24.000 Höhenmeter in 24 Stunden: Jakob Herrmann, ­Skibergsteiger aus Werfenweng in Salzburg, hat große Pläne. Neben dem Weltrekord will der Dynafit- und ­Hervis-Athlet die Pyrenäen längs durchqueren.

Christof Domenig
Christof Domenig


Eine Skitour mit 1000 Höhenmetern? Ist für den Freizeitskitourengeher ordentlich. Jede Stunde 1000 Höhenmeter auf Tourenskiern, 24 Stunden am Stück? Damit will Jakob Herrmann in diesem Winter einen Rekord aufstellen. Die Benchmark stammt von Kilian Jornet, dem katalanischen Ausdauerwunder: 23.486 Höhenmeter in 24 Stunden schaffte dieser 2019 im norwegischen Skigebiet Tusten-­Molde und kratzte damit an der 24.000er-Marke, die der Salzburger nun übertreffen will. Im Jänner 2024 soll in der Nähe seiner Heimat Werfenweng der spektakuläre Rekordversuch über die Bühne gehen.

„Das ist eine Idee, die ich schon länger mit mir herumtrage“, erzählt der 36-Jährige, der mit Superstar Jornet auch befreundet ist. Entsprechend hat er sich einige Informationen und Anregungen vom Rekordhalter geholt, „aber es heißt nicht, dass es für mich genau so am besten funktioniert, wie er es gemacht hat“, sagt Herrmann.

Von der idealen Streckenbeschaffenheit bis hin zur Art der Verpflegung stecken jede Menge akribische Überlegungen in dem Projekt. Vom Jornet-Rekord etwa ist überliefert, dass dieser im Schnitt 5 Sekunden fürs Abziehen des Fells und 30 Sekunden fürs Auffellen gebraucht hat. Daraus ergeben sich etwa Fragen, wie lang der Anstieg idealerweise sein sollte, denn schließlich erlauben einerseits die Abfahrten kurze Erholungsphasen; andererseits: Je kürzer der Anstieg, desto mehr Wechsel stehen an.
„Ideal sind 650, 700 bis maximal 800 Höhenmeter im Anstieg“, erläutert Herrmann. „Wenn du einen längeren Anstieg hast, bist du zu lang in der Belastungsphase drin. Und du kannst dich damit auch besser verpflegen: Je länger der Anstieg wird, desto mehr Getränke musst du jeweils mitnehmen.“

Auch zur Frage der Steilheit gibt es klare Vorstellungen. „Es ist zwar nicht schlecht, wenn ein bisschen Abwechslung drin ist, aber zu viele Rhythmusänderungen sollten es doch nicht sein. Und zu steile Passagen sind auch nicht gut, weil es dann schneller eisig oder rutschig wird. Man sollte möglichst entspannt gehen können, ohne zu viel Armeinsatz.“ 

Die Topografie ist übrigens der Grund, warum sein Heimatskigebiet Werfenweng für den Rekordversuch wohl nicht in Frage kommt. Zwei Pisten in Skigebieten in seiner Nähe (Radstadt, Flachau) sind im Visier, wobei die Anfragen an die dortigen Bergbahnen noch ausstehen. Rund um den Weltrekordversuch soll jedenfalls auch ein Tourenski-Testival stattfinden.
 

Ende Jänner soll es also so weit sein, Jakob Herrmann hofft dann auf kalte Temperaturen. Auch für die ideale Startzeit so eines 24-Stunden-Projekts gibt es unterschiedliche Argumente, er wird voraussichtlich um die Mittagszeit starten. „Kurz vor Halbzeit, so nach zehn Stunden“ erwartet er, dass die härteste Zeit des 24-stündigen permanenten Auf-und-Abs beginnt, ebenso, dass es fünf, sechs Stunden später, also nach 15, 16 Stunden wieder besser wird. Zur mentalen Unterstützung ist geplant, dass ihn Freunde von Zeit zu Zeit begleiten.

850 km längs durch die Pyrenäen
Mit Extremdistanzen hat der Werfenwenger generell kein Problem. Jahrelang einer von Österreichs Besten im Skibergsteiger-Weltcup, hat er mit Start der Saison 2022/23, also vor einem Jahr, dem Weltcup den Rücken gekehrt, um sportlich seinen eigenen Weg zu gehen, sich vor allem auf längere Distanzen zu verlegen. Wie schon oft zuvor, hat Herrmann in seinem ersten Nach-Weltcup-Jahr unter anderem die Mountain Attack in Saalbach gewonnen, zwei Staatsmeistertitel eingeheimst oder mit dem Schweizer Martin Anthamatten im Team mehrere der prestigeträchtigen „Grandes Courses“-, also Langdistanzrennen im Spätwinter betritten. Dabei haben die beiden Platzierungen zwischen drei und fünf erreicht. In der Sommersaison ist Herrmann in die Trailrunningszene noch tiefer eingetaucht als zuvor und hat sich auch da zunehmend den Ultradistanzen zugewandt.
 

Wir waren mehrere Tage jeweils zwölf Stunden unterwegs, haben keinen Menschen und keine Spur gesehen.

Spektakulär klingt auch das zweite Highlight, das im kommenden Winter auf seinem Programm steht. Gemeinsam mit Philipp Reiter aus Bayern plant er, die Pyrenäen vom Mittelmeer startend bis zum Atlantik längs zu durchqueren. 850 Kilometer und 60.000 bis 70.000 Höhenmeter werden dabei zusammenkommen, haben die beiden errechnet. Rund neun Tage wollen sie dafür brauchen. Damit sich das ausgehen kann, wollen sie täglich bei Dunkelheit mit Stirnlampe starten und bis zum Abend unterwegs sein. Übernachtet wird im Wohnmobil, das vom Betreuerteam dorthin bewegt wird, wo die beiden täglich runterkommen.

Im letzten Winter haben Herrmann und Reiter schon ein paar Etappen probiert – leider war die Schneelage damals zu gering. „Aber es war beeindruckend. Wir waren mehrere Tage lang jeweils zwölf Stunden unterwegs, haben dabei keinen Menschen und keine Spur gesehen. Die pure Wildnis, nicht zu vergleichen mit dem, wie wir es von uns kennen.“ „Pures Abenteuer“ ist daher auch die Erwartung an das Projekt, das so noch nie zuvor versucht wurde. Ein­ Filmteam wird sie begleiten, um die ­Unternehmung würdig festzuhalten. 

Jakob Herrmann
Jakob Herrmann

Am 24. Juli 1987 in Wien geboren, aufgewachsen in Werfenweng (S), wo er auch heute lebt. Der ausgebildete Pädagoge war bis 2021/22 im Skibergsteiger-Weltcup aktiv. Seit 2022/23 u. a. von Dynafit und Hervis unterstützter Profi-­Sportler im Skibergsteigen und Trailrunning. Zahlreiche Erfolge, im Skibergsteigen letzte Saison z. B.: ­1. Platz Mountain Attack Saalbach, 3. Platz Sellaronda Skimarathon mit ­Martin Anthamatten (CH, im Bild hinter Herrmann).

Instagram: @jakobherrmann