Was braucht man für einen Marathon in einer echten Metropole? Monatelange Vorbereitung mit ein paar long Jogs über 30 Kilometer, dann natürlich einen der schwer zu bekommenden Startplätze, Kraft in den Beinen und vor allem gute Nerven. Ganz besonders, wenn es der erste Marathon ist, wie in meinem Fall. Die deutsche Hauptstadt wirbt mit der schnellsten Marathonstrecke dieses Planeten und selbst wenn es heuer nichts wurde mit dem Weltrekord durch die Top-Favoriten Kenenisa Bekele und Wilson Kipsang, so ist dieses Rennen in jedem Fall eines der Superlativen.
Von Wolfgang Kühnelt
Gut 41.000 Starter aus 122 Nationen laufen an diesem sonnigen Sonntag, dem 25. September, über die 42,195 Kilometer quer durch Berlin. Als Newcomer auf der langen Distanz bekommt man einen Platz im letzten Startblock zugewiesen und hat erst mal viel Zeit, die Atmosphäre in der Nähe des Bundestags aufzunehmen. Ein bisschen Small-talk mit Sportfreunden aus aller Herren Länder, berührende Videobotschaften von Familienangehörigen und Freunden sowie eine aufrüttelnde Ansprache des medizinischen Direktors sorgen für Kurzweil. Rund 30 Minuten nach der Elite gehen wir ins Rennen und speziell am Anfang ist die enorme Breite der Straßen ein großer Vorteil. Staus sollten dann erst bei den Verpflegungsstationen in der zweiten Hälfte des Marathons folgen, aber bis dahin geht es zügig zur Sache.
Berlin ist dafür bekannt, dass die Unterstützung am Streckenrand phänomenal ist. Kinder halten einem reihenweise die Pfötchen entgegen, wildfremde Leute brüllen einem anerkennend den eigenen Namen entgegen, Bands sorgen ebenso für Stimmung wie Anrainer, die auf ihren Balkons oder vor ihren Häusern Boxen platziert haben. Während in der Stadt an diesem Wochenende Spanisch die dominierende Sprache ist, so fallen beim Marathon selbst vor allem die Dänen massiv auf. Sowohl bei den Teilnehmern stellen sie ein überraschend großes Kontingent, als auch bei den Zusehern. Japaner, Chinesen, Inder, Amerikaner machen sich ebenfalls deutlich bemerkbar. Nur die Österreicher treten kaum in Erscheinung. Einem einzigen Läufer im rotweißroten Trikot begegne ich, doch als ich ihn anspreche, gibt er sich als Bayer zu erkennen.
Video: Highlights vom BMW Berlin Marathon 2016
Wenn man sich auf einen Marathon einlässt, dann liest man viel von dem Mann mit dem Hammer rund um Kilometer 30, andere Lauffreunde meinten im Vorfeld: „Das Rennen fängt sowieso erst ab Kilometer 35 an!" Nichts davon stimmt glücklicherweise an diesem Tag für mich. Ich dosiere von Beginn an mein Tempo, um die Wunschzeit von 4 Stunden zu erreichen. Und so laufe ich bis Kilometer 30 sorgen- und schmerzfrei vorbei an Sehenswürdigkeiten wie der Siegessäule, dem Reichstag, der Charité und dem Fernsehturm am Alexanderplatz. Da ich zu diesem Zeitpunkt durch viele Trink-, mehrere Pinkelpausen und viele Überholmanöver etwas hinter meiner Wunschzeit liege, gebe ich nach drei Stunden sogar etwas mehr Gas. Bis Kilometer 38 geht das sehr gut, dann merke ich, dass die Distanz doch schon etwas lange wird. Die beste Motivation für das Finale ist dann das Durchlaufen des Brandenburger Tors, von dort sind es nur mehr wenige hundert Meter zur Ziellinie. Mit einer Nettozeit von 4:02:45 habe ich es geschafft, erhalte die große Finisher-Medaille und kann nur mit Mühe die Freudentränen zurückhalten. Danach gibt es ein alkoholfreies Bier vom Ausrüster und ein Treffen mit der Liebsten. Und vor allem die Erkenntnis, dass das wohl der erste, aber sicher nicht der letzte „ganze" war. Danke, Berlin!
Die komplette Ergebnisliste und weitere Infos zur Veranstaltung findest du unter www.bmw-berlin-marathon.com
Auch motivierend ...