Wegerecht im Wald: Freie Fahrt für Mountainbiker! / Bild: www.naturfreunde.atDieser ganz klare Appell im seit Jahren schwelenden (Rechts-)Streit um das „Wegerecht" im Wald auch für Radfahrer kommt aus einer Ecke, die man eher der Gegenseite zugeordnet hätte: Auch die „Naturfreunde" fordern nun die Öffnung der Forststraßen!

Von Gerhard Polzer


Wanderer gegen Mountainbiker, Waldbesitzer gegen Radsportler! Diese bislang gehandhabte Definition der Streitparteien muss zumindest im ersteren Fall deutlich revidiert werden. Denn ausgerechnet die „Naturfreunde", als Freizeitorganisation mit mehr als 500.000 Mitgliedern doch eher der Wanderer-Lobby zugeteilt, fordert nun die Öffnung der Forststraßen für Radfahrer!

„Die Naturfreunde sind für eine Weiterentwicklung der Wegefreiheit", deklarierte sich Andreas Schieder, Bundesvorsitzender der Naturfreunde, öffentlich im Rahmen einer Pressekonferenz. „Radsportler sind ebenso Erholungssuchende, die sich naturnah und ökologisch fortbewegen. Auch für sie müssen in Zukunft die Forststraßen in Österreich generell geöffnet sein!" Und Schieder entschärfte dabei auch gleich das wichtigste Gegenargument, nämlich die Gefährdung und Belästigung der Wanderer: „Ich bin fest davon überzeugt, dass mit einer Vorrangregelung für Wanderer und Bergsportler und mit der gegenseitigen Akzeptanz von unterschiedlichen Interessen eine Lösung im Sinne eines sozialen Miteinanders absolut möglich ist."

WANDERER HABEN KEIN PROBLEM
Dass die angeblichen „Fronten" zwischen den Wanderern und Mountainbikern längst nicht so verhärtet sind, wie es von den Hardlinern in diesem schon viele Jahre dauernden Streit stets betont wird, beweist jetzt eine Befragung, die das Marktforschungsinstitut „,meinungsraum.at" im Auftrag von „upmove", der Interessensvertretung der Mountainbiker, bei 1.000 Österreichern durchgeführt hat. Mit einem in dieser Deutlichkeit doch überraschenden Ergebnis: Wertet man explizit die Antworten von Wanderern aus, dann geben 80 Prozent von ihnen an, dass sie in den Radsportlern im Wald absolut keinen Störfaktor sehen. Wobei es schon signifikante Unterschiede in den Altersgruppen gibt: Die Gruppe der unter 50-jährigen Bergsportler hat zu 91 Prozent kein Problem mit den Bikern, während Wanderer der Generation 50plus „nur" zu 76 Prozent sich nicht von den Radlern gestört fühlt.

Interessantes lässt sich aber auch aus den Antworten der befragten Radfahrer herauslesen: „Beachtliche 51 Prozent der befragten Mountainbiker", weiß Herbert Kling, Geschäftsführer von meinungsraum.at, „kennen die für das Befahren des Waldes definierten Regeln. Und für 75 Prozent von ihnen ist der Vorrang für Fußgänger eine Selbstverständlichkeit."

GEGENSEITIGER RESPEKT
Diese Zahlen beweisen hinlänglich, dass schon jetzt das Miteinander von Wanderern und Radfahrern im Wald von gegenseitigem, großem Respekt geprägt ist. Zugleich wissen aber viele Mountainbiker auch um die rechtliche Grauzone, in der sie sich bei ihrem Sport bewegen: 60 Prozent der „Bergradler" ist bewusst, dass sie sich aufgrund der gültigen Gesetzeslage im illegalen Raum bewegen, und fordern deshalb eine komplette Freigabe des Waldes! Eine Forderung, die von upmove-Gründer Dietmar Gruber nochmals unterstrichen wird: „Die Auswertung dieser Umfrage beweist ja wohl eindeutig, dass unsere Initiative ,Legal biken' nicht den Wunsch einer kleinen radikalen Minderheit widerspiegelt, so wie es Großgrundbesitzer und Jäger gern darstellen, sondern dass diese Forderung längst vom überwiegenden Teil der Bevölkerung mitgetragen wird: Es braucht dringend eine Ausweitung des bestehenden Betretungsrechts des Waldes"!

Rechtlich sieht da Dr. Wolfgang Stock, Experte für Freizeitrecht, keine großen Hindernisse: „Eine Legalisierung des Radfahrens auf Forststraßen könnte ganz einfach erreicht werden, indem man nur im Forstgesetz das bestehende Betretungsrecht im Paragraf 33 um den Passus, dass auch das Befahren von Forststraßen mit Fahrrädern erlaubt ist, erweitert. Natürlich in Verbindung mit einer Anpassung der haftungsrechtlichen Situation in Paragraf 176 des Forstgesetzes."

Video: "legal biken - auch in Österreich" von upmove


Verfassungsrechtlich obliegt die Freigabe des Radfahrens auf Forststraßen dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Der könnte also auf einfache Weise mit dieser Ergänzung im Forstgesetz dafür sorgen, dass die seit Jahren herrschende Situation der Mountainbiker, die bei der Ausübung ihres Sports zwangsläufig immer wieder zu Straftätern werden, endlich bereinigt und an die heutige Zeit angepasst wird. In Bayern etwa ist das Radfahren auf Forststraßen gesetzlich erlaubt. Die Begründung in der bayrischen Verfassung besagt: „Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergwiesen sowie das Befahren der Gewässer ist Jedermann gestattet." Wie die Naturfreunde Rosenheim bestätigen, funktioniert dieses Miteinander aller Erholungssuchenden im Wald und am Berg in Bayern völlig problemlos.

UNTERSCHRIFTENAKTION
„Was in Bayern gut läuft, kann ja eigentlich auch bei uns nicht falsch sein", sagt Ernst Dullnigg, Landesgeschäftsführer der Naturfreunde Niederösterreich, und gibt ein klares Statement ab: „Wir wollen uns nicht für die wenigen schwarzen Schafe, die ohne Rücksicht auf Verluste über Stock und Stein brettern, stark machen. Aber das rücksichtsvolle Radfahren auf Forststraßen muss endlich legalisiert werden. Wenn ich höre, dass eine Familie mit Kindern von einem Jäger offen bedroht wird, weil sie auf einer beschilderten Forststraße geradelt ist, dann finde ich das mehr als fragwürdig."

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, haben die Naturfreunde Österreich nun auch eine Unterschriftenaktion gestartet: Wer für die Freigabe der Forststraßen für Radfahrer ist, der unterstützt diese Initiative, indem er sich auf der Homepage reinklickt und unterschreibt: www.naturfreunde.at/freie-fahrt.


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