Als Abschluss unserer Serie über Sporternährung: Wie und warum Kohlenhydrat­getränke in Sekunden­schnelle die Leistungsfähigkeit verbessern können. ­Und welche Chancen sich aus dem ­jungen Forschungsfeld ­„Nutrient Sensing“ ergeben.


Kohlenhydratreiche Getränke sind dazu geeignet, die sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Das ist bekannt und überrascht niemanden. Doch mit der verbesserten Energie-, Flüssigkeits- oder Elektrolytversorgung ist der leistungssteigernde Effekt, wie er heute belegt ist, nicht ausreichend erklärt. Vor allem lässt sich die verbesserte Leistung schon kurze Zeit nach dem Trinken nachweisen, viel früher, als eine Aufnahme des Getränkes über die Magenschleimhaut möglich ist. Studien zeigen zum Beispiel, dass Kohlenhydratdrinks bei mittleren bis hohen Belastungen unter einer Stunde Dauer Positives bewirken – obwohl die Zeit hier nicht reicht, dass Inhaltsstoffe die Zellen erreichen.
Noch mehr: Studien legen auch nahe, dass bereits Mundspülungen mit Kohlenhydratgetränken leistungssteigernd wirken. Was hat es damit auf sich?

„Nutrient Sensing“ nennt sich ein interessantes Forschungsfeld. Grundsätzlich muss man dazu wissen, dass die Mundhöhle wie auch der Verdauungstrakt mit vielen Rezeptoren ausgestattet sind, die für die Wahrnehmung („Sensing“) von Geschmack, Temperatur, Nährstoffen und Nahrungskomponenten zuständig sind. Diese Rezeptoren senden Signale an den Zellkern. So wird gewährleistet, dass die Zellen, angepasst an die erkannten Nährstoffe, die dem Körper zugeführt werden, zielgerichtet Moleküle produzieren, um den Stoffwechsel zu optimieren.

In Studien wurden unterschiedlichste, konkrete leistungssteigernde Wirkungen von Kohlenhydrat-Mundspülungen während sportlicher Belastung bestätigt. So wurde etwa nachgewiesen, dass das Belohnungssystem des Körpers angeregt wird, die Motivation steigt oder das Belastungsempfinden verringert wird, wenn Sportler ein Kohlenhydratgetränk für zumindest zehn Sekunden im Mund behielten und es dann wieder ausspuckten. Insgesamt wird eine allgemeine, deutlich feststellbare Leistungssteigerung berichtet. Als optimal stellten sich regelmäßige Kohlenhydrat-Mundspülungen alle fünf bis zehn Minuten heraus. Und noch weitere interessante und verwertbare Fakten wurden in Studien über das „Sensing“ von Nährstoffen, von Nahrungskomponenten und Nahrungseigenschaften schon festgehalten. Man weiß zum Beispiel:

  • Getränke mit säuerlichem Geschmack haben das Potenzial, Muskelkrämpfe zu vermindern;
  • kühle Getränke unter 22 Grad werden geschmacklich allgemein als besser empfunden und verleiten Sportler eher dazu, in ausreichender Menge zu trinken;
  • Koffein wird im Mundraum sehr gut absorbiert;
  • ein bitterer Geschmack (z. B. Chinin) scheint dieselben Gehirnareale wie Kohlenhydrate zu stimulieren.


Viele exakte Zusammenhänge kennt die Wissenschaft derzeit noch nicht. Doch aus allem, was man schon weiß, lassen sich unterschiedliche Anwendungsgebiete in der Sporternährung der nahen Zukunft erwarten. Man denke etwa an die Frage der Verträglichkeit: Kohlenhydratgels werden bekanntlich von manchen gerade unter Belastung nicht gut vertragen. Leistungssteigerung mit reduzierter oder sogar ganz ohne Energieaufnahme zu erzielen, kann ebenfalls bedeutend sein – etwa bei Trainingsmethoden mit niedrigen Kohlenhydratreserven („Low Train“). Ganz allgemein lässt sich aus dem Forschungsfeld Nutrient Sensing die Entwicklung neuer, leistungssteigernder Ernährungs-Konzepte für Athleten erwarten. Es bleibt also spannend. Denn auch, wenn unsere Serie hier endet: Die Expertinnen und Experten der Österreichischen Gesellschaft für Sporternährung (ÖGSE) werden uns auch in Zukunft immer wieder mit interessanten Einblicken in die Welt der Sporternährung versorgen.

ÖGSE Lehrbuhc der Sporternährung

Detailliertere Informationen stehen im ÖGSE-„Lehrbuch der Sport­ernährung“. Der Artikel basiert auf Inhalten des Kapitels "Nutrient Sensing und Sport" von Assoz.-Prof. Dr. Sandra Holasek. Das 2017 erschienene Lehrbuch ist im Clax Fachverlag erschienen und dort auch zu beziehen. Preis: € 98,-

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