Was starke E-MTBs, die sogenannten Full-Power-­Modelle, nach wie vor zum Renner am Markt macht und worauf man beim Kauf achten sollte.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Bikes mit Akku boomen. Für Benjamin Brochhagen von Hersteller Radon lässt sich deren Erfolgskonzept relativ einfach erklären, denn „durch die E-Bikes kommen auch Einsteiger in den Genuss, längere Strecken fahren zu können. Auch ohne größeren und längeren Trainingsaufwand werden so bergige Touren möglich. Und Umsteiger vom MTB genießen es, einen größeren Radius fahren zu können“. Wie überall, wo sich ein großes Feld an Interessenten zusammenfindet, hat sich in jüngster Vergangenheit allerdings auch der E-MTB-Sektor begonnen zu differenzieren. E-Hardtail, -Trail, -All Mountain und -Enduro gab es ja ­bereits zuvor, nun beginnen die ­Unterschiede bei Akku, Leistung und Gewicht gravierender zu werden. Da wären nun einmal die „jungen“ Minimal-Assist-Modelle (siehe weiter vorn in unserem Magazin) und zum Zweiten das klassische E-MTB, heute gerne als „Full-Power“ klassifiziert.

Große Akkus, starke Motoren
Die Full-Power Bikes kommen mit kräftigen Motoren um die 75 bis 108 Nm Drehmoment, oft reichweitenstarken Akku-Lösungen zwischen 500 und 750 Wh, mit Range-­Extendern oder Zusatzakkus sogar bis zu 1430 Wh. Allerdings bedingt das Konzept auch etwas mehr Gewicht, selbst leichte Carbon-Modelle landen schwer unter 21 kg. Dafür gibt es jede Menge Reichweite und Reichhöhe, auf Wunsch enorme Unterstützung im Uphill und, für fahrtechnisch Versierte, den von Bosch propagierten, aber auf allen Konzepten erfahrbaren „Uphill Flow“. 

Beim Motor dominiert auch hier der Mittelmotor, welcher, wie es Benjamin Brochhagen beschreibt, einige klare Vorteile gegenüber anderen Antriebskonzepten bietet: „Der tiefe Schwerpunkt und das dadraus resultierende gute und sichere Fahrverhalten helfen auch dem Einsteiger. Außerdem lässt sich der Motor so sehr gut in das Rad integrieren.“ Für Brochhagen hat aber auch die nunmehr gängige Integration des Akkus (nebst optischen Vorzügen) technische Gründe: „Der Akku liegt so zentral im Rahmen, ist des Weiteren gut vor äußeren Einflüssen geschützt.“

Marco Wolff-Staudacher von Hohe Acht erkennt beim Akku einen weiteren Trend: „Akkus müssen heute nicht mehr zwangsweise entnehmbar sein. Allein den Akku im Rahmen ohne Aussparung im Unterrohr zu verschrauben, spart bei gleicher Akkukapazität ca. 1 kg oder mehr“, so der Produktmanager. Überdies sind für ihn heute Drehmoment und Akkukapazität nicht mehr die alleinigen Kenngrößen im Performance-Bereich. „Hier sind das Gesamtpaket und die Fahr­eigenschaften im Gelände rauf wie runter in Summe viel wichtiger.“ Typische Motoren-Vertreter unter den Full-Power Bikes sind Bosch Performance Line CX und CX Race, Shimano EP8, Yamaha PW-X3, Panasonic GX Ultimate, Specialized 2.2, Brose Drive Smag, Rocky Mountain Dyname 4.0 oder die beiden Neuzugänge Pinion E1.12 und Sram Eagle Powertrain.

Mit Range-Extendern sind heute bis zu 1430 Wh Akkukapazität durchaus drinnen.

Kaufüberlegungen
Entscheidet man sich dazu, ein Full-Power E-MTB sein Eigen nennen zu wollen, stehen neben den Klassikern Geometrie, Größenwahl und Passform sowie der Wahl des richtigen Modells und Federwegs für den vorgesehenen Einsatzzweck drei Dinge besonders im Fokus, wie Benjamin Brochhagen weiß: Da wäre einmal „der schon angesprochene Mittelmotor von einem namhaften Hersteller. Außerdem sollte das Rad hochwertige Scheibenbremsen und hochwertige Schaltungsbauteile aufweisen“, so der Radon-Marketingmanager. Unsere Bremsen-Empfehlung, nicht nur für hohes Systemgewicht: mindestens 200 mm Discs, dazu standfeste und bewährte Vier-Kolben-Bremsen. Außerdem sollte man auf traktionsstarke Reifen setzen, das Plus an Rollwiderstand gleicht der ­Antrieb locker aus und auch beim ­Federweg kann man am Full-Power E-Bike gerne „etwas mehr als nötig“ fahren. Interessant: Hersteller HoheAcht versucht sich am E-Hardtail Amunza mit einem Mix aus starkem Shimano EP8 und leichtem 360 Wh-Akku, balanciert damit an den Grenzen zwischen Minimal Assist – 18 kg Gesamtgewicht in Größe Small – und Full Power – 75 Nm Drehmoment-Konfiguration. Optional stehen mit Range-Extender 720 Wh zur Verfügung.

Unser Rat wie immer: vor dem Kauf ausgiebig probefahren!