Österreichs höchster Berg ist auch Kulisse für einen der härtesten Ultra-Trails im Land. Unser Redakteur gab sich den „GGUT" als Teil einer Zweier-Staffel.
Von Klaus Höfler
Kleiner Tipp: Erst das Kleingedruckte lesen, bevor man sich auf ein Rennen namens „Großglockner Ultra-Trail (GGUT)" einlässt. Hinter all den appetitanregend aufgelisteten Infohappen über die landschaftlichen Reize – „durch sieben Täler, drei Bundesländer, vorbei an 14 Gletschern und dreihundert 3000er-Gipfeln" – sind nämlich die Hardfacts „versteckt": 110 Kilometer, 6500 Höhenmeter. Na bumsti!
Selbst wenn man die Strecke in einem zweiköpfigen Team absolviert, bleibt da für jeden noch ausreichend Herausforderung über. Insbesonders wenn einem die Ehre des Startläufers anvertraut wird. Denn es ist eine brüderliche, keine gerechte Aufteilung der Strapazen. Während der Schlussläufer noch durchaus knackige 50 Kilometer samt 2000 Höhenmeter zu absolvieren hat, warten auf den Startläufer 60 Kilometer mit 4500 Höhenmetern.
Das alles rund um Österreichs ultimativen Bergriesen. Kein Spaziergang, aber die perfekte Kulisse für glitzernde Gletscherfelder, herrschaftliche Gipfelketten und einen malerischen Sonnenaufgang im Glocknermassiv. Die Aussicht auf derartige Wunderbarkeiten der Natur macht hungrig auf Abenteuer. Und so stehe ich an diesem Freitag Ende Juli kurz vor Mitternacht auf einem Parkplatz vor den Toren Kapruns inmitten einer Meute von Ultramaniacs und fiebere wie sie dem Glockner Ultra-Trail entgegen.
Neben dem Trost, im Vergleich zu den „echten" Ultraläufern eh nur die Hälfte der Strecke absolvieren zu müssen, lädt das Antreten als Staffel auch einen gewissen Druck in den Rucksack. Immerhin wartet da ja einer auf der anderen Seite des Bergmassivs ... Damit zerbröselt auch das Hadern mit der Wettervorhersage: Regen. Wind. Nebel. Kälte. Und das alles zunächst gut getarnt im pechschwarzen Mantel der Nacht.
Schon kurz nach dem Start in Kaprun fordert die Strecke erstmals die Anstieg- und Abstieg-Qualitäten. Durch den Wald geht es in engen Serpentinen die ersten 1000 Höhenmeter nach oben, bevor die Route ebenso steil nach Fusch abfällt. Ab Kilometer 30 biegt sich die Route dann richtig in den Himmel. Bis auf 2663 Meter schraubt sich der Trail auf den nächsten zehn Kilometern rauf zur Unteren Pfandlscharte. Zur Draufgabe können wir auch noch unsere Trittsicherheit auf rutschigem Schnee testen. Die Belohnung: der kurze Blick zurück auf eine Stirnlampenkolonne, die sich wie ein endloser Leuchtwurm hinter einem die Flanke heraufschlängelt. Im Laufe der folgenden Downhillpassage zum Glocknerhaus ist die Morgendämmerung mittlerweile in einen grauen Hochnebelhimmel übergegangen.
Leider – kein dramatischer Sonnenaufgang hinter steilen Bergflanken. Nach Queren der Staumauer beim Glocknerhaus bleibt aber ohnehin wenig Muse. Stattdessen die nächste steile Bergaufpassage über die Salmhütte zur Pfortscharte. Mit 2828 Metern haben wir das „Dach der Tour" erreicht und die wenigen Lücken zwischen den Regenwolken lassen erahnen, durch welch beeindruckende Hochalpinkulisse sich das Teilnehmerfeld hier quält.
Knie, Oberschenkel und Wadeln erinnern einen eindrücklich, dass man sich der 50-Kilometer-Marke nähert. Nach dem Lucknerhaus warten aber noch die letzten 300 Höhenmeter. Statt schroffem Geröll geht es jetzt über weiche Almen, bevor der finale Abstieg nach Kals folgt und ich den wartenden Staffelpartner auf die Reise zurück nach Kaprun schicke. Wie dieser zweite Streckenabschnitt ist? Erkunde ich dann nächstes Jahr (27.–29. Juli 2018) ...
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