Um Erfahrung zu sammeln, müssen Einsteiger raus und Fehler machen. Wichtig: Daraus lernen. SPORTaktiv hat auf Tour geschnuppert, ein paar Pannen erlebt und begibt sich nun mit Magdalena Habernig auf die Analyse von klassischen Anfängerfehlern. Unser Q & A mit der Osttiroler Bergführerin 
zum Winterstart. 

Christoph Heigl
Christoph Heigl

Fehler 1: Stöcke, Felle, Getränk – irgendetwas Wichtiges blieb immer zu Hause sitzen.

Wie kann man verhindern, dass man etwas vergisst? Eignet sich eine Packliste?
Magdalena Habernig: Profis haben sie im Kopf, aber bei Anfängern schadet ein Zettel mit einer Packliste sicher nicht. Und bei der Abreise zu Hause kann man sich noch systematisch von oben bis unten und von Kopf bis Fuß durchfragen. Von Helm, Haube, Brille et ceterea bis hinunter zu Ski und Fell. Aber keine Sorge, es gibt nichts, was ich nicht auch schon einmal vergessen hätte.

Fehler 2: Wir sind das Handling der klebrigen Felle nicht gewohnt.

Die Felle schon zu Hause am Vorabend zu montieren und so im Auto zu transportieren, ist eine gute oder schlechte Idee?
Eine gute Idee. Erstens sollte man die Felle sowieso immer auf warme Ski kleben, die 15 Grad im Keller sind also besser als die Minusgrade am Parkplatz. Zweitens hat man dann schon in der Früh oder am Vorabend alles bereit, kann beruhigter starten und auch beim Tourstart geht alles schneller. Bei Gruppen lege ich Wert darauf, dass in der Früh schon alle aufgefellt haben und so keine lästige Wartezeit entsteht. 

Fehler 3: Mit Fellen bergab fahren ist keine gute Idee.

Aber für Zwischenpassagen von nur 50 Metern abfellen? Wie geht man da vor? Wie weit sollte man mit Fellen fahren?
Keine Sorge, Felle müssen viel aushalten. Ob man für Zwischenpassagen auf- oder abfellt, kann man situativ entscheiden. Ist es eisig und ruppig? Lohnt es sich für den Fahrspaß auf 100 Höhenmetern? Schiebe ich den kleinen Gegenanstieg durch? Man kann mit Fellen durchaus kurz bergab fahren, muss aber sehr achtsam sein. Wichtig ist dabei, die Schuhe auf Ski-Modus zu stellen, sonst wird’s schnell gefährlich.  

Fehler 4: Das Zusammenfalten der Felle am Gipfel verwirrt uns.

Soll man sie mit der Zwischenfolie zusammenlegen und in den Sack geben oder ohne Folie aneinander­kleben? 
Auch wenn es etwas Futzelarbeit und am windigen Gipfel nicht einfach ist, ich lege Felle, vor allem neue, immer mit der Zwischenfolie zusammen. Ausnahme: Wenn es extrem stürmt, dann hole ich das zu Hause sorgfältig nach.

Fehler 5: Wir haben das Wetter unterschätzt.

Noch in Pistennähe kommen wir in Schneefall, Windböen und schlechte Sicht. Darf das Wetter bei vorsichtigen Anfängern und Einsteigern überhaupt ein Kriterium sein? Muss es nicht immer absolut safe sein?
Skifahrer wissen, dass schlechte Sicht sogar auf breiten Pisten zum Orientierungsproblem werden kann. Und im Gelände muss man erst recht immer wissen: Wo bin ich? Wo sind markante Punkte? Auch an Rettungssituationen ist zu denken. Aber natürlich müssen auch Fortgeschrittene Schlechtwetter absolut ernst nehmen. Anfängern würde ich raten, nur eine sichere Waldskitour zu machen oder die Tour ganz abzubrechen und stattdessen im sicheren Umfeld, z.B. einer Hütte, oder noch beim Parkplatz eine LVS-Übung (Anm. Lawinenverschütteten-Suchgerät) zu machen. Übung schadet nie!

Fehler 6: Bei ersten Pistentouren hatten wir kein LVS dabei.

Ein großer Fehler? Oder am Anfang noch tolerierbar?
Bei reinen Pistentouren im gesicherten Skiraum ist es für Anfänger nicht notwendig. Aber sobald man die Piste, also das von einer Lawinenkommission überwachte Gelände verlässt und abseits unterwegs ist, muss man LVS und Sicherheitsausrüstung mithaben. In Südtirol gibt es Überlegungen, LVS verpflichtend vorzuschreiben, sobald man mit Tourenbindung unterwegs ist. Und ABS- und Airbagrucksäcke braucht es erst, wenn man mit hoher Risikobereitschaft im freien Gelände unterwegs ist. Für Anfänger in der Regel kein Thema.

Skitouren: 12 Anfängerfehler im 1. Winter

Fehler 7: Unser Skihelm pendelt wie wild am Rucksack und wird innen voller Schnee.

Im Rucksack hat er aber keinen Platz. Was tun?    
Der Helm darf natürlich nicht irgendwo baumeln. Am besten einen Rucksack organisieren, der außen ein Helmnetz hat, vielleicht sogar mit Überzug, damit er nicht nass wird. Zusätzlich mit Riemen oder Gurten fixieren. Ich habe am Berg schon viele Helme über den Hang verschwinden sehen ...

Fehler 8: Wir sind das Handling mit der (vereisten) Pin-Bindung, den Zapfen und der Aufstiegshilfen nicht gewohnt.

Wie und wo kann man das vor der ersten Tour üben?
Natürlich muss man sich mit den Grundfunktionen der Ausrüstung vor der Tour vertraut machen. Dann würde ich aber „Learning by Doing“ raten. Bei Übungskursen der alpinen Vereine oder eben auf der ersten Einstiegstour.

Fehler 9: Achtung, Eis! Bei der ersten Eisstelle bergauf im Wald rutschen wir wie Pinguine herum.

Ab wann braucht es Harscheisen für mehr Halt?
Lieber früher als später. Speziell in einem eisigen Wald würde ich nicht zögern. Man muss auch an jene denken, die hinter einem gehen. Außerdem sparen Harsch­eisen unendlich viel Kraft.

Fehler 10: Die Spitzkehren-Technik sitzt noch nicht.

Muss man sie als Anfänger auch schon beherrschen?
Selbe Antwort, lieber früher als später. Die Technik ist wirklich nicht schwer zu erlernen, sie gibt Sicherheit und verhindert Panik, wenn unvorhergesehen die Spur wegen eines Hindernisses verlassen wird. Anfänger üben mit kürzeren Ski und im weniger steilen Gelände von 20 bis 25 Grad. Das ist auch eine gute Technik-Übung, um eine Wartezeit zu überbrücken oder wenn das Schlechtwetter keine Tour erlaubt.

Fehler 11: Wir setzen die Steighilfen der Bindung zu früh ein.

Ab wann ist es steil genug? Wirklich erst bei 20 Grad?
Im Flachen auf keinen Fall mit Steighilfen gehen, da steigt die Blasengefahr. Im Steilen würde ich ab 15 oder 20 Grad die Hilfen einsetzen. Achtung: Vor Spitzkehren die Hilfen wegklappen, weil man sonst nicht genug Druck auf die Ski bringt.

Fehler 12: Wir haben die Hände bei den Skistöcken ständig in den Schlaufen.

Aber warum ist das so gefährlich?
Beim Aufstieg sollte man es nicht machen, weil man erstens eine Verletzung wie den klassischen „Skidaumen“ riskiert, wenn man wegrutscht und zweitens nicht so leicht bei den Griffhöhen variieren kann. Noch schlimmer beim Bergabfahren: Im Fall einer Lawine braucht man schnell freie Arme, um sich mit Schwimmbewegungen an der Oberfläche zu halten. Mit den Händen in den Schlaufen bist du wie gefesselt. Die Stöcke ziehen dich wie ein Anker nach unten und sorgen im Extremfall für die allerschlimmsten Verletzungen. Also besser raus aus den Schlaufen. 

Mag. Magdalena Habernig
Mag. Magdalena Habernig

39, wohnt in Leisach in Osttirol, staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, Schwerpunkt Hochtouren in Österreich und der Schweiz, Studium der Meteorologie und Geophysik, Ranger-Ausbildung im Nationalpark Hohe Tauern Osttirol, Klimalehrerin, Buchautorin.

Web: www.bergguide.at