Wir alle können es seit unserem ersten Lebensjahr – und trotzdem kann man beim Laufen viel falsch machen. Der SPORTaktiv-Selbsttest zeigt, wie man sich mit einer Laufanalyse und entsprechendem Training eine Menge Schmerzen ersparen kann.
Von Klaus Molidor
Was kann man beim Laufen schon falsch machen? Linker Fuß vor, rechter Fuß vor, linker Fuß, rechter Fuß, links, rechts.
Das ist ja das Schöne am Laufen, dass du nichts können musst – vom Maschenbinden vielleicht einmal abgesehen. Schuhe an und los geht's. Tja. So weit, so gut. Nur stellt sich nach zwei Halbmarathons und ein paar kleineren Läufen heraus: Die Sache ist doch nicht so einfach! Schmerzen, die vom Sprunggelenk nach oben ziehen und auch nach langer Pause nicht verschwinden, treiben mich auf ärztliches Anraten zur professionellen „Laufanalyse".
Bei der Analyse stellt die Sportwissenschafterin Elisabeth Gruber dann schnell fest: „Dein Fußgewölbe ist zu schwach. Aber das lässt sich mit einigen Übungen, die noch dazu die Beine perfekt für das Laufen aufwärmen, gut trainieren."
Schon schwieriger wird es beim Laufstil. „Du landest auf der Ferse und bremst dich damit selbst ein. Außerdem werden so die natürlichen Dämpfungssysteme nicht ausreichend aktiviert", diagnostiziert Gruber. Das „Ja, wo denn sonst" verkneife ich mir und lausche. „Optimal wäre es mit Vor- oder Mittelfuß aufzukommen." Das können wir eigentlich von Klein auf an. Wer Kinder laufen sieht, merkt: Keine Spur von Fersenlandung. Erschwert wird das heute aber auch durch die Laufschuhe. „Die sind oft so dick gedämpft, dass ein natürlicher Fußaufsatz gar nicht mehr möglich ist. Da unsere Strukturen für das Vorfußlaufen meist nicht ausreichend trainiert sind, arbeiten wir als Kompromiss an der „neutralen" Mittelfußlandung. „Das ist schnell gelernt, bis man das aber verinnerlicht und automatisiert hat, dauert es viele tausend Schritte", weiß die Expertin. Zwei Monate später geht das aber schon ganz gut – die Schmerzen sind weg, und die Erkenntnis da, dass zum Laufen eben doch mehr gehört als nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. „Auch Rumpfstabilität ist ganz wichtig", sagt Elisabeth Gruber, die im Institut von Ex-Leichtathlet Gottfried Wittgruber in Graz Läufer vom Anfänger bis zum Profi betreut.
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Auch die Beinachse muss stimmen. „Dein linkes Knie knickt nach innen", sagt Gruber und zaubert meinen neuen besten Freund aus der Tasche: das Theraband. Auch dafür hat Gruber eine Vielzahl von Übungen parat, die von Kniebeugen auf einem Bein, bis zum Sumo-Gang mit Theraband reichen: Dabei bindet man das Band unter den Knien zusammen, stellt sich breitbeinig hin und macht dann – wie die Sumo-Ringer – breite Schritte vorwärts und seitwärts.
Auf den Punkt gebracht: In Summe erhöht sich mein Trainingsaufwand durch die empfohlenen Übungen um ein, zwei Stunden pro Woche. Aber das Laufen macht dafür wieder viel mehr Spaß – und die Schmerzen sind weg. Die „Laufanalyse" beim Profi hat sich also für mich als Hobbyläufer mehr als bezahlt gemacht!
DAS GEFÜHL FÜRS LAUFEN
Barfuß zu laufen ist eine gute Übung, um wieder ein Gefühl für den optimalen Laufstil zu bekommen. Weil die Dämpfung wegfällt, spürt man sofort, dass eine Landung auf der Ferse den Schwung eher abbremst und auch für Erschütterung sorgt und sich somit unangenehm anfühlt.
Die Übung: Zum Aufwärmen und Auslaufen hin und wieder – und am besten auch barfuß – rückwärts laufen. Das stärkt die für das Laufen wichtige Strukturen und beugt Verletzungen vor.
DIE KÖRPERHALTUNG
Den Bauchnabel ein wenig einziehen, der Oberkörper wird leicht nach vorne gebeugt. Dadurch nutzt du die Schwerkraft und „fällst“ praktisch in den nächsten Schritt. Außerdem landest du dadurch leichter auf dem Mittel- oder Vorfuß, und nicht auf der Ferse. Der Kopf bleibt in Verlängerung der Wirbelsäule.
DIE ARMTECHNIK
Auch die Armhaltung ist entscheidend für ein ökonomisches Laufen. Der Winkel zwischen Unter- und Oberarm sollte weniger als 90 Grad betragen – das sogenannte „Läuferdreieck“. Dieses sollte aktiv eingesetzt werden. Mit der Armarbeit kann die Freuquenz, als auch die Schrittlänge beeinflusst werden. Die Arme sollten locker schwingen, ohne dass der Rumpf zu viel rotiert. Wer testen will, wie die Schultern optimal schwingen, läuft am besten ein paar Schritte und legt dabei die Hände rechts und links neben das Brustbein.
Die Hände sollten entspannt sein, die Daumen ganz locker auf den Zeigefingern ruhen. Ein Tipp: Finger einmal total durchstrecken und dann locker lassen – so ergibt sich die Optimalhaltung von selbst.
DIE LANDUNG
Beim Laufen macht die richtige Landung enorm viel aus. Wer auf der Ferse landet (erstes Foto unten), bremst seinen Schwung, braucht also viel mehr Kraft für den Vortrieb; außerdem werden die natürlichen Dämpfungssysteme wie Fußgewölbe oder Wadenspannung nicht ausreichend aktiviert. Daraus folgt eine Mehrbelastung der Sprunggelenke, Waden, Knie, Hüfte und Wirbelsäule. Das kann auf Dauer Probleme verursachen.
Mittelfuß-Landung (zweites Foto): Der Kompromiss aus Fersen- und Vorfußlauf ist deutlich angenehmer für die Gelenke. Vorfuß-Landung (drittes Foto): „Eigentlich das Optimum“ sagt Gruber. Nur: Von Ferse auf Vorfuß umzustellen ist für Hobbyläufer nicht empfehlenswert, da das Vorfußlaufen eine extrem gute Athletik voraussetzt.
DIE BEINACHSE
Eine gute Übung für die Beinachse: Binde ein Theraband knapp unterhalb der Knie zusammen. Im hüftbreiten Stand das Gewicht auf ein Bein verlagern und das andere ein paar Sekunden abheben und wieder abstellen. 15 bis 20 Wiederholungen mit jedem Bein, drei Durchgänge.
Entscheidend: Immer darauf achten, dass die Knie nicht nach innen knicken!
Coach & Schüler | ELISABETH GRUBER ist Sportwissenschafterin in Graz und selbst aktive Triathletin. KLAUS MOLIDOR ist Sportredakteur bei der Kleinen Zeitung und leidenschaftlicher Hobbyläufer. |
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