Skilehrer, Bergführer und Wanderführer müssen in Österreich qualifiziert und geprüft sein. Mountainbike-Guides derzeit nicht. Der Österreichische Radsportverband (ÖRV) will das ändern und ein gesetzlich definiertes Berufsbild „Bikeguide“ etablieren.
Für selbstständige Mountainbikeguides gilt das, was etwa auch für „Neue Selbstständige“ in unterrichtenden Tätigkeiten gilt: Weder Ausbildung noch Berufsbild sind gesetzlich festgeschrieben. Es gilt das Vertrauen in den freien Markt. Das kann man begrüßen, weil es unbürokratisch ist. Und Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Vorweg sei aber auch das betont: Die Kompetenz der meisten beruflichen Bikeguides quer durch unser Land, die in den touristischen Hochsaisonen ihre Brötchen mit vielen Arbeitsstunden hart verdienen, wollen wir an dieser Stelle keinesfalls in Frage stellen! Es gibt sehr gute „freiwillige“ Ausbildungen und wer als Guide nicht kompetent ist oder bei den Gästen nicht ankommt, hat am Markt de facto keine Chance.
Einem ungeprüften Bergführer würde andererseits niemand gern sein Leben anvertrauen. Versuche, das Berufsbild des Mountainbikeguides gesetzlich zu regeln, hat es deshalb schon einige gegeben. Der Österreichische Radsportverband (ÖRV) hat jetzt im Jänner eine „Interessensgemeinschaft Bike-Guides“ gegründet, mit dem Ziel, einheitliche Ausbildung und Ausbildungsstandards in Österreich zu etablieren. Am Ende des Prozesses soll eine österreichweite und sogar EU-weite Berufsanerkennung stehen. Es habe durch die fehlende Regelung einen „gewissen Wildwuchs“ gegeben, erklärt Alfred Kaiblinger, Ausbildungsreferent im Radsportverband, den Hintergrund. „Es gibt derzeit sehr gute Ausbildungen für Bikeguides, aber auch einige weniger gute. Wir sehen auch deshalb jetzt Handlungsbedarf, weil immer mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind.“
Was sollte man von einem Bikeguide erwarten können? Zum Beispiel, dass er über technisches Wissen und Erste-Hilfe-Kenntnisse verfüge, dass er fahrtechnisches Können seiner Kunden kompetent einschätzen und ihnen in Sachen Fahrtechnik etwas beibringen könne, zählt Kaiblinger auf. Auch, dass er Gruppen auf Straßen so führt, wie es die StVO vorschreibt und nur dorthin, wo es auch legal ist. Ein wunder Punkt im Land, wo das Biken in der Natur überall verboten ist, wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist. Eine exakte Definition der Ausbildungsinhalte ist gerade in Ausarbeitung. Ähnlich wie beim Skilehrer geht es beim Mountainbikeguide der Zukunft in Richtung eines mehrstufigen Ausbildungssystems, verrät Kaiblinger.
Die erste Stufe soll schlicht „Bikeguide“ heißen und eine rund einwöchige Ausbildung soll dazu befähigen, im nicht zu schwierigen Gelände Gruppen zu führen. Wie auch jetzt sollen private Unternehmen und Vereine diese Ausbildungen anbieten können. Stufe zwei soll an der Bundessportakademie angesiedelt sein und zum „Bikeinstruktor“ führen: Das Fahren bei höheren Schwierigkeitsgraden wie auf Singletrails soll hier inkludiert sein. „Der Vorteil einer Ausbildung an der Bundessportakademie ist auch, dass sie gratis ist“, betont der ÖRV-Ausbildungsreferent. Die dritte und höchste Stufe soll zum „Bikelehrer“ führen und auch die zu schaffende Gewerbeberechtigung zum Betreiben einer Bikeschule beinhalten. Doch wie erwähnt: Fix ist das alles noch nicht, es muss erst ausverhandelt werden. Und dann in der Folge auch in Gesetze gegossen werden.
Aus eigener Erfahrung: Wir von SPORTaktiv haben bislang immer nur großartige Bikeguides oder -instruktoren getroffen. Eine einheitliche Ausbildung scheint dennoch sinnvoll.
Keiner jobbt ohne Ausbildung
Die angestrebte Regelung soll auch Klarheit schaffen: Wer weiß derzeit schon, was genau ein Bikeinstruktor ist, ein Fahrtechnik-Instruktor oder ein Bikeparkguide im Vergleich zum normalen Bikeguide? Damit noch einmal zur Gegenwart und zur „Qualitätsfrage“: Dass die „Kräfte des freien Marktes“ jetzt schon ansprechend funktionieren, davon ist auch Manfred Pfeifer überzeugt, mit seinem Verein „Bikepro“ einer der größten Anbieter von Bikeguideausbildungen in Österreich. „Unausgebildet trauen sich die wenigsten, als Bikeguide zu arbeiten. Das ist in der Praxis nicht das Problem. Und Institutionen, die Guides anstellen, wie Hotels oder Tourismusverbände schauen sich die Qualifikationen ihrer Bewerber in der Regel gut an.“
Dennoch begrüßt der „Bikepro“-Gründer die Initiative zur Vereinheitlichung. „Bei uns umfasst die Ausbildung zum Bikeguide acht Tage mit 85 Unterrichtseinheiten und ist vollgepackt mit für die Tätigkeit relevanten Inhalten“, sagt Pfeifer. Andere Anbieter am Markt würden das zum Teil nicht so genau nehmen. Im Detail will sich Pfeifer die Pläne zur Neuregelung dennoch genau anschauen: „Wir sind in den letzten Jahren zu einem differenzierten Ausbildungsprogramm übergegangen, etwa mit Ausbildungen zu Bikepark- & Freerideguides und E-MTB-Guides neben den normalen Bikeguideausbildungen“, erklärt er. Wie sich diese Ausbildungen in ein vereinheitlichtes System einfügen ließen, sei derzeit nicht zu beurteilen. ÖRV-Ausbildungsreferent Kaiblinger erklärt dazu, dass sich für hochwertige Ausbildungsanbieter wie auch für bereits ausgebildete, kompetente Bikeguides durch die Regelung kaum etwas ändern werde. Es werde auch die Möglichkeit angestrebt, etwaige fehlende einzelne Ausbildungsinhalte unkompliziert nachzuholen. Ab 2022 wird der ÖRV auch den Bereich „Gravity“ speziell in die staatliche Instruktorenausbildung aufnehmen.
Warum es noch dauern wird
Weil Bikeguiding auch wesentlich im alpinen Gelände passiert, bilden auch die alpinen Vereine Bikeguides aus, etwa über die „Naturfreunde Akademie“. Laut Peter Gebetsberger von den Naturfreunden wolle man die ÖRV-Initiative inhaltlich unterstützen. Auch wegen der potenziellen Gefahren, die die Tätigkeit mit sich bringt. ÖRV-Referent Kaiblinger stellt zum Thema Gefahren auch die Frage in den Raum: „Was, wenn ein Unfall passiert und ein Richter zu dem Schluss kommt, dass der Guide gar nicht befähigt war, jemanden im entsprechenden Gelände führen zu können?“ In Österreich habe es einen solchen Fall noch nicht gegeben, sehr wohl aber in der Schweiz. Nebenbei bemerkt: Wer als Bikeguide in Österreich arbeitet, kann sich beim ÖRV (mittels „Bikeguide-Card“) um 185 Euro pro Jahr versichern – eine 7-Millionen-Euro-Haftpflichversicherung ist hier inkludiert.
Es gibt also gute Gründe für einen „geprüften Mountainbike-Guide“ nach Skilehrer-Vorbild. In der Praxis stehen der ÖRV-Initiative noch einige Mühen bevor. Etwa durch den Föderalismus, weil die Sportgesetzgebung in Österreich traditionell Bundesländerkompetenz ist. „Wir streben eine bundesweite Lösung an“, erklärt Kaiblinger dazu. Es könnte im Extremfall sonst sein, dass ein Guide, der nur in einem Bundesland seine Dienste anbieten dürfe, etwa auf der Ländergrenzenüberschreitenden „Dachsteinrunde“ mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Für Wanderführer, auch das nur nebenbei erwähnt, gibt es tatsächlich von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen.
Nach den Ideen des ÖRV wird im Gegensatz zu so einem „Gesetzes-Fleckerlteppich“ sogar eine EU-weit gültige Anerkennung der neuen Guides angestrebt. Das soll über die Vereinigung „European Organisation of Mountainbike Instructor-Guides“ („EO-MTBing“) passieren. Wie schaut der Fahrplan aus? Demnächst will man verschiedene Interessensgruppen einladen und die Pläne präsentieren, sagt Alfred Kaiblinger – vom Tourismus bis zu Vertretern der Forstwirtschaft. Auch das lässt erahnen, dass der Marathon zum gesetzlich definierten Bikeguide erst gestartet ist und das Ziel noch etwas länger nicht in Sichtweite sein dürfte. Immerhin: „Zwei bis drei Jahre“ schätzt Kaiblinger den Zeitrahmen bis zur angestrebten Regelung inklusive Berufsanerkennung.