Viele Wege führen nach Rom, aber nur drei zur Ironman-WM auf Hawaii. Der Weg zum legendären Rennen auf der Pazifikinsel ist für Profis und Hobby-Triathleten steinig und schwer. Aber die Erfüllung vieler Träume.
von Georg Michl
Die Frage: „Und wann machst du Hawaii?“ bekommen Triathleten oft gestellt und keine demaskiert das Gegenüber schneller als Unwissenden als diese. Denn nur wenige Ausnahmekönner sind in der Lage, diese Frage mit einem konkreten Datum zu beantworten, und den meisten Hobbysportlern bleibt als Antwort lediglich „nie“ oder „wenn die Hölle zufriert“. Man kann Hawaii nicht einfach so machen. Man muss sich der Pazifikinsel als würdig erweisen, sich den Start in Kona verdienen und die Kriterien sind weiß Gott härter als beim Preisschnapsen in Gigritzpatschen. Hawaii ist das Synonym für die Ironman-WM. Der Olymp der Langdistanz über 3,8 km Schwimmen in rauer See, 180 km auf dem Rad durch die Lavawüste und einem Marathon bei mehr als 40 Grad.
„Die Geschichte des Wettkampfs, die Mystik der hawaiianischen Inseln per se, die harten Bedingungen und das auserlesene Starterfeld machen dieses Rennen so legendär“, weiß Faris Al Sultan. 2005 gewann er als Profi die WM und sein Schützling Patrick Lange hat sich heuer den Titel geschnappt. „Selbst zu gewinnen ist natürlich schon krasser, aber ein bisschen habe ich das Ganze schon zum zweiten Mal durchlebt, als Patrick dabei war.“ Ein Start in Kona ist der Ritterschlag, der Sieg die Krönung. „Er bringt mehr Aufmerksamkeit, mehr Geld und auch mehr Selbstvertrauen. Aber so ein Sieg ist nicht planbar. Es ist immer auch ein bisschen Glück dabei.“
KLAGENFURT-SIEG REICHTE NICHT
Disziplin ist auf dem Weg nach Hawaii ein Muss. Vor allem für die Profis wurde das Rennen um den Slot immer härter. Das Teilnehmerfeld bei den Athleten mit Berufslizenz ist limitiert auf 56 Herren und 35 Damen. Wer dabei sein darf, entscheidet sich früher in der Saison. In Summe vier Bewerbe (zumindest eine, maximal drei Langdistanzen) im Rahmen der Ironman-Serie werden im Kona-Pro-Ranking gewertet, je nach Platzierung gibt es Punkte. 2000 für den Sieg in Klagenfurt, bei einer der vier Kontinentalmeisterschaften gibt es doppelte Zähler. „Dort bekommt man für den fünften Platz mehr als für den Sieg bei einem ‚normalen‘ Bewerb“, erklärt die steirische Profitriathletin Lisi Gruber, die aus diesem Grund extra in Brasilien am Start war. Die Qualifikation hat sie dennoch nicht gepackt. Die Rechnung ist knallhart und das bekam auch die Kärntnerin Eva Wutti zu spüren. Selbst ihr Sieg in Klagenfurt und ein zweiter Platz reichten nicht – sie war die erste, die zusehen musste. Als Altersklassenathletin (also Amateurin) war Lisi Gruber 2012 auf der Insel. Damals reichte ein erster Platz in der Altersklasse in Klagenfurt. „Als Agegrouper ist es einfacher. Du musst nur bei einem Rennen vorne dabei sein. Als Profi dagegen das ganze Jahr über.“ „Einfacher“ ist relativ. Ein Ausflug nach Hawaii kostet für zweieinhalb Wochen rund 5000 Euro exklusive Material- und Trainingskosten. Vom zeitlichen Aufwand gar nicht zu reden. „Neben dem Beruf sind es in der Woche bis zu 20 Stunden“, erzählt der Kärntner Florian Kandutsch. Er will sich 2018 in der hart umkämpften M30 erstmals für die WM qualifizieren. „Dafür braucht man im Schnitt einen Podestplatz. Zeitlich bewegen wir uns da in einer Kategorie um die 8:50 Stunden“, erklärt der Unternehmensberater. „Für mich ist Hawaii ein Lebenstraum. Ich will mich mit den Besten messen. Und der Gedanke an diese Chance, das ist der Treibstoff für meine Motivation.“ Seit zehn Jahren ist der 29-Jährige dem Triathlon verfallen.
ANWESENHEITSPFLICHT MIT KREDITKARTE
Um die 40 Österreicher schaffen es pro Jahr auf die Insel. Wie kommen die Hobbyathleten zu ihrem Ticket? Bei den Ironman-Rennen werden Slots vergeben. Wie viele, richtet sich nach den Teilnehmerzahlen und variiert in den Altersklassen. Gerade bei den Herren ist das Rennen in einigen Klassen hammerhart, zwischen 18 und 45 Jahren braucht es Bombenzeiten um 9 Stunden. In anderen ist es da schon einfacher. Seinen Startplatz bekommt der Athlet dann aber nicht per Post, sondern bei der Siegerehrung: Es herrscht Anwesenheitspflicht samt Kreditkarte. Verzichtet ein Altersklassen-Athlet der Ergebnisliste, wird der nächste gefragt. Da allerdings nicht alle die Leistungshürde der Qualifikation packen, die Firma Ironman aber durchaus gerne frisches Athletenmaterial im Pazifik sieht, gibt es noch das „Legacy Programm“. Da wird – ungeachet der sportlichen Klasse – die Treue zur Marke belohnt. Für ihr erstes Ticket müssen Triathleten zuvor zumindest zwölf Langdistanzen beendet haben, zwei davon in den beiden Jahren vor der WM und im aktuellen Jahr für einen Bewerb registriert sein. Im Triathlon wird also auch Beharrlichkeit belohnt.
EINMALIGES ERLEBNIS
„Das Programm wäre für mich nicht infrage gekommen“, erzählt Friedrich Kampusch, „ich wollte mich immer qualifizieren und ich wäre auch als Zweiter nicht gefahren.“ Der Steirer hatte sich heuer mit dem Klassensieg in der M65 von Klagenfurt das Ticket gesichert. „Wäre ich Zweiter oder Dritter geworden und die ersten hätten verzichtet, hätte ich das Ticket nicht angenommen.“ Er hat jahrelang viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt. „Hawaii ist das Nonplusultra und wenn du dann einmal drüben bist, ist es ein Traum. Du wirst behandelt wie ein Profi, es ist einfach super aufgezogen.“ Es war ein einmaliges Erlebnis. „Diese Erinnerung nimmst du mit ins Grab. Das war es wert.“ Doch mit dem Erreichen des Traums hat „Fritz“ die Ausrüstung an den Nagel gehängt. „Das war vorerst mein letzter Langdistanztriathlon. Es ist an der Zeit, sich nach den Bedürfnissen meiner Frau zu richten. Ich habe acht Jahre lang Triathlon gelebt. Das war auch für sie sehr entbehrungsreich.“ Und es waren nicht nur die reinen Trainingsstunden. „Die ganze Familie muss sich nach dir ausrichten. Die Scheidungsrate ist bei Triathleten nicht umsonst hoch ...“
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