softshell?
Ob bei der Außenschicht die Wahl auf Hard- oder Softshell-Material fällt, hängt aber nicht nur von den äußeren Bedingungen ab, sagt Birgit Baier. „Bei Niederschlag oder bei abfahrtsorientierten Touren raten wir zu Hardshell – etwa Gore-Tex Active oder WPM Pocket. Winddichtes Softshell-Material ist die Alternative, wenn wenig oder kein Niederschlag zu erwarten ist, aber auch für kalte Tage.“
An den Beinen ist es wichtig, dass sowohl beim Aufstieg als auch in der Abfahrt die Bewegungsfreiheit gegeben ist. Zudem muss natürlich auch hier der Temperaturhaushalt reguliert werden. Doch Skitourenhosen sind im Vergleich zu klassischen Skihosen nicht gefüttert. Birgit Baier rät darum zu zusätzlicher Überhose, Isolationshose oder -rock: „Diese schützen und wärmen die Körpermitte und lassen sich gut komprimieren und damit einfach im Rucksack verstauen.“
Neben Funktionen wie Kantenschutz, Beinweitenregulierung und Zip-Taschen (ausreichend groß, um etwa ein LVS-Gerät aufzunehmen) müssen Skitourenhosen auch hinsichtlich Robustheit speziellen Ansprüchen gerecht werden. Den größten Unterschied bilden auch hier Hard- und Softshell-Materialien: Hardshellhosen sind für Hochtouren und generell schlechte Witterungsverhältnisse vorzuziehen. „Softshellhosen hingegen sind in den seltensten Fällen komplett wasserdicht, aber winddicht und haben ihre Stärken bei Atmungsaktivität und Wärmeisolierung“, weiß Axel Bauer. Es gilt also vor allem, die vorhergesagten Bedingungen zu beachten und sich darauf einzustellen.
Ein Ersatz-Baselayer, eine Windstopper-Schicht und eine Schicht für Niederschlag sollten immer mit auf Tour. Auch Logistik und Gewicht spielen also eine Rolle. Aber die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch hier nicht.
Nachhaltig unterwegs
Diese einzelnen Layer müssen also alle eingepackt werden. Zuallererst müssen sie aber produziert werden: Hier setzen sowohl Löffler als auch Karpos auf nachhaltige Produktionsprozesse. „Karpos möchte dabei das Prinzip der Rückgewinnung und Schonung unserer Ressourcen weiter vorantreiben. Aus diesem Grund planen wir eine eigene Kollektion, die noch stärker mit dem Prinzip des Upcyclings verbunden ist. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir alle unseren Teil dazu beitragen müssen, unseren Fußabdruck auf dem Planeten zu verringern.“ Bei Löffler setzt man auf Klimaneutralität und Regionalität: „Klimaschutz ist für Löffler ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie. Seit August 2020 produziert das Unternehmen Funktionsbekleidung klimaneutral. Beispielsweise werden in der Strickerei am Firmensitz in Ried im Innkreis 70 % aller Stoffe produziert. Unter anderem wird die gesamte transtex-Unterwäsche exklusiv in Ried gestrickt.“