Immer mehr Sportuhren können die Herzfrequenzvariabilität bestimmen. Was es mit dieser „HRV“ auf sich hat – und wie man die gewonnenen Daten am besten für sich nutzt.

Lukas Schnitzer
Lukas Schnitzer

HRV, die Herzfrequenzvariabilität (englisch: „heart rate variability“), bahnt sich als weitere physiologische Metrik seit Jahren erfolgreich ihren Weg vom Spitzen- in den Breitensport und darüber hinaus. Wesentlich mitverantwortlich dafür sind die großen Fortschritte im Bereich der Sportuhren und anderen Health-Gadgets. Hast du dir schon mal gewünscht, dein Körper könnte dir täglich beim Aufwachen genau sagen, wie es aktuell – die morgendlich vielleicht spürbare Müdigkeit ausgeklammert – um sein Wohlbefinden, seinen Erholungszustand und seine Leistungsfähigkeit steht? Eine Uhr mit HRV-Funktion weiß unter anderem genau das zu bieten.

Vom ungleichen Schlag
„Die Herzfrequenz gibt vor allem Auskunft über die Quantität bzw. Intensität der Herz-Kreislauf-Beanspruchung – während die Herzfrequenzvariabilität (HRV) zusätzlich über die Qualität der Herz-Kreislauf-Regulation informiert“, erklärt Karen Siems vom Pulsmess-Vorreiter Polar den Unterschied zwischen der klassischen Messmetrik Herzfrequenz und der HRV. Eine hohe HRV, so Siems, gilt in der Regel als Zeichen für ein gesundes und leistungsfähiges Herz. Zusätzlich kann eine hohe HRV als Indikator für eine gute physische und psychische Gesundheit gedeutet werden.

Eine hohe HRV deutet auf ein gesundes und leistungsfähiges Herz sowie eine gute physische und psychische Gesundheit.

Karen Siems, Polar Sportuhren

Wie das mit der hohen respektive niedrigen HRV zu verstehen ist, erklärt sich über eine vielfach übersehene Eigenschaft unseres Herzschlags. Denn auch wenn sich viele den Herzschlag vielleicht konstant wie ein Uhrwerk vorstellen, unterliegt nicht nur die Herzfrequenz den ganzen Tag über einem steten Wandel, sondern auch die Zeit zwischen den Schlägen, welche die HRV beschreibt. Wissenschaftlich ausgedrückt ist die HRV ein Parameter der neurovegetativen Aktivität und autonomen Funktion des Herzens, beschreibt hier die zeitliche Änderung von Herzschlag zu Herzschlag, das sogenannte RR-Intervall. Dabei gibt die HRV auch Einblick in unser autonomes Nervensystem, sprich ins Gleichgewicht zwischen Sympathikus (der den Organismus auf eine Aktivitätssteigerung – „kämpfen oder flüchten“ einstellt) und Parasympathikus (der für die Entspannung zuständig ist).

Bei gesunden Menschen erfolgt der Herzschlag in Ruhe nicht gleichmäßig – sprich: bei einer angenommenen Ruheherzfrequenz von 60 Schlägen pro Minute erfolgen die Schläge nicht exakt mit jeder Sekunde. Vielmehr gelten hier Variationen von über 100 Millisekunden in der Herzschlagfolge als normal und gesund. Sie ergeben sich aus steten Anpassungsreaktionen des Herzens an äußere und innere Faktoren. In der Variabilität spiegelt sie die Anpassungsfähigkeit des Körpers an besagte Faktoren wider. Sind wir erholt und entspannt, schlägt das Herz variabler als unter Stress. Eine hohe HRV deutet, wie eingangs erwähnt, auf einen guten Trainings- und Gesundheitszustand sowie auf hohes Wohlbefinden hin.

Das Herz reagiert also fortwährend auf innere Signale und äußere Einflüsse, was in den fein abgestimmten Variationen der Zeiträume zwischen den einzelnen Herzschlägen als HRV messbar gemacht wird. Karen Siems rät daher dazu, einen Blick auf die Faktoren zu werfen, die unsere HRV beeinflussen, da uns „dies in die Lage versetzt, die unterschiedlichen Ausprägungen der HRV für uns zu interpretieren und eigene Maßnahmen zu erfassen, um die HRV zu erhöhen“. Faktoren, die zu einer Einschränkung (Absenkung) der HRV führen können, sind etwa grippale Infekte, gesundheitliche Beeinträchtigungen, psychischer, mentaler Stress, wiederholt hochintensives Training ohne hinreichende Erholungsphasen, lange Wettkampfserien ohne kompensatorisches Training; Reisestress und Zeitumstellungen sowie Schlafmangel. Umgekehrt können folgende Faktoren zu einer Ausprägung (Erhöhung) der HRV führen: aerobes Ausdauertraining, regenerationsfördernde Maßnahmen (etwa Sauna, Massage). Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation. Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden.

Für wen sich eine Messung lohnt
Egal ob Freizeitsportler, Athlet mit Wettkampfzielen oder „nur“ Gesundheitsinteressierter – prinzipiell sieht Fabian Danner vom Sportuhren-­­Hersteller Garmin die HRV-Messung „für sämtliche Anwendergruppen als interessant, da sie ja im ersten Schritt einen Parameter für die allgemeine Gesundheit darstellt“. So könne eine schwankende HRV beispielsweise ein Indikator für eine Erkältung oder eine Überbelastung im Training sein. Für Nutzer der Garmin-Smartwatches stellt der Wert zudem einen Grundpfeiler für Funktionen und Metriken wie die sogenannte Body Battery dar. Früher waren die Messungen mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden, moderne Wearables wie Sportuhren und Smartwatches, etwa hochwertige Modelle von Garmin, Polar, Suunto, Apple oder Coros, aber auch unauffälligere Tools wie etwa die smarten Ringe von Oura, sowie smarte Apps im Hintergrund haben in den letzten Jahren sowohl die technischen als auch die finan­­­z­iellen Zugangshürden deutlich gesenkt.

Die Funktion
Als „Gold-Standard“ zur Erfassung der EKG-genauen HRV sieht Karen Siems immer noch den Herzfrequenz-Sensor Polar H10. Doch alternativ zum Brustgurt können auch Handgelenksprodukte mittlerweile die HRV sehr exakt abbilden, was unter anderem eine fundierte Schlafanalyse ermöglicht. Wie alle großen Wearable-Hersteller setzt auch Garmin bei der HRV-Messung auf den in der Uhr integrierten optischen Herzfrequenzsensor. Dabei, so erklärt es Fabian Danner, wird der Zeitabstand zwischen den Herzschlägen über Lichtsensoren gemessen, die den Füllgrad der Arterien ermitteln. Für optimale Ergebnisse ist es dabei wichtig, dass die Uhr gut am Handgelenk sitzt und nicht verru­tscht. „Die Messungen sind in der Regel ungenau, wenn die Uhr zu locker sitzt und auf der Haut hin und her rutscht“, so Danners Tipp zur möglichst exakten Messung am Handgelenk.

Am Beispiel Garmin beschreibt Danner auch, wie sich User die HRV-Daten zunutze machen können. Bei Garmin (aber auch bei allen anderen Herstellern, Anm. d. Red.) werden die Daten nicht nur erhoben, sondern auch direkt interpretiert. So fließt die HRV etwa in Metriken wie Garmins Sleep Score, die Body Battery oder die Trainingsbereitschaft ein. Wer tiefer in die Daten eintauchen möchte, für den bietet Garmin auch ein eigenes HRV-Widget, welches direkt auf der Uhr Hinweise zur Interpretation der Daten liefert.

HRV-Daten sind sehr individuell – was für den einen gut ist, kann für den anderen schlecht sein.

Fabian Danner, Garmin Sportuhren

Die Daten bleiben individuell
Abschließend ist es Danner aber auch ein Anliegen, die Individualität der HRV-Daten zu unterstreichen. Was für den einen gut ist, kann für den anderen schlecht sein, weshalb Garmin den HRV-Status erst nach einigen Wochen des Tragens (auch nachts!) anzeigt. Hat man die Daten im Blick, lassen sich nicht nur Infekte und Stressfaktoren rechtzeitig erkennen, sondern mit Erfahrung oder entsprechenden Apps auch Rückschlüsse auf tagesaktuell ideale Trainingsreize machen.

Klingt interessant? Mit den folgenden Produkten kannst du deine HRV-Daten für deine Gesundheit und sportliche Performance nutzen.

Karen Siems

Diplom- Sportwissenschaftlerin und lizensierte Fitnesstrainerin. PR-, Content- und SEO-Managerin bei Polar.

Web: www.polar.com

Fabian Danner

Category Manager von Garmin Sportuhren DACH.

Web: www.garmin.com