Vom Gesundheitsorientierten bis zum MTB-Profi können alle vom Training mit einem E-MTB profitieren. Gewusst wie. 

Christof Domenig
Christof Domenig

Egal ob mit oder ohne Motor, der Athlet entscheidet, wie er sein Bike nutzt“, schickt Nathalie Schneitter als Message voraus. Der Ruf von E-MTBs habe sich speziell in den letzten drei bis fünf Jahren auch in der Profiszene stark gewandelt. Etliche Protagonisten der Weltspitze wie Nino Schurter oder Jolanda Neff nützten die motorisierten Bikes heute als zusätzliches Trainingsmittel. ­Schneitter, die nach ihrer Profikarriere als XC-Bikerin in die junge E-MTB-Wettkampfszene eingestiegen ist, tut dies sowieso.

Auch in der Freizeitsportszene hat sich der Ruf der E-MTBs gebessert. Wenngleich das Vorurteil vom „Bike für Faule“ immer noch in manchen Köpfen herumspukt. „Das E-MTB ist ein Super-Tool, wenn man weiß, wie man damit umgeht“, betont dagegen Nathalie Schneitter. Und verrät, wie man das E-MTB als Trainingsmittel einsetzen kann. 

Ausdauertrainings-Steuerung
Den Großteil der Trainingszeit mit langen Ausfahrten im niedrigen Belastungsbereich verbringen – und dazu mit gezielten Intervallen Belastungsspitzen setzen: So hat Schneitter schon als XC-Profi trainiert. Die meisten Hobbybiker würden dagegen ständig im mittleren Belastungsbereich unterwegs sein, also für ein Grundlagentraining zu hoch belastet: Man muss kein Einsteiger sein, dass der Puls mit dem Bio-Bike davongaloppiert. Die Ausdauer-Grundlage kommt meist zu kurz, für zusätzliche Belastungsspitzen fehlt dann die Kraft. Mit dem E-MTB und den unterschiedlichen Unterstützungsstufen könne man das Training stattdessen sehr gut steuern, sagt Schneitter. Für das Gros der Hobbybiker sieht sie dabei die Kontrolle über die Herzfrequenz praktikabler, „Wattsteuerung ist perfekt, wenn man sich gut damit auskennt und ein Gefühl dafür entwickelt hat.“ Viele Herzfrequenz-Brustgurte lassen sich heute mit den Bordcomputern verbinden, sodass neben den Watt auch die Herzfrequenz stets im Blick ist. ­Zusatzplus: „Am Bosch-Kiox-300-­Bordcomputer meines Bikes lassen sich viele weitere wertvolle Fitnessdaten wie verbrauchte Kalorien, Kadenz und Wattzahl anzeigen.“

Fahrtechnik und Koordination
Profis nutzen das E-MTB oft zum Fahrtechniktraining, weil sich in der gleichen Zeit mehr Abfahrten ausgehen. Wer schon über eine fortgeschrittene Fahrtechnik verfügt und entsprechend anspruchsvolles Gelände zur Verfügung hat, der könne mit dem E-MTB aber mitunter noch Passagen bergauf bewältigen, wo das Bike ohne Motor schon geschultert werden muss. „Das ist ganz spielerisch, macht Spaß, fördert die Koordination und Konzentration – und mein Puls ist bei 190, ohne die Anstrengung zu bemerken“, erzählt Schneitter. „Nach 75 Minuten bin ich wieder zu Hause und habe ein hochintensives Training absolviert.“ 

Das E-MTB erzieht Freizeitbiker zu einer effizienteren Tritt­frequenz, die zudem die Gelenke schont.

Athletik-Plus
Die zusätzliche Masse des E-MTB wirkt sich in einem gesteigerten athletischen Anspruch aus, sobald das Gelände etwas schwieriger wird. Und das gilt nicht nur bergab, sondern auch bergauf. „Mit dem E-MTB werden Arme und generell der Oberkörper stärker beansprucht.“ Als sie vor Jahren ihre ersten Runden auf einem E-MTB absolvierte, war die toptrainierte XC-Fahrerin selbst über den muskulären Effekt überrascht.

Trittfrequenz-Erziehung
Was Profis und die meisten Hobbybiker diametral unterscheidet, ist die Trittfrequenz. Sehr hoch (oft um 100 Umdrehungen pro Minute) bei den Profibikern, sind Freizeitfahrer meist mit zu schweren Gängen und folglich (zu) niedriger Frequenz unterwegs. E-Bike-Motoren funktionieren bei einer Trittfrequenz optimal, die in der Regel deutlich über jener der meisten ­Hobbybiker liegt, erklärt Schneitter. Rund um 80 Kurbelumdrehungen pro Minute sind ein Richtwert. Das spüre man auch beim Fahren und so erzieht das E-MTB Freizeitbiker zu einer effizienteren Trittfrequenz, die zudem die Gelenke schont, betont Schneitter.

Motivationsfaktor
Nochmals ein Blick zu den Profis: Auch diese haben „Selbstüberlistungsstrategien“, weil es selbst die Berufssportler nicht Tag für Tag begeistert zum Training zieht. Das E-MTB sei hier per se ein Motivationsfaktor, meint Schneitter: „Das Rennrad hat kaum eine spielerische Komponente, das Mountainbike deutlich mehr – das E-MTB am meisten.“ Nach einem stressigen Tag fällt die Überwindung zum Sport gleich leichter, wenn man weiß, dass man eine Runde in kürzerer Zeit noch unterbringt. Oder wenn auch unterschiedlich starke Buddies miteinander trainieren können. Und jeder, der es schon einmal bewegt hat, weiß: Ein E-MTB ist eine Fahrmaschine, die die Mundwinkel nach oben zieht. 

Nathalie Schneitter
Nathalie Schneitter

Die Schweizerin aus Solothurn fuhr viele Jahre professionell Cross-Country-Rennen, war 2004 Junioren-Weltmeisterin, Olympiateilnehmerin 2008 und Siegerin eines Weltcuprennens. In der „Zweitkarriere“ bestreitet die Bosch-eBike-Botschafterin E-MTB-Rennen und holte sich 2019 den Weltmeistertitel. 

WEB: www.nathalieschneitter.ch