Corona, Lockdowns, Absagen – alles gar nicht lange her. Was Events und Reisen betrifft, schöpfen wir endlich wieder aus dem Vollen. Was liegt näher, als sich mit einem Topziel für 2023 zu motivieren?
Mit „Durchhalten“ kennt sich Egon Theiner aus: Der Ultraläufer, Journalist und Verleger von Sport- und Laufbüchern, vornehmlich aus dem Bereich Ultralaufen („Egoth Verlag“), hat sogar ein Buch mit dem Titel „Durchhalten“ geschrieben. Vordergründig geht es dabei nicht um das Laufen – es entstand vor einem Jahr innerhalb dreier Quarantänewochen in einem 25-m²-Hotelzimmer in Peking zur Advent- und Weihnachtszeit. Als Pressereferent musste sich der in Wien lebende Südtiroler den strengen Quarantänebedingungen stellen, um seine 10. Olympischen Spiele vor Ort begleiten zu dürfen. Hieß: drei Wochen keinerlei (physischer) Kontakt zur Außenwelt, Essen dreimal täglich vor die Tür oder eine Balkontür, die sich zur Frischluftzufuhr nur kippen ließ. Bewegungsdrang mit Kniebeugen und weiteren Athletikübungen stillen. „Es waren Tage dabei, an denen es mir wirklich dreckig ging“, sagt Theiner – dabei hätte er nur die Tür aufmachen und durchgehen müssen. Um den Preis freilich, auf die Olympischen Spiele zu verzichten.
Ohne ein klares Ziel vor Augen wäre sein „Durchhalten“ undenkbar gewesen. Ganz logisch, ein Ziel motiviert. Daher unser Vorschlag: Sucht euch ein Lauf-Ziel für 2023, sei es die erste längere Trailrunde, ein Volkslauf oder Marathon.
Die „Warum“-Frage
Noch einmal zu Theiner und dessen Wochen im Pekinger Hotelzimmer: Warum war es ihm so wichtig, die Olympischen Spiele in Peking nicht zu versäumen? „Ich bin ein Kind des Sports“, begründet Theiner, „und die Olympischen Spiele waren für mich immer der Höhepunkt im Sport. Als die höchste Expression sportlicher Leistung, aber auch aufgrund des Zusammenkommens von Mannschaften aus allen Teilen der Welt. Und auf der anderen Seite motiviert es mich, in fremden Ländern zu arbeiten, sich auf andere Kulturen einlassen zu müssen. Das empfinde ich als ungemein sinnerweiternd und es bereichert meinen Erfahrungsschatz, mein Leben.“
Wie soll also unser eigenes Ziel beschaffen sein, um möglichst zu motivieren? Theiner, der deutliche Parallelen zwischen der Zeit im Hotelzimmer und dem Durchhalten bei einem Ultralauf sieht, spricht von „intrinsischer Motivation“. Es muss einen im Inneren berühren. Aber: Es brauche zunächt auch einen großen objektiven Anteil: Ein Ziel muss fordern, darf aber weder unter- noch überfordern.
Um sein Ziel also einzugrenzen, gilt das, was wir immer wieder schreiben: Eine Investition in eine Leistungsdiagnostik und Beratung bei einem Sportwissenschafter oder Sportmediziner ist Gold wert, weil sie objektiv den persönlichen Ist-Stand aufzeigt und weil Trainingsexperten einschätzen können, welches Ziel in welcher Zeit unter den vorhandenen Zeitressourcen erreichbar ist.
Daneben (oder darüber) steht vor allem die Frage nach dem Warum, so Theiner. „Wenn man die für sich ehrlich beantworten kann, sind alle anderen Fragen nachrangig. Dann findet man auch seinen Weg.“ Warum er also selbst in der Ultralaufszene gelandet ist? „Weil mir die Herausforderung mit mir selbst gefällt, ich in der Community eingebettet bin. Es geht bei einem Ultralauf auf meinem Niveau, im hinteren Drittel des Feldes, aber auch darum, dass ich mich einen ganzen Tag lang reinstürzen kann und an diesem Tag nichts anderes zählt. Diese Ich-Zeit, die nur ganz für mich da ist.“
Die Argumente mögen einige bestens nachvollziehen können, andere nicht. Doch wichtig ist eben, sich über das eigene „Warum“ klar zu werden, wenn man sein Ziel definiert. Andere sprechen auch vom „tieferen Sinn“, das ein Ziel braucht. Klar – auf dem Weg zum Ziel braucht es einen klaren Plan, Struktur (ein streng strukturierter Tagesablauf half Theiner auch in seinem Hotelzimmer ...), Zwischenziele und einiges mehr. Hat man jedoch dieses „Warum“ für sich schlüssig beantwortet, ist der größte Brocken aus dem Weg geräumt.
Mögliche Ziele 2023
Was wir nicht können, ist die Frage nach eurem „Warum“ zu beantworten. Aber wir können noch einige Vorschläge liefern, was euer Top-Laufziel 2023 sein könnte: Theiner arbeitet auch im Organisationskomitee der „World Mountain and Trail Running Championships (WMTRC) 2023“ in Innsbruck-Stubai, der erst zum zweiten Mal stattfindenden Weltmeisterschaft im Berglauf und Trailrunning von 6. bis 10. Juni 2023, mit. Nicht die Eliterennen – aber das Innsbruck Alpine Trailrun Festival (IATF) mit acht Distanzen zwischen 7 und 110 Kilometer im Vorfeld der WM von 1. bis 4. Juni: Das kann ein probates Ziel für alle Hobbyläufer sein. Aber noch einmal sei betont: Das Ziel muss natürlich mit euren körperlichen Voraussetzungen im Einklang stehen – die im Trend liegenden Ultradistanzen bedürfen jahrelangen Trainings und Herantastens an stetig größere Distanzen.
Auch einen weltweiten Marathon oder anderen Top-Event könnte man sich für 2023 vornehmen: Kerstin Strubreiter, die für Runners Unlimited by Ruefa Laufreisen unter anderem zu den „World Marathon Majors“ (Tokio, Boston, London, Berlin, Chicago und New York) begleitet, weiß: „Meistens sind es die Teilnehmer- und Zuschauerzahlen, die die Leute zu einem dieser Läufe motivieren: Das Gefühl mit 50.000 am Start zu stehen. Auch, dass das ganze Wochenende vom Marathon geprägt ist.“ Doch bei Laufreisen geht es um deutlich mehr als darum, sich eine Medaille für die Sammlung abzuholen, erzählt Strubreiter – und dieses Drumherum wird den Teilnehmenden immer wichtiger: „Es sind drei, vier Tage volles Marathonerlebnis und man macht viel gemeinsam in der Gruppe: Der Morgenlauf, das Ansehen von Sehenswürdigkeiten und der Austausch in der Community – es entstehen ganz viele Freundschaften auf den Reisen.“
Mit der Pandemie habe sich sogar eine deutliche Veränderung ergeben: „Früher ging es vielen stark um eine Zielzeit, die sie sich vorgenommen haben, auf die sie hart hintrainiert haben. Jetzt geht es vor allem ums Erlebnis. Man will die Stimmung genießen, stehenbleiben und Fotos machen.“ Das merke man auch daran, dass neben den bekannten Citymarathons weltweite Landschafts- und Erlebnisläufe immer gefragter werden. Was man jedoch wissen muss: Die weltweiten Topmarathons sind länger, rund neun, zehn Monate im Voraus, zu buchen. Im Dezember werden die Herbst-Events 2023 bei Runners Unlimited by Ruefa angeboten – wer einen ergattern will, muss schnell sein.
Nach dem Zieldurchlauf, sagt Strubreiter, sind dann „Glückshormone ohne Ende, die man drei, vier Stunden später noch in den Augen sieht.“ Ein Ziel definiert aber vor allem auch den Weg dorthin: Seien wir froh und nutzen wir es, dass es die großen Ziele wieder gibt.
BUCHTIPP
Egon Theiner: Durchhalten
In Olympia- Quarantäne – Bericht eines Ultraläufers
www.egoth.at