Ein Mountainbike paart sich mit einem Skibob. Heraus kommt das Beste aus beiden Welten und eine Koalition mit Hang zum Linksextrem und Rechtsextrem. „Sno-go“ heißt das Ding. Doch manchmal ist Vorsicht geboten, sagt der Hinterkopf nach dem großen Knall.
Bitte nicht lachen. „Fufu Zauberlift“ steht auf dem Schild mit dem kleinen feuerspeienden Drachen. Bei diesem Zauberteppich üben die Kleinsten der Kleinen das Skifahren. Jetzt steht ein ausgewachsener Lackl inmitten von Dreijährigen und versucht, sich nicht zum Narren zu machen. Kinder schauen ungläubig, Papas entfährt ein „cool“ oder ein „häh?“. Die ersten Meter am Sno-Go im superflachen Gelände gelingen erstaunlich leicht, es rutscht, das bringt uns trotzdem nicht weiter. Also zum Lift, zum echten. Nix für ungut, Fufu. „Was ist denn das? Da kannst ja gar net sitzen!“, staunt der Liftwart ob der fehlenden Sitzbank (wie beim entfernt verwandten Skibob) und reicht mir den Bügel für den Schlepplift. Damit ist die Frage, ob ich mit dem komischen Ding überhaupt transportiert werde, abgehakt. „Ich kann nicht garantieren, dass es mich nicht gleich raushaut“, rufe ich nach hinten und los geht die Fahrt.
„Das ultimative Snowbike! Das Sno-Go verbindet Skifahren mit Downhill-Mountainbiken“, steht im Pressetext. Das gefällt mir und erinnert mich irgendwie an den Slogan vom Besten aus beiden Welten unserer türkis-grünen Regierung. Und weiter heißt es: „Jeder, der schon einmal Mountainbike gefahren ist, wird sich in wenigen Minuten mit dem Sno-Go auf die Piste wagen.“ Das gefällt mir auch. Die wenigen Minuten absolviere ich am Lift. Oben starte ich in die Piste, die eine sehr, sehr blaue Anfängerpiste ist. Der beste Tipp kam von einem Youtuber, der empfahl, das massiv und hochwertig verarbeitete Sno-Go wie ein Mountainbike über den Lenker und mit viel Druck auf den kurveninneren Griff zu lenken. Tatsächlich, der Rahmen kippt über die Parallelachsen willig ein und die beiden Kurzski hinten, auf denen ich mit Winterschuhen stehe, gehen wie Carvingski auf die Kante. Ich ziehe los. Links kippen, rechts kippen, links, rechts, links, rechts, lässig. Das Spiel mit der Schieflage macht echt Spaß und gerade als die Fahrt auf der hart präparierten Piste nicht unrasant wird, erinnere ich mich, wie mich die bessere Hälfte zu Hause beim Zusammenbauen des Sno-Gos beobacht hatte. „Und wie bremst man da ……?“, hat sie sorgenvoll beim Blick auf nichtvorhandene Bremsen gefragt. Im Bastelkeller habe ich ihren Einwand milde weggelächelt. Bremsen, pffffff. Aber jetzt in voller Fahrt kommt mir das wieder in den Sinn.
Bremstechnik entspricht der des Skifahrens“, heißt es im Beipacktext. Und das heißt??? Abbremsen durch Querstellen der Ski? Ich nehme den Fuß vom linken hinteren Ski und gehe in den Volldrift wie Walter Röhrl und Stig Blomqvist. Auch Franz Wittmann und Mundl Baumschlager wären jetzt stolz auf mich. Ich lenke rechts dagegen, das Gefährt bricht links aus. Bremswirkung auf harter Piste fast null. Nach 10, 15 Metern Driftphase beginne ich, die Gegend um mich zu scannen. Wo könnte ich reindonnern? Wie weiche ich dem Kinderskikurs aus? Nach 20, 25 Metern Drift steht die Fuhre. Endlich. Mein Herz rast. Also Fahren ist von der Grundtechnik her relativ easy, aber das Bremsen definitiv nicht. Vom Schlepplift schauen ein paar erschrocken herüber. Der alte Depp und sein Spielzeug, denken sie sicher.
Aber das Fahren macht großen Spaß. Der Druck auf die Ski hinten ist groß, das Carven gelingt deshalb einfach, auch wenn die Lenkwirkung des Führungsskis (in der MTB-Federgabel) nicht berauschend ist. Der Oberkörper ist Mountainbiker, die Beine fahren Ski, so funktioniert das. Nur der Moment zwischen den Carvingphasen macht mich nervös. Liegen die Ski flach auf, rutscht das 16-kg-Gerät mehr oder weniger ohne Kontrolle seitwärts. Beim Zweitversuch ist dieselbe Piste übrigens weich und mit etwas Neuschnee entschärft, da ist auch das Bremsen weniger ein Problem.
Eine Erinnerung bleibt mir noch an die harte Piste. Bei einem Bremsdrift mit verhältnismäßig geringem Tempo, irgendwo in der Nähe von Fufu, verdreht es das Snowbike, ein Ski fängt sich im Schnee und das Ding steht plötzlich stur wie ein Bock. Da ist der Reiter längst abgehoben und mit dem Hinterkopf auf die Piste geknallt, dass es nur so scheppert. Dabei ist sogar die Sicherungsleine ausgerissen. Hoppla, schaut kinderleicht aus, im Detail sind ein paar Tücken. Helm ist also Pflicht. Dass die Grundidee stimmt, zeigen meine motorisch überaus begabten Neffen. Die beiden Volksschüler stellen sich beim ersten Mal rauf und kurven los, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Kindertauglich ist es also, Vorsicht aber geboten. Also eh wie beim Mountainbiken und dem Besten aus
beiden Welten.
Das ultimative Snow-Bike?
UVP 1699 Euro
Gewicht: 16 kg
Das Sno-Go wurde von einem Start-up in Sandy im US-Bundesstaat Utah entwickelt. Ausgezeichnet mit dem ISPO Brandnew Award 2019 gibt es das Sno-Go seit dem Vorjahr auch in Europa. In den USA hat die Vereinigung der Skilehrer (PSIA – Professional Ski Instructors of America) das Sno-Go sogar in den offiziellen Ausbildungs- und Lehrplan aufgenommen.
Details
Massiver, pulverbeschichteter Alu-Rahmen, Sicherheitsleine für den Fall eines Sturzes. Die drei Kurz-Ski haben einen Vollholzkern, Spitzenschutz und Vollstahlkanten. Ein spezieller Bügel in genormter Höhe ermöglicht den Transport am Sessellift, Schleppliftfahren funktioniert ähnlich wie beim Snowboarden. Mit drei Schnellverschlüssen lässt sich das Snowbike demontieren und passt dann in jeden Kofferraum.
Technik
Die patentierte S.L.A.T.-Technologie (Synchronized Lateral Articulating Technology) sorgt dafür, dass die beiden hinteren Ski stets in einer parallelen Position gehalten werden. Die hinteren Gelenke sind mit Nachlaufwinkel montiert, um auch bei höheren Geschwindigkeiten sicher fahren zu können. Als Vordergabel ist eine RockShox Judy mit 120 mm Federweg montiert. Eine zusätzliche Feder zwischen Vorderski und Federgabel filtert kleinere Schläge und Stöße ab.
Einsatzgebiet
Pisten, Tiefschnee, Forststraßen, Wege.
Info: www.snogo-europe.com