Stil kann man bekanntlich nicht kaufen – aber immerhin trainieren. Zumindest beim Laufen. Und damit die Ökonomie verbessern, damit man mit weniger Aufwand länger, schneller und verletzungsfreier unterwegs ist.
Federleicht und superschnell. So sehen wir Läufer bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. Wer möchte nicht kraftsparend und trotzdem schnell laufen und vielleicht seine eigene Bestzeit auf einer bestimmten Strecke unterbieten oder vielleicht auch einfach nur die Hausrunde weniger angestrengt absolvieren?
Das Zauberwort dafür heißt Ökonomie. Drei Schrauben sind es, an denen wir da drehen können um eine bestimmte Strecke in einer bestimmten Zeit bestmöglich absolvieren zu können: Stoffwechsel, Muskulatur, Bewegung.
Den Stoffwechsel optimiert man am besten im Bereich der Grundlagenausdauer. Sprich mit niedriger Herzfrequenz, dafür länger laufen um den Körper daran zu gewöhnen, dass er sich Energie aus dem Fettstoffwechsel holt und nicht bloß aus den Kohlenhydraten. Deren Speicherkapazität ist bekanntlich begrenzt. Das mag auf der kleinen Runde oder auf kürzerer Wettkampfdistanz nebensächlich sein, für längere Läufe und Bewerbe ab der Halbmarathondistanz ist es unerlässlich. Den Pulsbereich dafür lässt man am besten im Rahmen einer Leistungsdiagnostik bestimmen. „Es ist wichtig, dass man dabei unter der aeroben Schwelle bleibt. Studien mit Radfahrern haben gezeigt, dass sie knapp unter der Schwelle das Tempo fast doppelt so lange halten können wie knapp darüber“, sagt Sportwissenschafter und Konditionstrainer Stefan Arvay. Er rät dabei auch keine Scheu vor dem Gehen zu haben. „Norwegische Profi-Langläufer halten sich etwa sklavisch daran und wenn bergauf der Puls zu hoch steigt, schnallen sie die Ski ab und gehen.“
Kommen wir also zur Muskulatur. „Damit sich der Muskel an das Renntempo gewöhnt und es nicht zu Krämpfen kommt, muss man immer wieder in dem Tempo laufen“, sagt Arvay. „Damit wird man nicht schneller, aber man lernt seine aerobe Kapazität besser auszuschöpfen. Also, dass der Muskel das Tempo möglichst lange durchhält. Tempohärte nennt das dann der Volksmund. „Im Training sollte man mit der Intensität variieren und beispielsweise 3 mal 1000 Meter schneller laufen als normal.“
Ein großer Punkt ist aber auch der Laufstil und damit die Bewegung an sich. Den verbessert man zum Beispiel mit dem Lauf-ABC. „Das macht nur kaum jemand“, sagt Bernd Marl, der ebenfalls Sportwissenschafter ist und Laufstilanalysen durchführt. „Dabei verbessert sich die Koordination und das intermuskuläre Zusammenspiel, also dass mehrere Muskeln mitarbeiten“, sagt Arvay. Zudem werden durch das intensive Training mehr Muskelfasern aktiv. Er empfiehlt neben Rumpfstabilität auch Krafttraining für Läufer. „Das können schon 10 saubere Kniebeugen sein, bei denen die letzte fordernd ist“, erklärt er. Ein paar Übungen, regelmäßig ins Training integriert, würden da schon helfen.
Die größten „Fehler“ bei Läufern, vor allem Einsteigern, sind immer noch zu lange Schritte und eine Landung auf der Ferse. Womit wir mittendrin sind in Punkte drei, dem Laufstil und der Bewegung an sich. „Viele Läufer heben die Ferse zu wenig und haben auch einen zu geringen Kniehub“, berichtet Bernd Marl aus der Praxis. Das Ergebnis ist der Schlurfschritt.
Viele Läufer heben die Ferse zu wenig und haben auch einen zu geringen Kniehub.
Er schaut sich vor allem einmal an, wo der Läufer auftritt, und weniger wie. Oft ist das mit gestrecktem Bein und – weil der Schritt zu groß ist – vor dem Körper. „Das kostet Kraft und belastet zudem die Gelenke, weil die Aufprallstöße ungefedert durch den Körper wirken.“ Um Knie- und Fersenhub zu verbessern hat er einfache Tricks. „Stell dir vor, du müsstest beim Schritt über etwas drübersteigen, zum Beispiel eine Faszienrolle. Automatisch hebst du da das Knie höher.“ Optimal wäre, wenn der Oberschenkel beim Kniehub parallel zum Unterarm ist. Ähnliches bei der Ferse. „Stell dir vor, du müsstest wie ein Fußballer einen Ball schießen.“ Damit bringt man den Unterschenkel schon einmal parallel zum Boden. Grundsätzlich gilt: Je höher das Tempo, desto höher geht auch die Ferse.
Eine ebenfalls gute Möglichkeit den Stil zu verbessern sind schnelle Läufe. „Damit läuft man tendenziell viel leichter sauber, einfach, weil das im Schlurfschritt kaum mehr möglich ist“, sagt Marl. „Es ist leichter schnell sauber zu laufen als langsam.“
Völlig vergessen wird seiner Meinung nach auf das Armpendel. „Dabei beeinflusst das über die Kreuzkoordination die Schrittfrequenz. Kurzer Schwung, kurzer Schritt. Und damit bringt man den Fuß bei der Landung gleich näher zum Körperschwerpunkt, was wiederum den ‚Stechschritt‘ nach vorne verhindert.“ Um die Arme in den richtigen Winkel zu bringen, verwendet Bernd Marl einen einfachen Trick: „Einen Kuli in die Armebeuge einklemmen und schauen, dass man ihn nicht verliert.“
Viele Läufer tendieren gerade am Anfang dazu, die Finger zur Faust zu ballen. Das kann Verspannungen auslösen über den Nacken, den Rücken hinunter bis in die Oberschenkel. Dem kann man jetzt auch mit einem neuartigen Gadget namens „Laufmaus“ entgegenwirken. Das ist ein ergonomisch geformtes und sehr leichtes Griffelement, das die Stellung der Arme optimieren soll. Man packt nicht so fest zu, Elle und Speiche sind durch die Haltung in paralleler Stellung, der Armschwung geht leichter. Sogar die Extremitäten sollen dadurch besser durchblutet werden. Ein erster Test dieser Griffschalen in der Redaktion ist auf viel Gegenliebe gestoßen. Lob kommt auch aus berufenem Munde, von Prof. Dr. med. Stefan Sesselmann, Facharzt für Orthopädie an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. „Ich würde die Laufmaus grundsätzlich jedem Anfänger empfehlen. Gerade weil man nicht unbedingt einen Personal Trainer zur Hand hat, der die Haltung korrigiert.“
Neben der richtigen Haltung machen aber auch viele Läufer den Schwung zu kurz, meint Bernd Marl. „Der Armschwung endet meist auf Rumpfhöhe, dadurch vergibt man sich aber viel Vortrieb.“ Sein Tipp: „Stell dir vor, dass du mit dem Ellbogen eine Wand, die vor dir steht, berühren willst. Der Schwung geht damit deutlich weiter und du schaffst es leichter ein schnelleres Tempo zu laufen.“
Das klingt ein wenig nach Raketenwissenschaft. Ist es aber nicht. Allein, man muss der Umstellung Zeit geben. „Die Muskulatur braucht 6 bis 8 Wochen, bis man sich an den neuen Stil gewöhnt hat“, sagt Marl. Bis sich die Umstellung komplett manifestiert hat, braucht es mehrere Hundert, wenn nicht Tausend Kilometer. „Hilfreich ist da zum Beispiel ein Laufband“, erklärt Stefan Arvay. „Der Boden zieht unter dem Fuß durch und zwingt dich geradezu dazu, dass der Fuß unter dem Körperschwerpunkt landet. Gerade im Winter sind also 15, 20 Minuten auf dem Laufband förderlich um die Ökonomie zu verbessern.“ Wer noch das Glück hat, dass in seinem Fitness-Studio ein Spiegel neben dem Band steht, profitiert noch mehr. „Damit kannst du selbst sehen, wie dein Stil aussieht“, sagt Bernd Marl. „Ob Arm-Winkel und -Schwung passen, wie der Auftritt ist und wie der Kniehub.“