Viele Regionen haben erkannt, dass sie mit Mountainbikern im Sommer das ­Wintergeschäft gut ergänzen können. Und was ist absolut unverzichtbar als Bikeregion? ­ Klar – ein geiler Trail. So entstehen immer mehr Bikewege in unterschiedlichen ­Varianten. Doch wer baut diese Trails eigentlich, und wie? Das ist der Job von Trailbauern – wir haben uns mit drei von ihnen unterhalten.

Von Wolfgang Preß


Frage einen Biker auf einem beliebigen Trail in den Alpen: „Wie muss dein idealer Trail sein?" Die Antwort darauf wird meist ähnlich ausfallen – egal, ob Einsteiger, Flow Rider oder routinierter Downhill-Shredder: „Geil muss er sein!" Nachfrage: „Wie genau?" Da wird's dann schon schwieriger. Flowig soll er auf jeden Fall sein, meistens eher schnell und mit einer Jump-Line mit schönen Sprüngen – mal höher, mal weiter, je nach Können. Und möglichst lang soll er klarerweise auch sein ...

Klingt alles ein wenig nach der eierlegenden Wollmilchsau. Und das ist es letztlich auch, was derzeit in Sachen Biketrails besonders gefragt ist: „Wir brauchen einfache Trails, die Jedermann-Biker in die Parks locken", sagt der Münchner Streckenbau-Guru Diddie Schneider: „Aber der Trail soll gleichzeitig auch Könnern Spaß machen und natürlich möglichst viel Flow bieten."

DAS FLOW-COUNTRY-KONZEPT
Diddie hat im vergangenen Sommer zusammen mit seinem Freund, der Bike-Legende Hans „No Way" Rey, am Petzen in Kärnten die längste „Flow Country"-Strecke Europas gebaut: Zwölf Kilometer lang, bis zu drei Meter breit, gespickt mit Wellen und Anliegern, wie die überhöhten Kurven bei den Bikern heißen. Drei Jahre dauerte das Projekt von der Planung bis zur Eröffnung, acht Monate lang baggerte, schaufelte und shapte Schneider mit vielen Helfern vor Ort.

Die Idee für die „Flow-Country-Trails" stammt von Hans Rey, erzählt Diddie: „Vor fünf Jahren erzählte mir Hans seine Idee eines flowigen Trails, den jeder Biker mit Spaß und geringem Risiko fahren kann. Er fragte mich, wie ein solcher Trail wohl aussehen könnte."
Das Ergebnis der gemeinsamen Denkarbeit: keine Drops, keine Stufen oder andere, schwierigen Stellen. „Spaßfaktor hoch, Risiko niedrig – das ist Flow-Country", sagt Diddie: „Auch Familien und Kinder müssen hier gefahrlos fahren können."

Ist das der Trend im Trailbau? Wer als Bikepark-Betreiber wirtschaftlich denkt, wird „Trails für jedermann" bauen, bestätigt Schneider: „Der anhaltende Enduro-Hype lockt auch viele Leute in die Parks, die noch nicht so gut fahren können. Diese Zielgruppe will Spaß haben, ohne hohes Risiko. Und ich glaube, dass diese Gruppe in den nächsten Jahren weiter wachsen wird."

MÜHEVOLLE PLANUNGSPHASE
Ähnlich sieht die Entwicklung Philipp Wiedhofer, der mit seiner Firma „Wexl Trails" den Bikepark Semmering geshapet hat und derzeit in St. Corona in Niederösterreich diverse Trails plant: „Ein gut gebauter Trail macht möglichst allen Spaß – vom Anfänger bis zum Könner. Und ein guter Bikepark bietet Lines für alle Nutzer, vom Kids- Trail über leichte Flowtrails bis zu technischeren Natur- oder echten Jump-Trails."

Bis der erste Biker den Trail shreddet, gibt's aber eine ganze Menge zu tun – das weiß jeder Trailbauer. Viele vermeintliche „Kleinigkeiten" sind zu berücksichtigen: Grundeigentümer, Schutzgebiete, Naturschutz, Wanderer, Geologie, Weide- und Jagdrechte, Waldarbeiten, Bäume. Und letztlich auch das Budget.

Philipp Wiedhofer: „Da ist schon im Vorfeld eine Menge zu planen: geeignete Nutzungszonen definieren, eventuelle Nutzerkonflikte regeln, Grundbesitzverhältnisse klären, ebenso Auflagen von Forst-Behörden und Naturschutz. Dann muss man ein Sicherheitskonzept erstellen und die Anbindung an die Infrastruktur untersuchen. "

Erst dann geht es ab ins Gelände, weiß Wiedhofer: „eingrenzen, wo gebaut werden darf, das Strecken-Layout und das gewünschten Gefälle festlegen und abstecken, das Ganze mit GPS tracken, und schließlich den Streckenplan erstellen." Je nach Traillänge und Kooperationsbereitschaft der Beteiligten kann das in drei Monaten über die Bühne gehen, so Wiedhofers Erfahrung. Nachsatz: „Es kann aber auch wesentlich länger dauern ..."

GEDULD IST GEFRAGT
Dem kann Streckenbauer Peter Fernbach aus Schladming (Steiermark) nur zustimmen: „Von der Erstbesichtigung bis zum Baustart vergehen nach meinen Erfahrungen selten weniger als sechs Monate. Es können auch mal drei Jahre vergehen, je nach Umfang und Herausforderungen."

Was macht am meisten Probleme? Fernbach, der mit seiner Firma „Alp­reif" unter anderem die renommierten Bikeparks auf der Schladminger Planai oder in Wagrein (Salzburg) und als jüngstes Projekt den Bikepark am Wurbauerkogel in Oberösterreich (Foto) realisiert hat, meint dazu: „Nach der Strecken-Markierung erfolgt die Vor-Ort-Besichtigung mit den jeweiligen Grundbesitzern. Erst wenn alle ihr ‚Okay' mittels Unterschrift am Plan gegeben haben, können die Unterlagen den Behörden zur Genehmigung vorgelegt werden. Je nachdem, wie viele Besitzer es gibt, kann das dauern."

Dann kommen noch die Besichtigungen mit Behördenvertretern und Sachverständigen, weiß Fernbach: „Erst danach wird ein Bescheid ausgestellt, der allerdings wiederum Auflagen enthalten kann, die zu beachten sind. Erst dann können wir mit dem Bau beginnen."

DREI WOCHEN PRO KILOMETER
Nun kommt also der sichtbare Teil des Trailbaus. Das kann je nach Lage, Geologie, Maschinen-Einsatz und Budget unterschiedlich lang dauern; in der Regel, und je nach Wetter zwischen wenigen Monaten bis zu einem Dreivierteljahr. Zum Einsatz kommen dabei beispielsweise Drehkranz- und Spinnen-Bagger, Radlader, Raupen-Dumper, Mini-Bagger und, ganz wichtig, die Rüttelplatte, um den Boden zu verfestigen. Aber auch „hemdsärmelig" mit Krampen und Schaufel wird gewerkt ...

Je nach Anlage, Länge und Gelände rechnet Peter Fernbach mit drei bis vier Wochen pro Kilometer: „Es kommt vor allem aufs Wetter an, aber auch auf den Maschinen- und Personal-Einsatz, der sich aus dem Budget ergibt. Und ein naturbelassener Singletrail lässt sich schneller bauen, ein Jumptrail mit viel Erdbewegungen dauert länger."

Philipp Wiedhofer: „Eine Rolle spielt auch, wie oft in der Bauphase nachjustiert werden muss. Zwar so wenig wie möglich, aber es passiert doch öfters, dass etwas geändert werden muss. Zudem muss laufend auf die Gegebenheiten des Bodens reagiert werden."

15 BIS 80 EURO PRO METER
Die Gesamtkosten für einen Trail können bis zu 200.000 Euro betragen – soviel hat in etwa der Petzen-Trail gekostet. Was macht den Trailbau teuer? Diddie Schneider: „Die Maschinenmiete macht locker 35 Prozent der Gesamtkosten aus. Für den Übungsparcours im Bikepark Schöneck etwa kamen allein fast 20.000 Euro Betriebskosten zusammen, also für Öl, Sprit, Fett, Ketten. Dazu 40.000 Euro für LKWs und Material. Noch ein Beispiel: Für die Downhill-Strecke in Willingen mussten wir 700 LKW-Ladungen Erde herankarren. Da landet man schnell bei solchen Summen."

Philipp Wiedhofer und Peter Fernbach rechnen je nach Anlage und Gesamtlänge mit 15 bis 80 Euro pro laufendem Meter. Mit dem Bau allein sind die Kosten aber noch nicht am Ende: Der Trail muss gepflegt und erhalten werden. Auch das kostet durchaus, weiß Philipp Wiedhofer: „Grob kann man sagen, dass sich die jährlichen Wartungskosten auf fünf bis 15 Prozent der Errichtungskosten belaufen. Je besser die Planung und je nachhaltiger der Bau, umso geringer sind die Folgekosten. "

Wesentlich für die Erhaltungskosten ist die Anlage des Trails, was Neigung, Wasserführung, Aufbauten und Material betrifft. Daher sollte das maximale Gefälle nicht über 15 Prozent betragen, um die beiden „Hauptfeinde" des Trails, Wasser und Brems­spuren, in Schach zu halten. „Gut erhaltene Trails, auch bei hohem Nutzungsgrad, sind das Zeichen eines professionellen Trail-Baus", sagt Diddie Schneider: „Und natürlich die Begeisterung der Biker ..."


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