Wer seinen Wander-, Kletter- oder Klettersteigausflug gut geplant hat, kann die Zeit am Berg auch viel stressfreier verbringen! Freilich: Sicherheitsrelevante Tipps „on tour" hat unser Naturfreunde-Experte Martin Edlinger schon noch parat.
Gut vorbereitet ins Bergerlebnis zu starten, hat auch diesen Vorteil: Der Kopf ist viel freier, um die Natur, die Landschaft, die Gemeinschaft zu genießen. Trotzdem gibt es natürlich auch auf der Tour selbst vieles zu beachten: die Route (alles zum Thema „Orientierung" findest du hier), den Zeitplan, wie es den Bergpartnern geht usw. Gibt es einen Touren- oder Bergführer, liegt die Hauptverantwortung zwar bei diesem, trotzdem darf nicht auf die Eigenverantwortung vergessen werden. „Besteht eine Gruppe dagegen aus gleichwertigen Partnern, muss jeder das Wohl der anderen im Auge behalten", sagt Martin Edlinger.
Eine Faustformel, die immer passt, unabhängig von der Sportart: Die Intensität der Belastung ist dann richtig gewählt, wenn alle noch plaudern können. Wer geschickt pausiert, bleibt ebenfalls länger fit: „Mehrfaches kurzes Rasten ist besser als eine lange ‚Stehzeit'. Diese bringt einen eher aus dem Rhythmus." Ebenso empfiehlt der Bergführer, sich lieber öfter mit kleinen und leichten Mahlzeiten zu stärken – „das gilt auch fürs Trinken". Wer großen Hunger oder Durst verspüre, habe eigentlich schon etwas verkehrt gemacht, „weil es zeigt, dass die Speicher des Körpers so stark entleert sind, dass es sich auf die Leistungsfähigkeit niederschlägt."
Insbesondere, wenn sommerliche Wärmegewitter progonstiziert sind, sollte man ständig ein Auge auf den zu Hause festgelegten Zeitplan haben und gleichzeitig das Wettergeschehen beobachten. Sich rasch aufbauende hohe Quellwolken sind das entscheidende Alarmzeichen. Hier ist es wichtig, auch einen Plan B zur Hand zu haben: „Umgelegt auf die Praxis heißt das, dass ich z. B. auf Klettersteigen weiß, wo Notausstiege sind, oder auf Wanderungen, ob ich eine Runde auch abkürzen kann oder lieber umdrehe. Eine kürzere ‚Reservetour' parat zu haben, die sich auch mit schlechterer Wetterlage machen lässt, ist sowieso immer eine gute Sache." Im Folgenden noch spezielle Tourentipps zu den Sportarten.
BEIM WANDERN ...
Neben der schon angesprochenen passenden Belastung (Plaudertempo) spielt auch auf Wanderwegen die Aufmerksamkeit bereits eine große Rolle. Stürzen und Ausrutschen ist, wie wir wissen, eine der häufigsten Unfallursachen beim Wandern. Durch aufmerksames und konzentriertes Gehen kann dem schon gut vorgebeugt werden. Wie schaut's mit den beliebten Stöcken aus? „Wanderstöcke können hilfreich sein, um zu stützen, zu stabilisieren oder auch um die Gelenke zu schonen – vor allem bergab. Wir von den Naturfreunden geben jedoch die Empfehlung aus, nicht immer nur mit Stöcken unterwegs zu sein, um auch die Koordination und den Gleichgewichtssinn zu schulen."
BEIM BERGSTEIGEN & BEI HOCHTOUREN ...
Je größer die Höhe, je schwieriger die Wege, desto größer wird die Bedeutung des Themas Trittsicherheit. Martin Edlinger: „Unter Trittsicherheit versteht man ruhige Bewegungsausführung, solide Balance, überlegte Auswahl der Tritte und Griffe und gute Koordination. Diese Trittsicherheit erlangt man ausschließlich im Tun und durch Erfahrung. ‚Spielerisches Training', Balanceübungen usw. sind aber immer hilfreich, um seinen Bewegungsschatz zu erweitern und zu schulen."
Beim Bewegen im sommerlichen Hochgebirge beeinflusst häufig die Gewittergefahr den Zeitplan. Wie man mit den beiden Arten Wärmegewitter und Frontgewitter in der Praxis auch auf Hochtouren umgehen kann, lernt man in Hochtourenkursen, wie sie die Naturfreunde anbieten. Nur so viel dazu: Bei einem Wärmegewitter helfen frühes Aufbrechen und aufmerksames Beobachten, damit man wieder rechtzeitig auf der schützenden Hütte sitzt. Gewitter an der Spitze einer Kaltfront wiederum können heute in alpinen Wetterberichten meist sehr genau vorausgesagt werden. „Für beides benötigt man aber Hintergrundwissen – und das holt man sich eben im Kurs", warnt Martin Edlinger.
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AUF KLETTERSTEIGEN ...
Die richtige Steigtechnik erlaubt es, auf Klettersteigen kraftsparend unterwegs zu sein. „Gerade im leichteren bis mittleren Schwierigkeitsgrad sollte die Hauptarbeit aus den Beinen kommen und ein Ziehen mit den Armen vermieden werden. Die Beine sind schließlich stärker als die Arme. Das Umhängen der Karabiner sollte immer mit gestreckten Armen erfolgen. Gerade Unerfahrene sollten bewusst darauf achten bzw. sich die Technik auch einmal zeigen lassen." Viel trinken ist in den warmen Sommermonaten besonders wichtig, um am Klettersteig fit zu bleiben. Wie schon beschrieben, sollte häufig in kleinen Mengen getrunken werden, „damit die Pausen nicht zu lang werden und man in einem guten Rhythmus klettern kann."
Apropos Rhythmus: Ein langsames, aber kontinuierliches Tempo ist anzustreben – und nicht versuchen, die in Verschnaufpausen verlorene Zeit hektisch wieder aufzuholen! Gerastet wird auf Klettersteigen generell so: „Immer vor einer schwierigen Stelle und nicht erst in der schweren Passage. Beim Stehen auf durchgestreckte Körperhaltung achten, dadurch sind automatisch auch die Arme gestreckt."
Wichtig ist auch, ständig Reserven zu haben, um die Schlüsselstellen eines Steiges sicher meistern zu können. Wer ständig das Gefühl hat, am „letzten Zacken" zu klettern, sollte einen Plan B wie z. B. einen Notausstieg in Betracht ziehen. Besondere Vorsicht ist bei Gewittergefahr gefragt, denn Klettersteige wirken wie Blitzableiter. „Sind Wärmegewitter angesagt, dann sollte der Zeitplan von vornherein mit noch großzügiger Reservezeit eingeplant – und dann auch eingehalten werden. Zieht dennoch ein Gewitter auf, heißt es: schnellstmöglich den Klettersteig verlassen – nach oben, nach unten oder über einen Notausstieg." Überrascht einen das Gewitter trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, gilt: „Ja nicht abhängen, um für den Fall eines Absturzes gesichert zu sein. Stattdessen möglichst den Abstand zum Stahlseil erhöhen, hockende Position einnehmen oder, wo möglich, schützende Bereiche aufsuchen."
BEIM KLETTERN ...
Was beim Thema „Klettersteig" gesagt wurde, gilt sinngemäß auch beim Klettern. Zwei sportartspezifische Ergänzungen: „Während man sich auf Klettersteigen auf einen guten Zustand der Bügel, Tritte und Griffe tendenziell verlassen kann, weil die Steige gewartet werden, ist auf Kletterrouten noch mehr Vorsicht anzuraten. Daher Fixhaken, Schlingen, aber auch Griffe und Tritte immer vor Belastung kontrollieren!" Bei einem aufziehenden Gewitter soll man sich auch zurückziehen, aber auch die Nerven bewahren – viele Unfälle passieren laut Statistik beim hektischen Rückzug aus der Wand.