Bei Montane-Athletin Jenny Tough scheint das Abenteuer in der DNA verankert zu sein. Ein Streifzug durchs Leben eines Multitalents.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

Jenny Tough. Was sich liest, als wäre es ein für die abstrakten ­Welten der sozialen Medien erdachtes Synonym, ist bei der gebürtigen Kanadierin sowohl urkundlicher Name als auch lebensbestimmendes Programm. „Tough“ übersetzt sich aus dem Englischen mit „knallhart“, „zäh“, „hartnäckig“, „robust“ – kurzum „taff“. Allesamt treffende Synonyme für Toughs unkonventionelle Herangehensweise an ihre sportiven Projekte und Abenteuer in, auf und zwischen „ihren“ Bergen. Mit Anfang 20 frisch von der Uni und gerade zurück in Kanada einfach mal ohne Vorerfahrung und mit aus Youtube-Videos gewonnenem Wissen über das Wechseln von defekten Fahrradschläuchen vollkommen alleine für einen Monat per Bike entlang des Yukon durch die Rocky Mountains – warum eigentlich nicht? Ohne ein eigenes Mountain­bike zu besitzen in eines der vielleicht härtesten Mountainbike-Rennen überhaupt einsteigen? Kein Ding. Mal einfach solo als Fastpackerin durch einige der abgelegensten Gebirgsketten des Planeten laufen? Hart, aber doch machbar. 2020 gewann das Multisporttalent das Atlas Mountain Race, 2021 folgte der Sieg in der Damenwertung des Silk Road Mountain Race, beides Radbewerbe, im Herbst desselben Jahres schloss sie ihr 2016 begonnenes Projekt eine abgeschiedene Gebirgskette auf jedem Kontinent laufend zu durchqueren ab. Expedition Running, laufend und „fastpackend“ bestrittene Expeditionen, stets solo unterwegs – eine Erfahrung, aus der Jenny Tough auch viel über sich selbst und das Leben lernen sollte. „Du findest heraus, aus welchem Holz du geschnitzt bist und wie stark du bist, wenn du alleine unterwegs bist“, erzählt sie über ihre bevorzugte (solo laufende) Fortbewegungsart.

Du findest heraus, aus welchem Holz du geschnitzt bist und wie stark du bist, wenn du alleine unterwegs bist.

Ausdauernde Weltenbummlerin
Adventurer, Storyteller, Mountain Lover – so umreißt Tough ihre Person. In ihrer Jugend war das Laufen für sie nur Mittel zum Zweck, um sich wohler in ihrer eigenen Haut zu fühlen. Mit ihren ersten Auslandserfahrungen wurde das Laufen zum Mittel, ihre nähere Umgebung besser kennenzulernen, zu entdecken. Die Verbindung aus antrainierter Marathon-Fitness und den für sie unverzichtbaren Bergen brachte dem Laufen schließlich eine neue Wendung in Jenny Toughs Leben. Heute hat sie alleine sechs Kontinente bereist, ist neben ihren Lauf- und Rad-Abenteuern respektive Adventure-Races durch den südamerikanischen Dschungel gepaddelt, hat Asien und Patagonien bewandert, mit Haien getaucht, in der Nordsee gesurft und in fünf Ländern gelebt. Ihre Zelte hat die ausdauernde Weltenbummlerin mittlerweile in Schottland aufgeschlagen.

Neben ihren Entdeckungsläufen ging Tough auch immer schon gerne zum Wandern in die Berge – was aber so gut wie immer in einem Lauf endete. So auch auf einem Fünf-Tages-Trip in Patagonien. Ebendort entstand aus ihrer Faszination für entlegene Gebirgsketten die Idee solo und ohne Unterstützung eine solche Gebirgskette auf jedem Kontinent laufend zu durchqueren. Ein Projekt, welches 2016 mit dem Tien-Shan-Gebirge in Asien begann, Tough durch das Atlas-Gebirge in Afrika, die bolivianischen Anden in Südamerika, die Südalpen (jene auf der neuseeländischen Süd­insel, sprich Ozeanien) und die kanadischen Rocky Mountains führen sollte. 2021 schloss sie ihr Abenteuer, das sie sowohl in Videoformat als auch Buchform unter dem Titel „Solo“ in Bild und Wort festhielt, mit den rumänischen Südkarpaten ab.

Ein ganzes Gebirge ohne Unterstützung zu durchqueren, noch dazu, wo viele der Routen, welche sie als Fastpackerin auf ihren Expedition Runs gewählt hatte, noch nie zuvor ausprobiert worden waren, gestaltete sich als Monster-Projekt, wie Jenny Tough erklärt: „Ich habe viele Stunden mit Karten und Satellitenbildern verbracht, um die Routen zu entwerfen und gleichzeitig meinen Körper für diese mehrwöchigen Touren zu trainieren. Außerdem musste ich mich mit Logistik, Vorräten, kulturellen Unterschieden, dem Wetter usw. auseinandersetzen“, erzählt die toughe Abenteurerin von den großen Herausforderungen abseits der eigentlichen sportlichen Leistung. Das nächste große Abenteuer? Ist sicherlich gerade am ­Entstehen. 

Jenny Tough
Jenny Tough

Die gebürtige Kanadierin lebt in Schottland, verdingt sich als Autorin und Rednerin und liebt ausdauernde Herausforderungen. Fastpacking, Laufen, Expedition Running, Gravel- oder Mountainbike – solange ihre geliebten Berge mit im Spiel sind, ist die Abenteurerin Feuer und Flamme. 2021 schloss sie ihr Projekt, auf jedem Kontinent eine entlegene Gebirgskette zu durchqueren, ab.

WEB: www.jennytough.com