Wie entsteht eigentlich ein Ski? Wir haben es uns im Atomic-Werk in Altenmarkt angeschaut. Was vor allem überrascht: Wie viel Handarbeit in jedem Ski steckt.
Von Christof Domenig
Altenmarkt im Pongau, Jänner 2017. Ein Tag, wie ihn sich Skifahrer wünschen. Nach Schneefällen strahlt die Landschaft in Weiß, die Sonne blitzt durch den Nebel, auf den Bergen scheint sie sicher schon. Damit auf den nahen Skihängen von Flachau und Co. aber die Post abgehen kann, müssen irgendwo die Sportgeräte erzeugt werden. Das passiert im Atomic-Werk in Altenmarkt, eines der größten Ski-Produktionsstätten der Welt.
305.000 Paar Alpin- und 72.000 Paar Langlaufski der Marken Atomic und Salomon wurden hier 2016 auf 15.000 Quadratmetern hergestellt, hören wir gleich eingangs. Das sind im Schnitt 1615 Paar Alpin- und 350 Paar Langlaufski pro Arbeitstag. Dafür arbeiten rund 600 Beschäftigte. In Spitzenzeiten um einige mehr – doch das ist nicht jetzt, wenn draußen Ski gefahren wird. Richtig rund geht es zwischen August und November, wenn die Händler ihre Bestellungen abgegeben haben.
Ein Ski durchläuft den Produktionsprozess normal in zwölf Tagen. „Expressaufträge gehen aber auch in einem Tag", erklärt Jakob Reisinger von Atomic, „etwa für den Rennsport." Wie bestellt erspäht unsere Gruppe später tatsächlich Ferdinand Hirscher, der ein paar Ski für seinen berühmten Sohn ausfasst. „Mit einem Hirscher-Ski hätte ein Normalskifahrer aber keine Freud'", versichert Reisinger.
EIN „SANDWICH" AUS 30 SCHICHTEN
Was wirklich überrascht, vor allem ob der produzierten Menge: wie viel Handarbeit in einem Ski steckt. Vor allem in den hochwertigen. Man unterscheidet bei Atomic drei Bauweisen: In der hochwertigsten, der Sandwich-Bauweise, wird der Ski in bis zu 30 Schichten aufgebaut. Faustregel: Je mehr, desto besser. Obligatorisch ist in diesem Segment ein Holzkern, oft aus Esche. Der gibt dem Ski viel von seinen dämpfenden Eigenschaften. Bis zu zehn Lagen Fiberglas werden eingesetzt; Titanal, eine leichte und feste (und entsprechend teure) Aluminiumlegierung; Carbon und einiges mehr. Belag und Kanten werden fertig geliefert, von Zulieferern, die sonst für die Automobilindustrie Teile fertigen.
Die zweite Bauweise bei Atomic heißt übrigens Twincap, ein Mittelweg zwischen günstigerem Endpreis, „der aber ebenfalls sehr gut funktioniert". Modelle für die sehr preisbewusste Klientel, die es auch gibt, werden im zweiten Werk in Bulgarien gefertigt, während in Altenmarkt alle Ski konstruiert und die höherwertigen hergestellt werden. Fernost-Fertigung, wie in anderen Bereichen der Sportindustrie üblich, gibt es nicht. Jeder Ski wird zunächst in der „Vorfertigung" händisch zusammenfügt. In der Presserei werden die Ski in Formen gepresst und „gebacken": Druck und Hitze sind entscheidend, zwölf Bar und 135 Grad. Im nächsten Schritt kommt die Grafik auf die Oberfläche – entweder in Digitaltechnik oder im Siebdruckverfahren. Seit Kurzem bietet Atomic jedem auch die Möglichkeit, seinen Ski grafisch selbst zu gestalten.
In der „Schneiderei" wird der Ski in seine endgültige Form geschnitten und in der „Schleiferei" bekommen die Kanten ihren Schliff. Es folgt eine strenge Sichtkontrolle, bei der jeder einzelne Ski von einem Spezialisten auf Fehler hin überprüft wird. Ein Arbeitsschritt, der viel Wissen und ein perfektes Auge verlangt. Was nicht entspricht, wird ausgemustert. Zum Schluss werden die Bindungsplatten montiert. Fertig – einer von knapp 1600 pro Tag.
Am Ende sehen wir die Kältekammer: Bei –30 Grad biegt ein Roboter jedes neue Modell rund 50.000 Mal in verschiedene Richtungen durch, um die Belastung eines Skilebens zu simulieren. Die Zukunft? „Connectivity" steht in den Startlöchern. Also der vernetzte Ski – wie beim Auto schon üblich. Ein eingebauter Chip könnte schon bald beispielsweise für Nachverfolgbarkeit nach einem Diebstahl sorgen. Und für weitere Zusatzfunktionen. Bloß vom selbstfahrenden Ski ist noch nicht die Rede – ein Glück, bei den Traumhängen, die wenige Minuten entfernt warten.
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