Es gilt aber auch der Grundsatz: Mehr ist nicht immer mehr. Was Sportler über Proteine wissen müssen.

Von Michael Windisch und Alfred Brunner

Lange Zeit galt die Pastaparty als das kulinarische Nonplusultra für Ausdauersportler. Es galt als ausgemachte Sache: Ausdauersportler benötigen Kohlenhydrate, Kraftsportler brauchen Eiweiß. Mittlerweile hat sich das oben genannte Dogma gelockert und auch Läufer und Biker greifen gerne mal zum Eiweißriegel. Nach der Folge 1 zum Thema „Kohlenhydrate“ geht es diesmal also um die zweite große Sportnahrungs-Produktgruppe „Protein“. Aber bringen Proteine für Ausdauersportler wirklich einen Nutzen? Und wenn ja: wie und wann? Ganz grundlegend gilt: Ohne Proteine geht’s nicht. Die Muskulatur braucht den Makronährstoff für Aufbau, Erhalt und Regeneration. Zur Bildung von Hormonen und Enzymen ist Eiweiß ebenso unerlässlich wie für ein funktionierendes Immunsystem. 

SPORTaktiv-Doc Dr. Robert Fritz, Sport- und Ernährungsmediziner aus Wien, spricht als begeisterter Ausdauersportler aus eigener Erfahrung: „Sportnahrung hat ihren Sinn. Sie soll aber kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung sein, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Auch bei Proteinen gilt, dass die Versorgung grundsätzlich über die normale Ernährung zu bewerkstelligen ist. Aber auch ich selbst schaffe nicht immer so eine bilderbuchmäßige Ernährung. Manchmal dauert ein Termin halt länger als geplant, da kann ein Proteinriegel ein sinnvoller Mahlzeiten-Ersatz sein.“ 

Bezüglich des Timings hält der SPORTaktiv-Doc fest, dass der Körper an Tagen mit einem Krafttraining schon vor dem Training genügend Eiweiß zur Verfügung haben soll. Das optimale Timing nach dem Training ist da schon kritischer. „Das perfekte Zeitfenster, um den Körper nach dem Sport optimal zu versorgen, wird mittlerweile bei nur noch 30 Minuten gesehen. Hier gilt es, für die Muskeln und die bereits einsetzende Regeneration die richtigen Bausteine zur Verfügung zu stellen. Ein Riegel oder ein ­Shake­ nach dem Training stillt den ersten Hunger und verhindert, dass man daheim im Heißhunger den Kühlschrank leerräumt.“

Auf Herstellerseite ist seit einigen Jahren einen regelrechter Protein-Boom zu beobachten. Wir haben uns diesbezüglich mit dem Milchproduzenten NÖM als auch mit dem Sportnahrungs-Marktführer Peeroton unterhalten. NÖM-Marketingleiterin Veronika Breyer zum erhöhten Bedarf von Proteinprodukten: „Gerade für Ausdauerathleten ergibt sich ein positiver Effekt, da der Eiweißumsatz bei langen Belastungsphasen zunehmend ansteigt. Je nach Intensität und Länge leeren sich die Zuckerspeicher entsprechend. Der Körper greift dann schließlich auf die Eiweißspeicher zu und damit auf die Muskeln, und gerade das wollen wir im Normalfall nicht erreichen, wenn wir Sport machen. Denn dann wäre ein Abbau von Muskelmasse und folglich ein mittel- bis langfristiger Leistungsverlust die Folge.“

Starke „Essentials“ 
Protein ist dabei nicht gleich Protein. Die Eiweißmoleküle bestehen nämlich aus Ketten von unterschiedlichen Aminosäuren. An den in ihnen enthaltenen Aminosäuren – der menschliche Körper benötigt insgesamt 20 verschiedene davon – und ihrer Verkettung lassen sich daher Proteine unterscheiden. Davon sind neun essenzielle und elf „entbehrliche“ Aminosäuren. Je nachdem, wie gut der menschliche Körper das in einem Lebensmittel vorhandene Protein aufnehmen kann, stufen es Ernährungswissenschafter in seiner Wertigkeit ein. 

SPORTaktiv-Doc Robert Fritz geht als Experte ins Detail: „Sportler wollen eigentlich wissen, was im Körper wie ankommt und genutzt werden kann. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden zur Erfassung der Proteinqualität. Früher verwendete man meist die PDCAAS-Methode – Protein Digestibility-Corrected Amino Acid Score. Heute wird die DIAAS-Methode – Digestible Indispensable Amino Acid Score – empfohlen, die nicht nur die Verdaulichkeit des gesamten Eiweißes, sondern der einzelnen Aminosäuren bewertet.“ Fritz zur Qualität der am Markt verfügbaren Produkte: „Ich empfehle unbedingt, auf die Qualität des Eiweißpulvers zu achten. Weiters weise ich auf mögliche Beimengungen von Prohormonen und Zusatzstoffen hin, die Probleme mit den NADA/WADA-­Richtlinien auslösen können – und darüber hinaus sehr schädlich für die Gesundheit sind.“

Reinhard Möseneder vom österreichischem Sportnahrungshersteller Peeroton betont ebenfalls den Qualitätsaspekt in seinen Proteinprodukten: „Wir verwenden ausschließlich hochwertiges Eiweißpulver ohne künstliche Zusätze oder Chemikalien.“

Ein 70 Kilogramm schwerer Läufer, der intensiv trainiert, sollte 85 bis 140 Gramm Protein pro Tag zu sich nehmen.

Mehr ist nicht mehr 
Nicht unumstritten ist die Frage, wie viel Protein es nun wirklich braucht, gerade für Sportler. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung geht für einen durchschnittlichen Erwachsenen von 0,8 Gramm Protein pro Tag und Kilogramm Körpergewicht aus. Schwerarbeiter oder sportlich Aktive brauchen mehr: Rund 1,2 bis 2,0 Gramm pro Tag und Kilogramm Körpergewicht sind hier das Maß. Und damit ist auch genug: Mehr ist nämlich nicht immer mehr. Das bedeutet: Ein 70 Kilogramm schwerer Läufer, der intensiv für Wettkämpfe trainiert, sollte zwischen 85 und 140 Gramm Eiweiß pro Tag zu sich nehmen. Zum Vergleich: Ein großes Steak kommt auf 60 bis 70 Gramm. Ein Ei auf etwa 7 Gramm, eine Schale Haferflocken mit Milch auf etwa 15 Gramm. 

Nun leuchtet ein, dass es wohl nicht sonderlich praktikabel ist, sich jeden Tag ein T-Bone-Steak zu gönnen. „Convenience“ ist daher das Zauberwort. Das Bedürfnis nach schnell und unkompliziert verfügbaren Proteinen führt zu Riegeln und Drinks. „Es ist unser Anspruch, ein Convenience-Produkt anzubieten, welches sofort verzehrfertig ist und gut schmeckt. Unsere PRO-Proteindrinks sind „ready to drink“ und zudem ungekühlt haltbar“, erklärt Veronika Breyer. Auch Peeroton geht in die Protein-Offensive. Neben den jahrelangen Klassikern Eiweißpulver und Proteinriegel ist Peeroton seit einigen Monaten mit dem Sport-Protein-Drink in der handlichen 250-g-Flasche breit im Lebensmittelhandel vertreten.