Ski werden nie nach rein rationalen Kriterien angeschafft, auch Emotionen mischen mit. Wir haben bei zwei unserer Partner vom Sporthandel, Intersport und Gigasport, nachgefragt, wie der Slalom zwischen Kopf und Bauch zum idealen Ski gelingt.
Starten wir mit einer (rationalen) Mutinjektion – eine solche kann man in diesen Zeiten immer brauchen. Laut den letzten Zahlen des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ) ist der heimische Skimarkt zuletzt wieder gewachsen. 3,7 Millionen Paar hat die Skiindustrie weltweit abgesetzt, ganze 433.000 Paar davon in Österreich (326.000 in Deutschland). Nachdem in der ersten Hälfte der 2010er-Jahre der Alpinskiverkauf rückläufig war, entwickelten sich die Zahlen in den letzten Jahren wieder bergauf. Der Schluss: Die Lust aufs Skifahren ist groß.
Warum man sich ausgerechnet heuer ein neues Paar Ski kaufen sollte? Gegenfrage – warum nicht? Die Ski, die uns die Industrie und der Handel servieren, sind die besten aller Zeiten (das stimmt freilich Jahr für Jahr). Und gerade jetzt ist es an der Zeit, sich etwas Schönes zu gönnen! Ski fahren ist doch pure Emotion und mit neuem Material ist es das noch mehr. Nicht zuletzt: Bewegung in der Natur ist gesund und Skisport ist gefahrlos möglich (siehe die Story mit dem Mediziner Martin Sprenger ab Seite 110).
Und nicht nur das Skifahren ist Emotion – das trifft genauso auf den Kauf neuer Bretteln zu. „Wenn im Herbst die ersten neuen Ski zu uns ins Geschäft kommen, da geht einem das Herz auf, da sieht man die weiße Piste vor dem geistigen Auge“, drückt es Benedikt Willingshofer von Gigasport in Graz aus. Ähnlich geht es vielen Skifahrern, die im Shop vor einer Wand mit Skiern in unterschiedlichsten Farben, Breiten und Formen stehen.
Im Vergleich zu früheren Zeiten ist das Angebot an Skiern freilich heute wirklich breit gesät. Es ist für jeden das Passende dabei – aber auch entsprechend schwieriger den Überblick zu bewahren und damit den perfekten Ski zu finden. Wenn man aber auf einen Fachberater trifft, der genauso begeisterter Skifahrer ist und auch die Kompetenz hat, das „Innenleben“ der einzelnen Modelle zu kennen: Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, den Ski zu finden, mit dem man viele Jahre glücklich ist.
Eine Verkaufsberatung beginnt mit einer Bedarfsermittlung, erklärt Michael Uitz von Intersport Tscherne: Das Fahrkönnen und der Einsatzbereich sind entscheidende Parameter, die zunächst erfragt werden. „Anhand der Zahl der Skitage und danach, wo jemand fährt, lässt sich das schon einschätzen. Fährt jemand jedes Jahr zwei Wochen am Arlberg, dann kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit einen sportlichen Ski empfehlen“, sagt Uitz. „Wichtig ist aber auch, welchen Ski der Kunde zuletzt hatte und wie zufrieden er damit war.“
Für Benedikt Willingshofer spielt auch das zur Verfügung stehende Budget eine Rolle. „Die Qualität eines Skis sollte zwar im Vordergrund stehen, aber das zur Verfügung stehende Budget gehört natürlich auch dazu.“ Hat sich ein Berater ein Bild von seinem Kunden gemacht, greift man ein paar mögliche Kandidaten aus der Skiwand heraus, und es geht ins Detail – auf Wunsch bis ins technologische Innenleben der Ski.
Was tut sich eigentlich in den einzelnen Segmenten – in welche hat die Industrie in den letzten Jahren am meisten Entwicklungsaufwand reingesteckt? Intersport-Experte Uitz weiß etwa: „Ladies-Ski sind ein sehr wichtiger Bereich geworden: Nicht nur die Optik ist heute top, auch technisch ist in den Frauenskiern alles zu haben, was auch in den Unisex-Skiern an Hightech verbaut wird – und entsprechend auch seinen Preis hat.“ Die Optik der aktuellen Frauenski hat übrigens keineswegs nur mehr mit femininen Pastellfarben oder gar mit Blümchenmuster zu tun.
Man werfe einen Blick auf die aktuellen weiblichen Linien der namhaften Hersteller und staune. Wobei ganz unterschiedliche Philosophien verfolgt werden – von Schwarz und Weiß über satte Farben bis hin zur lässigen Holzoptik. „Es gibt nach wie vor Frauen, die einen Unisex-Ski bevorzugen – aber auch solche, die einen Skischuh kaufen und einen optisch dazu passenden Ski wünschen“, sagt Uitz. Was bei den Frauenskiern insgesamt gilt: Einst waren es meist leicht und ohne viel Kraftaufwand zu fahrende Pistenskier, die angeboten wurden – heute gibt es hochwertige Frauenski quer durch alle Segmente „mit Ausnahme des Race-Segments.“
Die generell hochwertigste Skitechnologien stecken – wenig überraschend – im erwähnten Race-Segment. „Jeder Hersteller will den besten Ski haben, Technologien werden im Weltcup zuerst eingesetzt und gehen im Jahr darauf oft in die Produkte für die breite Masse ein“, erklärt Gigasport-Experte Willingshofer. Das Race-Segment ist mittlerweile aber auch breiter geworden: Neben Riesenslalom- und Slalomcarvern gibt es auch einen Trend zu „Multiturn“-Skiern. Männer tendieren nach wie vor stark zu Skiern aus diesem Segment, weiß Willingshofer. Race-Ski sind insgesamt auch etwas „fahrbarer“ für Otto Normalskifahrer geworden – doch es stimmt nach wie vor: Man braucht Kraft, Ausdauer und Können, um die „Freude am Fahren“ damit voll auskosten zu können.
Ski-Kategorien
Race
Für hohen Speed und exaktes Carven. Technik und Kraft sind Voraussetzung, für weniger gute Skifahrer nur bedingt geeignet. Mittelbreiten ab 65 mm bis etwa 72 mm.
- Slalomcarver: sehr kurz, Längen-Richtwert: Schulter bis Nase, Radius etwa 13 Meter.
- Riesentorlaufcarver: lang (Richtwert: Körperlänge und darüber) und eher schwach tailliert, Radien bis zu 30 Meter.
Performance/Piste
Vom klassischen Einsteigerski bis zum hochwertigen, sportlichen Pistenski – dabei komfortabler, weicher und fehlerverzeihender als aggressive Racecarver. Mittelbreiten ab 70 mm, normale Längenempfehlung.
All-Mountain
Allrounder für präparierte Pisten, leichtes Gelände und Tiefschnee. Breitere Taillierungen je nach Auslegung um 80 mm (pistenorientiert) und bis 98, 100 mm (Fokus Gelände). Darüber geht es ins Freeriden.
Freeride
Breite Spezialski für ungespurtes Gelände und tiefen Schnee, ab 90 bis 100 mm Mittelbreite und bis 125 mm Breite, Länge: Körperlänge aufwärts, für Pisten weniger geeignet.
Freestyle/Twintip
Vorne und hinten aufgebogene („Twintip“), nicht selten auch symmetrische Ski für den Funparkeinsatz. Die Materialien sind verstärkt, um auch Slides und Sprünge problemlos auszuhalten.
Ladies
Ladies-Ski gibt es mittlerweile quer durch alle Segmente, mit allen (hochwertigen) Technologien und in allen Preisklassen (Ausnahme: Race-Ski).
Viel investiert wurde unlängst aber auch ins All-Mountain-Segment, „viele Topmodelle wurden in breitere Breiten übersetzt, sprich: die hochwertigsten Technologien in die breiteren Modelle übertragen. Die Ski mit etwas größerer Mittelbreite haben in den letzten Jahren in Sachen Pistenperformance stark aufgeholt, auch damit kannst du perfekte Carvingschwünge ziehen“, sagt Willingshofer. Intersport-Experte Uitz erklärt: „Ein vielseitiger All-Mountain-Ski passt zu sehr vielen Skifahrern, die eigentlich zu einem Race-Ski tendieren, besser.
Nicht nur, wenn man ab und zu ins Gelände will: Auch bei Neuschnee oder zusammengefahrenem Schnee sind All-Mountain-Ski die beste Wahl.“ Während in Ostösterreich rund um die dortigen Ballungszentren tendenziell eher mehr pistenlastige Ski gekauft würden, sei das im Westen und in den Gebirgsregionen aber anders: Neben dem All-Mountain-Segment spielen dort auch die breiten Freeride-Powderlatten sowie Twintips für Spaß in Funparks eine deutlich größere Rolle.
Zur Beratung im Fachhandel gehört es auch, das Gesampaket zu betrachten. Wird der Skischuh gleich dazugekauft, lässt sich mit einem abgestimmten Schuh auch das Fahrverhalten des Skis noch optimieren – „das geht vom Bootfitting bis zu die Passform optimierenden Einlagen“, sagt Willingshofer.
Ist die Zahl der Kandidaten schließlich schon auf wenige eingeschränkt, dann hat die Emotion das letzte Wort. Etwa in Form einer Markenpräferenz. Und das ist auch gut so – verlässt man doch garantiert mit einem guten Gefühl den Shop, wenn der Bauch das letzte Wort hatte...