Wenn die Skifahrer den Schnee aus der Bindung klopfen und Carver und Snowboards auf den Dachträger schnallen, geht die Arbeit am Skiberg erst richtig los. Damit am nächsten Tag Berg, Pisten und Hütten wieder glänzen, sind viele Helfer im Einsatz. Bei einem Lokalaugenschein am Arlberg waren wir mit den nächtlichen „Heinzelmännchen“ unterwegs.

St. Anton am Arlberg, eines der bekanntesten Skigebiete Europas, 16 Uhr. Die Lifte werden abgestellt. Vor den Hütten stehen dichtgedrängt die Ski und Snowboards, drinnen wummern die Après-Ski-Hits aus den Boxen, unten im Tal leert sich der Parkplatz mehr und mehr. Ein Skitag geht zu Ende.

Der Berg kann sich aber noch nicht ausruhen. Im Gegenteil. Jetzt treffen sich die Pistenarbeiter im Büro von Werkstattleiter Siegfried Trenkwalder. Einsatzbesprechung. „Der Pistenchef sagt, wo kritische Stellen sind, wo die Fahrer besonders gut präparieren müssen“, erzählt Trenkwalder. Der 37-Jährige koordiniert den nächtlichen Einsatz auf der Piste, „und wenn Not am Mann ist, fahre ich auch noch selber aus“. In einem der 25 Pistengeräte, die allein in St. Anton auf drei Garagen verteilt stehen. Zwei ganz oben am Galzig auf, rund 2.000 Metern Seehöhe.

MÜLLABFUHR UND PISTENBULLY
Während Trenkwalder seine Fahrer gegen 16.30 Uhr auf die Piste schickt, fahren Pistenarbeiter jede einzelne Piste noch einmal ab, damit auch die Nachzügler unter den Skifahrern sicher ins Tal kommen und später den Pistengeräten nicht zum lebenden Hindernis werden. „Unsere Leute schauen aber auch, wo es eisige oder gefährliche Stellen gibt“, sagt Trenkwalder. Vor allem in den letzten Jahren hat sich eine weitere Aufgabe immer breiter gemacht: das Mülleinsammeln – „die Leute werfen auf den Pisten immer mehr weg“, sagt Trenkwalder und schüttelt den Kopf.

Gegen 17 Uhr regieren dann am Arlberg die Pistenbullys: Die 500-PS-Riesen bügeln wieder glatt, was die Kanten der Skifahrer zerschnitten haben. Um diese Zeit werken aber auch die Liftbediensteten noch auf Hochtouren. Gondeln werden kontrolliert, Wartungsarbeiten durchgeführt. Manche monatlich, manche auch täglich. Und ein Blick auf den Wetterbericht gehört immer dazu, weiß Siegfried Trenkwalder, „denn wenn es stark schneit, müssen in der Früh die Stützen freigeschaufelt und Eiszapfen von den Rollen und Seilen geschlagen werden.“ Heißt für die Kollegen: „Ein harter Job: Aus der Gondel auf die Stütze übersteigen und dort in 15 bis 20 Metern Höhe schwere körperliche Arbeit verrichten.“

Mittlerweile sind die Bars und Hütten entlang der Pisten geschlossen. „Erst dann, so gegen 19 Uhr, können wir auch dort mit dem Präparieren beginnen.“ Denn Kontakt mit den Gästen wollen die Heinzelmännchen der Berge tunlichst vermeiden.

AUFMARSCH DER SCHNEEMÄNNER
Die Parkplätze im Tal sind jetzt fast komplett leer, auch hier werden nun die Spuren des Tages beseitigt – Schnee geräumt, Müll entfernt. Und oben am Berg marschieren die „Beschneier“ auf. Vier bis sechs Mann werfen die Schneekanonen an, denn ohne Kunstschnee geht es auch am eigentlich schneesicheren Arlberg längst nicht mehr. Die „Schneemänner“ müssen gut zu Fuß sein und sich im Gelände perfekt auskennen, „denn wir haben oft Nebel und dann wird es ganz schwierig“, sagt Trenkwalder, „die Kanonen zu finden“.

19.30 Uhr. Ein Teil der Pisten ist fertig, die Pistenarbeiter treffen sich zum gemeinsamen Abendessen, bevor es wieder auf den Berg geht. Im besten Fall nur bis 23 Uhr. „Die Dauer der Arbeit hängt aber ganz von den Bedingungen ab. Im Frühjahr, wenn der Schnee besonders nass und weich ist, dauert es oft länger, dann sind wir meist erst so gegen 1 Uhr früh fertig.“

Unten im Tal kommen jetzt die Lkw an: Lebensmittel und Material für die Hütten und Liftstationen werden entladen, weiter rauf geht es entweder mit der Gondel oder mit den Pistengeräten. „Vorne am Schneeschild können wir Körbe anhängen und damit die Sachen auf den Berg transportieren“, sagt Trenkwalder. In den Hütten selbst wird währenddessen geschrubbt, abgewaschen und nachmagaziniert.

GEFÄHRLICHE NACHTTOUREN
Am Berg werden die letzten Pisten fertig gemacht – 340 Pistenkilometer sind es am Arlberg, die Nacht für Nacht von oben nach unten präpariert werden. Ein Problem, das dabei vermehrt aufaucht: In klaren Vollmondnächten kreuzen immer wieder Tourengeher die Wege der Pistenraupen. „Das kann gefährlich werden“, sagt Trenkwalder, an vielen Stellen hängen die Raupen an der Seilwinde. Über so ein Seil im Schnee kann der Tourengeher aber nicht einfach drübersteigen – „im nächsten Moment kann es schon in die Höhe schnellen“. Denn die dazugehörige Maschine ist nicht selten einen Kilometer weiter unten und für den Tourengeher nicht sichtbar. „Darum werden alle Pisten abgesperrt und mit Blitzlichtern markiert.“

Wenn schließlich die Bullys in den Garagen verschnaufen und die Kanonen die letzten Flocken aussprühen, dann wird es für ein paar Stunden wirklich ruhig am Berg. Dann haben die Schneekristalle die notwendigen paar Stunden Zeit, sich zu verbinden und zu einer kompakten Piste zu werden. „Je länger, desto besser“, sagt Trenkwalder. Darum bringt es auch nichts, Pisten unter Tags bei starkem Schneefall zu präparieren, wenn darauf gleich wieder gefahren wird. „Das ist sogar schlecht, weil alles noch schneller wieder aufgeht.“ Schneit es aber in der Nacht stark, „fahren wir schon um drei, vier Uhr früh noch einmal aus.“

Zeit zum Schlafen oder zum selber Skifahren bleibt da wenig. Vier Tage Arbeit, ein Tag frei. Von Dezember bis Ende April. Kein wirklich familienfreundlicher Beruf. „Darum gehen auch nicht viele bei diesem Job in Pension, sondern suchen sich nach ein paar Jahren etwas anderes.“ Obwohl die meisten Mitarbeiter echte Enthusiasten sind, die mit Leib und Seele in Gondeln, Hütten, Pistenraupen arbeiten. Auch wenn die Ski nur noch Arbeitsgerät und nicht mehr genussmittel sind. „Aber wenn dann zum Beispiel bei Weltcuprennen die Pisten gelobt werden, ist das schon ein super Gefühl für die ganze Mannschaft.“

GENUSSFAHRT AM MORGEN
Für viele „Heinzelmännchen“ beginnt die Arbeit bereits wieder vor Sonnenaufgang. Gondeln auf die Reise schicken, Stützen und Seile kontrollieren, Material auf den Berg schaffen – und wieder die Pisten kontrollieren: Stehen alle Warn- und Hinweisschilder? Sind sie sichtbar oder vom Schnee verdeckt? Gibt es gefährliche Stellen, die man übersehen hat? Erst nach einer Kontrollfahrt über alle Pisten wird der Skibetrieb freigegeben. Und dann hat auch Siegi Trenkwalder Zeit, über die schönen Seiten des Berufs zu reden. Er sitzt am Gipfel des Galzig, sieht im Sonnenaufgang über „seine“ Bergwelt. Drunten im Tal ist schon zehntausendfaches Klacken der Skischuhe zu hören, die Lifte stehen aber noch still. Dann schwingt der Pistenchef selbst ins Tal, auf einer unberührten, menschenleeren Piste, im Sonnenschein. „Da denk ich mir: Ich hab echt einen super Beruf.“ Und das Arbeitsgerät an seinen Füßen wird doch zum Genussmittel.


Zum Weiterlesen: