„Zeigen, ohne auf jemanden zu zeigen“: Für „Cross ­Tyrol“, ein von Berghaus unterstütztes Filmprojekt, durchquerten fünf junge Freerider Tirols Bergwelt von Ost nach West nur auf Skiern, zu Fuß und mit Liften.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter


„Am Stubaier Gletscher stehend spekulierten Martin Kogler und ich, welches Skigebiet uns im Westen gerade so nah erscheint. Dadurch realisierten wir, wie kurz oft die Distanzen zwischen der alpinen Infrastruktur in den Tiroler Alpen sind“, schildert Lukas Mühlmann den Beginn des Projektes „Cross Tyrol“, das ihn und vier seiner Freunde 520 Kilometer und 43.000 Höhenmeter auf Skiern, nur mithilfe von Skiliften, quer durch das Bundesland Tirol führen sollte. Von Osten nach Westen, von Fieberbrunn nach St. Anton am Arlberg, beginnend im Heimatort von Martin Kogler, einem der beiden Mitbegründer der Idee. Die passende Crew war schnell gefunden: Mühlmanns und Koglers „Mountain Tribe“-Kollegen Flo Gassner und Vali Werner-­Tutschku sowie Paul Schweller als Kameramann wurden mit ins Boot geholt, um die Tour filmisch festzuhalten. 

Die Planung des bisher größten Projekts des Mountain Tribe-Filmteams ging nicht ganz so rasch vonstatten. Zwei ganze Jahre nahm diese in Anspruch. Zu Beginn stand die Überlegung, wie Start- und Zielpunkt am besten verknüpft werden könnten. „Uns war bald klar, dass wir uns auf der südlichen Seite des Inntals bewegen müssen, weil dort die Skiinfrastruktur viel besser ist. Die Skigebiete waren ein wichtiger Indikator, um zu wissen, wo wir uns entlanghanteln können“, erläutert Vali Werner-Tutschku die Routenplanung. Diese Wahl hatte zwar nicht immer die atemberaubendsten Abfahrten in petto, aber durch die Nähe der Skigebiete zueinander konnten weite Distanzen innerhalb eines relativ knappen Zeitplans leichter überwunden werden. Trotzdem wurde für einige „Herzensorte“ wie die Wildspitze oder den Gabler, die immer schon auf der Bucket List der Crew standen, gerne ein kleiner Umweg in Kauf genommen.

Anders als geplant
So weit am Papier. Doch zwei Wochen vor dem Startschuss erleidet Martin Kogler einen Kreuzbandriss beim Skifahren. Das Projekt gänzlich ohne ihn, einen der beide Hauptinitiatoren durchzuführen, stand nie zur Debatte. Deswegen wird die Route kurzerhand gesplittet. Fieberbrunn bis zum Brenner im Winter 2022 und die restliche Strecke zum Zielort St. Anton am Arlberg im Jahr darauf zusammen mit dem dann wieder fitten Kogler.

Dies ist noch lang nicht die einzige Hürde, die die Freunde bei der Umsetzung des Projekts gemeinsam meistern müssen. Lange Wanderpassagen aufgrund von Schneemangel, ab und an auftretende Selbstzweifel und einige brenzlige Situationen – all das wird ungeschönt von der Kamera eingefangen. Besonders ein schwieriger Moment aufgrund von Zeitdruck hat sich in die Köpfe aller eingebrannt, erinnert sich Mühlmann: „Von der Gruppendynamik war die kritischste Situation bestimmt der Moment, als wir notgedrungen ins Stubaital abfahren mussten. Es fühlte sich wie eine Niederlage an, die Hochtour um das Becher Haus auslassen zu müssen.“ 

Auch mit dieser Entscheidung kommen die fünf ihrem Ziel St. Anton am Arlberg wieder ein Stück näher. Und so geht es bald wieder bergauf – ein Glücksmoment den nächsten jagend. Sei es das simple Ankommen in der nächsten warmen Unterkunft, das Erreichen des Gipfels der Wildspitze, des höchsten Bergs Tirols, oder darin bestätigt zu werden, die richtige Ausrüstung eingepackt zu haben. „Bei so einer Tour können viele Probleme auftauchen, aber was kein Problem sein soll, ist die Ausrüstung – und da wurden wir von Berghaus wirklich optimal ausgestattet“, bekräftigt Werner-Tutschku den letzten Punkt.

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Kontraste einfangen
Neben der sportlichen Leistung sind die Kontraste zwischen ausgebauten Skigebieten und unberührten Berglandschaften im Laufe der Querung präsent. Auf der einen Seite die quirligen Pisten, die Annehmlichkeiten, die sie bieten. Und auf der anderen Seite atemberaubende Natur, die durch ihre Einsamkeit besticht, aber auch eine gewisse Gefahr beherbergt. All diese Aufnahmen werden in „Cross Tyrol“ ohne Wertung gezeigt, nach dem Motto: „Zeigen, ohne auf jemanden mit dem Finger zu zeigen.“ Davon wird bewusst Abstand genommen, damit sich die Zusehenden selbst ein Bild machen können und zum Nachdenken angeregt werden. Diesem Stil bleiben die Mountain Triber bei ihren Filmproduktionen treu.

Zusätzlich will die Crew in Bezug auf Klimaschutz als Vorbild agieren, indem zum Beispiel bewusst gezeigt wird, dass Touren wie auch Skiresorts mit dem Zug erreicht werden können. „Besonders in Tirol sind wir mit öffentlichen Verkehrsanbindungen gesegnet. Wir wollen einfach mit einem guten Beispiel vorangehen und zeigen was mit den Öffis zum Berg möglich ist“, so Werner-Tutschku. Immerhin verursachen individuelle An- und Abreisen die meisten Emissionen pro Kopf beim Skifahren.

Eine Schlüsselszene des Films ist sicherlich die Gletscherüberquerung zwischen Sölden und dem Pitztal. Hier hätte ein umstrittener Skigebietszusammenschluss zwischen dem Pitztal und dem Ötztal, der 2022 aufgrund einer ablehnenden Volksbefragung verworfen wurde, stattfinden sollen. Doch ganz scheint dieses Thema nicht vom Tisch zu sein. Die Meinung der Mountain Tribe-Crew dazu: „Es ist nicht mehr zeitgemäß große Skigebiete noch größer zu machen und dadurch die Natur zu schmälern.“ Denn auf ihrer Route fanden die Freerider bei aller Dankbarkeit für die vorhandene Skiinfrastruktur die schönsten Fleckerl abseits der verbauten Berge.

Der Film war schon im Herbst 2023 auf diversen Festivals zu sehen. Am 4. Februar 2024, um 18:45 Uhr, hatte er im Bayerischen Rundfunk seine Free-TV-Premiere. Zusätzlich ist "Cross Tyrol" als Teil des Formats "Bergauf-Bergab" seit 1. Februar für ein Jahr in der ARD Mediathek verfügbar sowie seit 8. Februar 2024 in voller Länge auf YouTube frei zugänglich.

Mountain Tribe

wurde 2018 als Filmproduktion gemeinsam von Flo Gassner, Vali Werner-Tutschku, Martin Kogler und Lukas Mühlmann gegründet und kann bereits einige erfolgreiche Freeride-Filme zu ihrem Portfolio zählen. Ihr bisher größtes Projekt „Cross Tyrol“ dokumentiert eine Skidurchquerung des Bundeslandes Tirol.

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