Manche Biker fahren immer nur ihre Hausrunde. Andere orientieren sich einfach am Hinterrad des Vordermanns. Geht natürlich auch. Für alle, die sich aber auch selbst mit dem Planen von und dem Orientieren auf Biketouren in unbekannten Regionen oder im alpinen Gelände beschäftigen wollen, haben wir vom Naturfreunde-MTB-­Experten Bernhard Rauch die wichtigsten ­Tipps eingeholt.

Von Christof Domenig


Unabhängig davon, ob per Bike oder zu Fuß, haben Touren im Gebirge alle die selben Grundgesetze: Eine sorgfältige Tourenplanung gehört ebenso dazu wie eine Notfallausrüstung und die Fähigkeit, sich im unbekannten Gelände zurechtzufinden.

Einen wesentlichen Unterschied zwischen Bergtour mit und ohne Bike gibt es aber bekanntlich schon – und zwar „österreichspezifisch": Die Legalität der Wege. „Das Angebot legaler Bikerouten in Österreich ist mittlerweile aber schon verhältnismäßig groß. Allein auf www.tourenportal.at, dem Tourenportal der Naturfreunde, sind beispielsweise fast 1.000 Biketouren gespeichert. Davon auch viele im ‚richtigen' Gelände. Andererseits ist in manchen angrenzenden Ländern wie Italien oder Tschechien das Wegenetz freizügiger – gerade, was das Befahren der bei Mountainbikern beliebten Trails betrifft", fasst Naturfreunde-Bike-Experte Bernhard Rauch den „Ist-Stand" zusammen.

Während aber der „Wegestreit", der die Szene und speziell auch die Naturfreunde Österreich in den letzten Jahre beschäftigt hat, auf Eis liegt (nur zur Klarstellung: Die unverändert aufrechte Naturfreunde-Forderung betrifft die allgemeine Freigabe von Forststraßen, nicht von Wanderwegen), haben wir nach den wichtigsten Tipps für die Planung von und das Orientieren auf Biketouren gefragt. Denn Fakt ist, dass der Trend beim Biken auch in höhere Regionen geht, dass Alpenquerungen unverändert ein Traumziel vieler Biker sind – und dass dort oben auch auf den Bikewegen gewisse „Spielregeln" herrschen. Und wer nicht immer nur anderen nachfahren, sondern selbst den Weg vorgeben will, sollte diese Regeln auch kennen.

DIE TOURENVORBEREITUNG
Legale bikewege finden – wie geht's? „Hochwertige Tourenportale mit professionell geprüftem Inhalt wie unser Naturfreunde-Portal, aber auch MTB-Karten und -führer von einer offiziellen Quelle – zum Beispiel von einem Tourismusverband: Das sind gute Quellen, die in der Frage der Legalität absolut vertrauenswürdig sind", beurteilt Bernhard Rauch die Lage. In den Tourismusregionen werden kleine, lediglich auf die Region des Aufenthalts angepasste Karten benutzt. „Dies gestaltet sich als einfache Lösung und ist in der Regel zweckdienlich – vergleichbar mit einer Skigebietskarte im Winter", weiß Bernhard Rauch.

Zur Vorsicht rät er bei „User Generated Content" – also etwa bei Portalen, auf denen jeder GPS-Tracks von seinen gefahrenen Touren raufladen und mit anderen teilen kann. Nicht jede Tour, die ein Biker einstellt, muss auch auf legalen Wegen stattgefunden haben. Auch bei älteren Karten oder Bikeführern könne es schon vorkommen, dass Genehmigungen mittlerweile ausgelaufen sind: „Da empfiehlt es sich, in der Region nachzufragen, ob einmal freigegebene Wege heute auch noch befahren werden dürfen."

DIE ECKDATEN HERAUSFINDEN
Länge und Höhenmeter müssen bekannt sein. Und es gilt, sie mit den eigenen Fähigkeiten in Einklang zu bringen. In Tourenbeschreibungen angegebene Fahrzeiten sollte man lediglich als „Richtwert" betrachten.

DER SCHWIERIGKEITSGRAD
„An Klassifizierungen wie blau, rot und schwarz kann man sich grob orientieren, aber einfach verlassen sollte man sich nicht darauf, wenn man die Route nicht kennt." Die Gesamtschwierigkeit einer unbekannten Tour ist jedenfalls nicht ganz einfach einzuschätzen – Berhard Rauchs Tipp: „Sich an den Rohdaten – Kilometer, Höhenmeter, Gelände – orientieren und diese in Relation zum realistisch eingeschätzten Eigenkönnen stellen."

DIE SELBSTEINSCHÄTZUNG
Da ist vor allem Ehrlichkeit zu sich selbst gefragt: Bernhard Rauch empfiehlt dazu ganz pragmatisch: „Vergleicht euch mit anderen Bikern in eurem Bekanntenkreis. Schon die Jahreskilometer und -Höhenmeter geben einen gewissen Anhaltspunkt: Es ist eher utopisch, gleich stark wie ein Kollege zu sein, der fünf Mal so viel am Bike sitzt."

DIE GRUPPENZUSAMMENSETZUNG

Als ideale Gruppengröße nennt der Naturfreunde-Experte drei bis sechs – möglichst homogene – Biker. Bei größeren Gruppen muss man Zeit für Verzögerungen einberechnen. Und wenn nicht alle gleich gut drauf sind? Orientiert man sich am Schwächsten.

DAS PASSENDE KARTENMATERIAL

Unverzichtbar auf Tour, aber auch schon in der Planung. Bike-Karten im Maßstab 1:25.000 empfiehlt der Naturfreunde-Experte. „In den speziellen Karten für Biker sind die offenen Trails und Tracks einer Region verzeichnet." Eine Karte auch lesen zu können, etwa Geländeformen anhand der Höhenlinien zu erkennen, Weglängen und Höhenmeter herausmessen zu können, ist keine Selbstverständlichkeit – aber bei der Planung wie dann auf der Tour selber wichtig. Alpine Vereine wie die Naturfreunde bieten entsprechende Kurse an.

GPS-DOWNLOAD

„Nach meiner Beobachtung verwendet bestimmt mehr als die Hälfte der Biker heute GPS", sagt Bernhard Rauch. In der Planungsphase können einzelne Wegpunkte eingespeichert werden. Oder man lädt sich eine komplette Tour aufs Gerät, der man dann folgen kann.

HÖHENPROFIL AUSDRUCKEN

In einer Kunststoffhülle eingeschweißt und am Lenker befestigt, leistet der Blick auf den Geländeverlauf dann unterwegs gute Dienste: „Es hilft, die Kraft einzuteilen, und man kann sich mental schon auf die nächsten Höhenmeter vorbereiten."

WETTERPROGNOSE BEACHTEN

Ein wesentlicher Teil jeder Tourenvorbereitung – die natürlich auch für Biker gilt. Umso mehr, wenn es in Richtung Ganztages- oder Mehrtagestour geht.

AUSRÜSTUNG CHECKEN

Die Ausrüstungsliste für Biker variiert natürlich nach Tourlänge. Immer mit dabei „abseits der Zivilisation" sollten aber sein: Orientierungsmittel (Karte, evt. GPS-Gerät), Verpflegung, Wetterschutz, Erste-Hilfe-Paket, Werkzeug und Material für die wichtigsten Reparaturen sowie ein Handy.

ORIENTIEREN MIT KARTE
Auch wenn man nur einem GPS-Track oder der Beschilderung (die meisten offiziellen Bikerouten sind in der Regel sehr gut beschildert) nachfährt: Eine Karte sollte immer mit dabei sein und natürlich auch der Umgang damit beherrscht werden. „Der wichtigste Punkt ist die Bestimmung des eigenen Standorts. Ein Schild kann man immer mal bei einer Abzweigung übersehen – und es gibt leider auch das Phänomen ‚versetzter' Schilder. Daher sollte man generell laufend seinen Standort kontrollieren.

Mit einfachen Übungen wie dem Benennen umliegender Berggipfel, dem Verfolgen von Gewässerverläufen und anderen markanten Merkmalen kann man das auf bekannten Touren schnell erlernen und bekommt Sicherheit", empfiehlt der Naturfreunde-Experte.

ORIENTIEREN MIT GPS-GERÄT
So lange alles funktioniert, eine gute Sache – die Karte ist aber als „Backup" bei einem technischen Ausfall unverzichtbar. „Das Gerät sollte am Lenker montiert sein und die Kartenansicht ein wenig herausgezoomt, um nicht nur den Wegverlauf, sondern auch umliegende Landschaftsmerkmale wahrnehmen zu können", rät Bernhard Rauch.

APP ODER "ECHTES GPS"?
„Das große Problem bei Smartphones ist nach wie vor die Akkulaufzeit. Mein Tipp für Smartphone-Nutzer wäre, auf jeden Fall einen Akkupack und eine Karte mitzuführen." Was man auch bedenken sollte: Es gibt zwar Smartphone-Halterungen für den Lenker, aber im Fall eines Sturzes ist das GPS-Gerät sicher robuster als das Handy.

ZUM BIKEGUIDE AUSBILDEN LASSEN
Auch wenn man nicht als Profi-Bikeguide jobben möchte, lernt man in einer Ausbildung zum MTB-Guide alles, was man zum sicheren, selbstständigen Biken und Führen einer Gruppe im unbekannten Gelände braucht: Vom Orientieren über Erste Hilfe bis zur Bikemechanik. Die Naturfreunde Österreich bieten zum Beispiel allen Interessierten eine Bikeguide-Ausbildung in zwei Modulen an.