Worauf muss ich als nordischer Novize achten, bei Schuhen, Ski, Stöcken, Ausrüstung. Und in welchem Stil soll ich überhaupt mit dem Langlaufen beginnen? Wir haben die Antworten.
Langlaufen ist längst nicht mehr verstaubt oder old-fashioned. 30 Jahre alt ist der durchschnittliche Langläufer zum Beispiel in der Ramsau, einer der größten Langlauf-Destinationen des Landes, Kinderkurse erfreuen sich im ganzen Land wachsender Beliebtheit. Warum also nicht einmal langlaufen probieren? Schont die Gelenke, trainiert den ganzen Körper, ist gut für das Herz-Kreislauf-System und bietet ein einmaliges Naturerlebnis. Wie aber beginnen? Welche körperlichen Voraussetzungen braucht man, worauf sollte man gerade als Einsteiger beim Material achten und überhaupt die Kardinalsfrage: klassischer Stil oder Skating?
Da räumt Reini Kaurzinek von der Langlaufschule fit&fun in Ramsau am Dachstein gleich mit einem Vorurteil auf, das sich in die Köpfe eingefräst hat und das da lautet: Skating ist sportlich, klassisch nicht. „Stimmt überhaupt nicht. Beide Techniken lassen sich extrem sportlich ausüben.“ Trotzdem rät er Einsteigern eher zum klassischen Stil, weil der sich leichter erlernen lässt. „Der einzige Unterschied ist die fehlende Führung“, erklärt der ehemalige Leistungssportler. Während beim klassischen Stil die Loipe den Ski führt, fehlt das beim Skating. „ Diese Gleitphase auf einem Bein macht es anfangs schwieriger.“ Wer aber sportlich ist, eislaufen kann, inlineskaten, oder ein guter Skifahrer ist, der könne durchaus auch gleich in der Skatingtechnik einsteigen. „In Kursen sehe ich sehr schnell, ob jemand dafür geeignet ist. Oft rate ich Leuten nach 30 Minuten in den Klassik-Kurs umzusteigen, weil ihnen der Erfolg beim Skaten fehlt und sie dadurch Spaß und Motivation verlieren. Beginnen kann jeder, der schmerzfrei ist. „Für Leute mit Rückenproblemen ist klassisch sicher die bessere Variante, weil durch die harmonische Bewegung die Lendenwirbelsäule mobilisiert wird.“ Tipp: Wem der Arzt rät aufs Gesäß zu achten, kann mit einer Protektorhose Steißbein und Hüfte stützen.
Ski
Bei der Ausrüstung empfiehlt er zu Beginn einen Fell- oder Schuppenski. „Leider werden immer weniger Schuppenski produziert, Handel und Industrie setzen voll auf den Fellski“, sagt Kaurzinek. Seit einigen Jahren boomt diese Variante, bietet das Fell in der Steigzone in der Mitte des Skis gute Steigeigenschaften und stört auch im Flachen oder bergab nicht. „Wenn der Ski exakt zum Läufer passt“, schränkt er ein. Beim Kauf sollte man unbedingt auf eine Härtetest achten. Die Ski gibt es für bestimmte Gewichtsbereiche. „Sagen wir, ein Ski ist für 60 bis 70 Kilogramm. Jetzt kann es sein, dass der Ski innerhalb dieser Kategorie eher weich ist, also für 63 Kilo optimal passt, für 69 aber schon überhaupt nicht mehr und dann in der Ebene oder bergab schlechter gleitet.“ Was noch zu verschmerzen wäre. „Problematisch wird es beim Spurwechsel oder wenn man aus der Loipe raus muss. Dann setzt das Fell zu sehr aus und es stoppt dich extrem her. Das führt dann sehr oft zu Stürzen. „Besonders wenn du Anfänger bist und nicht damit rechnest, dass der Ski so abrupt bremst.
Spielt beim Diagonalstil die Skilänge eine untergeordnete Rolle, kommt ihr beim Skating deutlich mehr Bedeutung zu. „Für Anfänger gilt bei der Länge die Formel: Körpergröße plus 5 Zentimeter. Fortgeschrittene nehmen ihn 10, gute Langläufer 15 Zentimeter länger. „Am Anfang tendiert man vor allem bergauf die Schrittstellung zu breit zu machen und steigt sich auf die Enden. Dann watschelt man nur mehr dahin.“
Schuhe
Besonders wichtig sind die Schuhe. Da empfiehlt Kaurzinek Modelle mit einer Schale und nicht nur Kunstlederschuhe. „Die werden durch Wärme und Nässe schnell weich und dann hat man keinen Halt mehr. Die Belastung steigt damit ebenso wie die Sturz- und Verletzungsgefahr. Skatingschuhe eigenen sich übrigens nicht. „Sie bieten zwar Halt, haben aber eine harte Sohle, die beim klassischen Langlauf hinderlich ist. „Die müssen sich biegen, damit man die Kraft optimal auf den Ski bekommt.“ Wer eventuell auch einmal die andere Technik probieren möchte, kann zu einem Kombischuh greifen. Für den kompletten Umstieg braucht es dann auch den speziellen Schuh. „Sonst hat man einfach keine Freude am Langlaufen.“
Wie schon erwähnt hat der Skating-schuh eine harte Sohle, der Schaft geht über Knöchelhöhe hinaus und hat ebenfalls eine Kunststoffschale für besseren Halt. Nach oben hin sind preislich fast keine Grenzen gesetzt, der Anfänger braucht aber keinen Vollkarbonschuh. Empfehlenswert sind dagegen geformte Schuheinlagen, die das Fußgewölbe unterstützen. Langlaufschuhe haben meist kein vernünftiges Fußbett.
Klassik-Schuhe müssen sich biegen, um die Kraft optimal auf den Ski zu bekommen.
Stöcke
Bleiben noch die Stöcke. Beim Einsteiger noch kein so großes Thema. „Hier sind Alustöcke ganz sicher ausreichend und die wesentlich günstigere Wahl als die Vollkarbonmodelle. „Der Gewichtsunterschied fällt beim Einsteiger nicht ins Gewicht, weil man anfangs nicht stundenlang und auf Tempo unterwegs ist. Achten sollte man auf spezielle Schlaufen, bei denen der Daumen von den Fingern getrennt ist. „Und am allerbesten sind solche, die man per Klick vom Stock trennen kann ohne rausschlupfen zu müssen.“ Trinken, Naseputzen, Brille reinigen – geht dann alles mit Schlaufe. Wer das einmal probiert hat, möchte es nie wieder anders. Praktisch alle namhaften Hersteller haben solche Griffe im Angebot. Und die Länge? Klassisch minus 30 cm von der Körpergröße, Skating minus 20 cm.
Bekleidung
Funktionswäsche aus Transtex-Materialien haben sich bewährt. „Am besten noch Jacken oder Westen mit Windstopper, damit ist man für wechselnde Bedingungen sehr gut gerüstet“, erklärt Kaurzinek. Auf keinen Fall Ski- oder Winterjacken tragen. Erstens ist die Beweglichkeit eingeschränkt. „Zweitens überhitzt man schnell, was zu einem Leistungsverlust führt. Auch keine dicken Handschuhe verwenden, mit denen kommt man nicht mehr in die Schlaufen. „Wer wandert, Rad fährt oder läuft, kann die warme Bekleidung aus diesen Sportarten auch sehr gut beim Langlaufen verwenden. Wozu Kaurzinek auch rät: Protektorhosen.
Brille
Kaurzinek empfiehlt zumindest eine Sonnenbrille. Wind und Schneefall sind für das Auge unangenehm, strahlender Sonnenschein kann durch die Reflexion vom Schnee zu Schmerzen und Schneeblindheit führen. Teurere Langlaufbrillen sind dann Skibrillen ähnlich, mit dem Unterschied, dass man die Scheibe hochklappen kann. „Durch den größeren Abstand zu den Augen beschlagen diese Modelle auch so gut wie nie.“
Wachs
Ohne Pflege nützen der beste Ski und die beste Loipe nichts. „Vor dem ersten Gebrauch sollte der Belag gleich mit Heißwachs behandelt werden“, rät Kaurzinek. „Sonst verunreinigt er und das bekommt man nie wieder raus. Klassiker sollten danach flüssiges Paraffin auf den trockenen Ski auftragen. Am besten eine Stunde, bevor es in die Loipe geht.“ Nach rund 60 Kilometern sollte der Ski dann wieder mit eingebügeltem Heißwachs behandelt werden. Wer das nicht selbst machen möchte, kann das in Sportgeschäften und Verleihstationen machen lassen. „Aber dezidiert Heißwachs verlangen“, sagt Kaurzinek. Skatern bringt das Paraffin nichts, dieses eignet sich nur für wenige Kilometer ohne Verbesserung der Gleiteigenschaften. Also – siehe oben – Heißwachs alle 50 bis 60 Kilometer.