SPORTaktiv-Doc-Serie, Teil 4: Was in Pillen- und Pulverform daherkommt, wird von manchen kritisch gesehen. Bei Mikronährstoff-Ergänzungen lohnt sich aber ein genauerer Blick – speziell auch für sportliche, aktive Menschen. 

Christof Domenig
Christof Domenig


Richtig eingesetzt kann die Ergänzung der Nahrung durch Mikronährstoffe sowohl für die Gesundheit wie auch für die Leistungsfähigkeit im Sport und im Alltag sehr hilfreich sein. Sport- und Ernährungsmediziner Robert Fritz, „SPORTaktiv-Doc“ und Mitbegründer der „Sport­ordination“ in Wien, hat auch eine Ausbildung zum Orthomolekularmediziner absolviert und weiß: „Es ist extrem spannend, zu erkennen, wie Mikronährstoffe im menschlichen Köprer wirken, welche komplexen Zusammenhänge es hier gibt.“ Warum die Nahrungsergänzung mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten bei uns oft nicht den besten Ruf habe? „Das liegt einerseits daran, dass sich viele damit nicht auskennen. Und auf der anderen Seite auch, dass viel Geschäft damit gemacht wird“, erläutert Fritz. Zum Thema „Auskennen“: „Wie ein Lehrbub“ habe er sich nach abgeschlossenem Medizinstudium und mit Sportarzt-Diplom in der Tasche zu Beginn der Orthomolekularmediziner-Ausbildung gefühlt.

Was die meisten dennoch wissen, ist, dass körperlich sehr aktive Menschen einen gewissen Mikronährstoff-Mehrbedarf haben, etwa durchs Schwitzen und die höhere Stoffwechselleistung. Und dass die Versorgung aus natürlichen (Nahrungs-)Quellen zwar grundsätzlich vorzuziehen, aber nicht immer realistisch zu schaffen ist. Wie jedoch sieht ein objektiver Zugang zu der Thematik aus? Er beginnt mit der Messung des Ist-Zustandes. Sinnvoll ist eine Ergänzung nämlich nicht auf Verdacht, sondern gezielt anhand festgestellter Mängel. 

Die Versorgung des menschlichen Körpers mit Vitaminen, Mineralstoffen und Co. lässt sich heute sehr gut messen, sofern die richtige Analysemethode gewählt wird: „Die klassische Blutuntersuchung beim Hausarzt oder Internisten ist eine Serumanalyse – die ist jedoch nur bedingt aussagekräftig“, erklärt Fritz. Beispielsweise sei Magnesium großteils in den Blutzellen gespeichert, wodurch eine Serumanalyse zu kurz greife. „Bei einer Vollblutanalyse werden dagegen die roten Blutkörperchen aufgelöst und in die Analyse miteinbezogen.“ Es gilt daher, sich zunächst um einen spezialisierten Mediziner umzuschauen, der in Zusammenarbeit mit einem Labor eine Vollblut- statt einer Serum­analyse anbiete.

Relevante Vitamine: D, B, C
Bei Mikronährstoffen unterscheidet man grundsätzlich grob zwischen Vitaminen und Mineralstoffen. Wie sich Mängel jeweils äußern, welche Symptome es gibt, ist sehr unterschiedlich – oft merke man eine Unterversorgung auch nicht bzw. erst später im Vergleich, wenn der Mangel behoben ist, sagt Robert Fritz. Indem man sich einfach besser, fitter, leistungsfähiger fühlt, weniger oft Infekte hat. 

Weit oben auf der Prioritätenliste steht Vitamin D, erklärt Fritz. Das wird vor allem durch Sonnenexposition der Haut im Körper gebildet. „Auch wenn man als Sportler viel im Freien, viel am Berg ist, wird man oft überrascht sein, wie schlecht die eigene Versorgung ist. Denn natürlich tut man gleichtzeitig gut daran, die Haut mit Sonnencreme oder langen Ärmeln zu schützen.“ Vor allem in der dunklen Jahreshälfte ist ein Vitamin-D-Mangel sehr weit verbreitet. 

Die Gruppe der B-Vitamine, die vom Energiestoffwechsel in der Muskulatur bis zur Nervenfunktion für vielfältige Aufgaben im Körper zuständig ist, sollte vor allem von Vegetariern und Veganern im Auge behalten werden. Vitamin B12 ist etwa nur in tierischen Produkten zu finden. Allgemein gut ist die Versorgungslage mit Vitamin C – wer oft Infekte hat, sollte trotzdem darauf achten. Während wasserlösliche Vitamine (B, C) bei Überdosierung einfach ausgeschieden werden, sei vor allem bei den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K Vorsicht geboten, mahnt Fritz, „weil man diese auch überdosieren und damit Schaden anrichten kann“.

Mineralstoffe: Eisen und Co.
Bei den Mineralstoffen steht im Sport Eisen ganz oben auf der Liste der kritischen Nährstoffe: „Das wird immer wieder falsch gemessen und es gibt unterschiedliche Grenzwerte für unterschiedliche Gruppen: Ob man männlich oder weiblich, jung oder älter, sportlich aktiv oder nicht aktiv ist, macht einen deutlichen Unterschied.“ Vor allem Frauen (aufgrund der Menstruation) sowie Veganer sind öfters von einem Eisenmangel betroffen.

Als „Block“ werden sinnvollerweise Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium, Kupfer, Zink und Phosphor gemessen. Im Sport ist Natrium hervorzuheben – obwohl es in Österreich im Schnitt nicht am Salzkonsum mangelt. „Aber gerade Gesundheitsbewusste ernähren sich oft sehr salzarm. Wird zugleich ein Langdistanz-Ausdauersport wie Ultralauf betrieben, schwitzt man entsprechend viel und scheidet dadurch viel Natrium aus, dann kann im Extremfall eine lebensgefährliche Hyponatriämie drohen.“ Vorzubeugen wäre dem einfach durch einen öfteren Griff zum Salzstreuer. Für Durchschnitts-­Freizeit­sportler ist das jedoch kein Thema.

Eine vegane Hülle und der Wirkstoff darin - und sonst nichts: Das ist die richtige Herangehensweise.

Dr. Robert Fritz

Omega-3-Fettsäuren, BCAAs
Keine Mikronährstoffe, aber grundsätzlich ähnlich handzuhaben sind Omega-3-Fettsäuren, die ebenfalls gut messbar – und ergänzbar – sind, sowie Aminosäuren, die Bausteine von Eiweiß. Viele Ausdauersportler schwören nach harten Einheiten oder Wettkämpfen auf BCAAs: Diese verzweigtkettigen Aminosäuren sollen verhindern, dass der Körper auf die Muskelmasse zugreift und sie abbaut. „Die Studienlage ist nicht ganz eindeutig, aber die Erfahrung vieler Patienten sagt: Ja, es tut ihnen gut.“
Multinährstoff-Präparate, also ein Mix unterschiedlicher Nährstoffe in einem Präparat, können gut und sinnvoll zusammengesetzt sein – was jedoch nicht alle am Markt sind, weiß der SPORTaktiv-Doc. Und sie können eine gewisse Basisversorgung gewährleisten, man solle aber nicht glauben, mit einem Präparat sei jedes Problem gelöst. 

Werden Nährstoffmängel festgestellt und sind sie nicht durch Mehrbedarf im Sport erklärbar: dann kann es auch an der Darmgesundheit liegen. „Die Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt ist für die Resorption der meisten Mikronährstoffe verantwortlich. Eine eingeschränkte Aufnahme kann auch an einer Störung in diesem Bereich liegen“, erklärt Fritz. Hier solle primär mit probiotischen Darmbakterien und präbiotischen Lebensmitteln gearbeitet werden, „wenn das nicht zum Erfolg führt, sollte der Darm aber auch unbedingt medizinisch abgeklärt werden“.

Beratungs- und Vertrauenssache
So wie die Wahl des Beraters beim Thema Nahrungsergänzung sorgfältig erfolgen sollte, so verhält es sich auch mit der Frage, welchem Hersteller von Nahrungsergänzungs-Präparaten man vertraut. „Gehe ich nach einer Erstberatung gleich mit einer großen Menge an Präparaten heraus, alle vom gleichen Hersteller, wäre ich vorsichtig“, erläutert Robert Fritz. „Ich selbst versteife mich bei Empfehlungen nicht auf einen Hersteller, denn jede gute Firma hat ihre eigene Philosophie und Stärken.“ Es gebe sehr gute Firmen mit langjähriger Erfahrung, auch mehrere aus Österreich. Der Trend am Markt geht zu „Reinsubstanzen“ – „eine vegane Hülle und der Wirkstoff darin – und sonst nichts: Das ist die richtige Herangehensweise“.

Was man nicht machen sollte: Sich nur im Internet zu informieren und online den billigsten Anbieter suchen. „Lieber etwas teurer, dafür hochwertige Qualität kaufen, in Apotheken und von Firmen, denen man vertraut. Dann ist man auf der sicheren Seite.“ 

Dr. Robert Fritz
Dr. Robert Fritz

Der Sport- und Ernährungsmediziner ist einer der Gründer und medizinischer Leiter einer Unit der „Sportordination“ in Wien und einer der bekanntesten Sportärzte in Österreich. Als „SPORTaktiv-Doc“ beleuchtet er kompetent in jeder Ausgabe ein Sport- oder Ernährungsthema.


Web: www.sportordination.com