Neben Sportgetränken gelten Gels als die Energielieferanten für Wettkampf und Training. Nachgefragt bei Experten, was die Stärken von Gels sind und wie und wann man sie ideal einsetzt.
Vor allem aus der Wettkampfverpflegung sind die kleinen Päckchen, die man bei Bedarf aufschraubt oder aufreißt, um sich rasch mit neuer Energie zu versorgen, nicht wegzudenken. Aber auch für harte Trainings oder etwa auf sehr langen Touren abseits der Zivilisation, zum Beispiel beim Trailrunning, Mountainbiken oder auf der Gravelrunde, stecken sich viele ein paar Gels ein. Schließlich sind sie leicht, nehmen kaum Platz weg und versorgen die Muskeln im Bedarfsfall in kurzer Zeit mit Brennstoff.
Experten-Tipps rund um Gels: Philipp Rauscher für Powerbar und Reinhard Möseneder für Peeroton haben unsere Fragen beantwortet.
Die gelspezifischen Vorteile
Philipp Rauscher erklärt: „Der größte Vorteil der Gels liegt in der Praktikabilität, der Präzision und der Konzentration der zugeführten Kohlenhydrate. Bei einem Gel weiß man immer exakt, wie viel Gramm Kohlenhydrate pro Portion bzw. Zeiteinheit man aufnimmt. Das ist speziell bei Getränken oft schwieriger.“ Vor allem auf Strecken mit harten Belastungsspitzen, also etwa steilen Anstiegen, an denen punktuell viel Energie gebraucht wird, ist das von Vorteil. Das könne man mit Gels sehr gut timen, sagt Rauscher.
Reinhard Möseneder von Peeroton über den Hauptunterschied: „Unsere Energizer Ultra Gels wirken nach 2 bis 5 Minuten, die isotonischen Drinks werden nach 30 Minuten abgerufen und die Powerpack-Riegel erst nach 60 Minuten. Ein Gel lässt sich mit Benzin vergleichen, es verbrennt schnell und intensiv. Das Getränk ist vom Energieverhalten her mit Diesel vergleichbar und der Riegel mit Briketts: Sie brauchen länger, bis sie brennen, halten dann aber länger an.“ Bei Peeroton empfiehlt man sich in Wettkämpfen oder Trainings zunächst, wenn möglich, bevorzugt mit Kohlenhydratgetränken zu ernähren, das erste Gel nicht zu früh einzunehmen. „Wenn man mit Gels einmal anfängt, muss man alle 15 bis 20 Minuten nachladen.“
Beim Gel weiß man immer exakt, wie viel Gramm Kohlenhydrate pro Portion bzw. Zeiteinheit man aufnimmt.
Das Finden des richtigen Gels
Gel ist nicht gleich Gel – worauf achten, wenn man ein Gel für sich auswählt? „Belastung und Verträglichkeit spielen hier die wichtigsten Rollen“, sagt Rauscher. „Kurze Einheiten oder sehr lockere Einheiten können mit 30 bis 60 g Kohlenhydraten pro Stunde absolviert werden. Hier ist es nur wichtig, ein Gel zu haben, das gut schmeckt und praktisch in der Zufuhr ist – etwa: standardisiert 30 g pro Gel.“ Anders bei längeren und besonders intensiven Einheiten, da lohne sich dann ein genauerer Blick aufs Etikett: „Für längere Einheiten ab 60 bis 90 Minuten, mit längeren Intervallen oder bei hoher Intensität steigt der Energiebedarf. Hier sollten 60 bis 90 g Kohlenhydrate pro Stunde konsumiert werden.“ Ein Blick auf die Nährwerttabelle zeigt die Kohlenhydrat-Zusammensetzung des jeweiligen Produkts. Rauscher: „Unser Darm kann nur etwa 60 g Glukose oder Maltodextrin pro Stunde aufnehmen. Um mehr als 60 g Kohlenhydrate pro Stunde aufnehmen zu können, müssen zwei Zucker miteinander kombiniert werden: Glukose/Maltodextrin und Fruktose. Hier sollte ein Verhältnis von 2:1 vorliegen. Also 60g Glukose/Maltodextrin und 30 g Fruktose.“
Dritte Möglichkeit: „Für richtig harte oder sehr lange Einheiten oder auch im Wettkampf: Hier kann die Kohlenhydratzufuhr noch einmal gesteigert werden. Dann gilt es auf ein Kohlenhydratverhältnis von 1:0,8 zu achten, für eine maximale Energieversorgung. 90 bis 120 g Kohlenhydrate pro Stunde sind dadurch machbar.“ Aber Achtung: immer testen, ob der Körper damit zurechtkommt, und den Körper an so hohe Kohlenhydratzufuhr heranführen. Stichwort: „Train the gut“. „Ergänzend“, sagt Rauscher, „ist es für alle Belastungsbereiche sinnvoll zu schauen, ob etwa 80 bis 200 mg Natrium pro Gel enthalten sind und auf Wunsch Koffein.“
Für die Peeroton-Gels rät Reinhard Möseneder: „Wir empfehlen, im Training unsere Vitamin Gels zu verwenden und im Wettkampf zunächst auch zu den Vitamin Gels zu greifen. In der zweiten Phase setzt man auf die Koffein-Gels und im Finish, die letzten 30 Minuten, das Koffein-Guarana-Gel“, so Peerotons „3-Stufen-Plan“. „Koffein sollte nur im Wettkampf eingesetzt werden, dadurch verstärkt sich der Effekt.“ Zugriff auf Wasser sollte man unterwegs haben, denn klassische Gels sollen immer mit Wasser gemeinsam eingenommen werden.Außer man greift zu Hydro-Gels – von Peeroton werden diese auch mit BCAAs versehen. Noch ein Tipp von Möseneder, den man sich von Profis abschauen kann: „Das Gel im Mund lassen und über die Mundschleimhaut einwirken lassen, ehe man es langsam schluckt.“
Der perfekte Zeitpunkt
Immer wieder hört man, dass Sportler sich im Wettkampf einen Alarm für den Energienachschub stellen. Wann setzt man ein Gel optimal ein bzw. wie wichtig ist der exakt richtige Zeitpunkt?
Rauscher: „Der exakt richtige Zeitpunkt ist nur dann entscheidend, wenn in Kürze ein erhöhter Energiebedarf besteht. Etwa bei bevorstehenden Anstiegen. Ansonsten ist die Regelmäßigkeit der Einnahme wichtiger als der perfekte Zeitpunkt. Der Carb-Alarm ist dann sinnvoll, wenn man die Kohlenhydrataufnahme gerne mal vergisst. Bei langen Ausdauer-Wettkämpfen besteht dann die Gefahr, sich in ein Energiedefizit zu begeben, weil deutlich mehr Energie verbrannt als aufgenommen wird. Das gilt es zu vermeiden. Ist man einmal in einem solchen Energieloch, ist es extrem schwer, sich dort wieder herauszukämpfen.“