Kein Studio, keine Gewichte, keine Hanteln. Lange wurde Eigengewichtstraining in der Fitness-Community eher belächelt als ernst genommen. Jetzt aber sorgt die Fülle an Benefits für eine wahre Renaissance der sogenannten Bodyweight-Work-outs.

Von Christoph Lamprecht


Sie machen Burpees, Lunges und Push-ups. Gerade unter jungen Aktivsportlern und vor allem bei jenen, die auf die Funktionalität ihres Trainings Wert legen, geht der Trend vermehrt in Richtung „Bodyweight Work-out“. Dabei handelt es sich, profan gesagt, um Eigengewichtsübungen, für die nichts weiter erforderlich ist als das Wissen um deren korrekte Ausführung und natürlich die entsprechende Motivation. Neu ist das Ganze eigentlich nicht, aber trotzdem voll im Trend, weil höchst effektiv – auch oder gerade für Ausdauersportler aller Altersklassen.

Anhänger von Bodyweight-Workouts sind von den Vorteilen gegenüber Trainingsvarianten mit aufwendigen Ausdauer- und Kraftmaschinen überzeugt. Eines der wichtigsten Argumente ist ihre nicht zu leugnende Flexibilität – Eigengewichtsübungen kann man jederzeit und überall ohne Equipment durchführen. Ganz nach dem Motto: Egal, wohin ich gehe – meinen Körper hab’ ich immer dabei.

Auch Fitnessstudio-Öffnungszeiten oder Schlechtwetter sind bei dieser Art, sich fit zu halten, kein Thema. „Das kommt vor allem Eltern, beruflich Gestressten und Vielreisenden entgegen“, erklärt Lunden Souza, Personal Coach, Fitnessexpertin und Testimonial für „Runtastic Results“. Ihre Kompetenz beweist die sympatische Amerikanerin u. a. wöchentlich in ihren Videos am Runtastic-Fitness-Channel auf YouTube.

KEINE ZEIT? KEINE AUSREDE!
Dass man sich beim Training mit dem Körpergewicht meist auf knackige, kurze Work-outs konzentriert, ist zwar kein Muss, wird in der Praxis aber meist aus zweierlei Gründen so gehandhabt. Zum einen wirkt es sich positiv auf das Zeitmanagement gestresster Hobbysportler aus. Andererseits wird durch relativ kurze Pausen zwischen den einzelnen Übungen der „Verbrennungsmotor“, das Herz-Kreislauf- System, in Schwung gehalten, und so (ähnlich wie beim Intervalltraining) vermehrt Energie, sprich Kalorien, verbraucht. Bei all diesen Benefits sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass derartig kurze, hochintensive Einheiten sinnvollerweise mit Ausdauertraining zu ergänzen sind, da eine gewisse aerobe Kapazität nicht nur Voraussetzung für einen fitten und gesunden Lebensstil ist, sondern erst ein wirksames (Kraft-)Training ermöglicht.

Umgekehrt können ambitionierte Ausdauersportler nicht unwesentlich vom Kraft - und Stabilitätstraining mit dem eigenen Körpergewicht profitieren. Vor allem nicht mehr ganz so junge Hobbysportler sollten sich mit diesem Gedanken anfreunden, nimmt doch die Körperkraft, wenn nicht entsprechend trainiert, ab dem 30. Lebensjahr kontinuierlich ab, was mitunter Fehlhaltungen und chronische Schmerzen zur Folge haben kann.

Eine Abscheu gegen schweres Eisen gilt beim Bodyweight-Training jedenfalls nicht als Ausrede. Die Aussicht auf Schmerzfreiheit und noch bessere Ausdauerleistungen sollten hingegen Motivation genug sein, die Muskeln bei zumindest zwei kurzen Einheiten pro Woche mit neuen Reizen zu fordern und auszubilden. Weil man dabei eben nicht örtlich gebunden ist, lassen sich Bodyweight-Workouts zum Beispiel auch problemlos in Laufeinheiten integrieren.

Ein weiterer Anreiz für das Eigengewichtstraining ist der positive Einfluss auf das menschliche Schlafverhalten. So propagiert u. a. Shawn Stevenson, Autor von „Sleep Smarter: 21 proven tips to sleep your way to a better body“, die Vorteile von morgendlichen Work-outs anhand der Ergebnisse einschlägiger US-Studien. Seine Empfehlung: täglich ein 20-minütiges Work-out, das alle Muskelgruppen einschließt und aktiviert. Wird ein solches absolviert, noch bevor man zur Arbeit geht, sorgt das nicht nur tagsüber für höhere Leistungsfähigkeit, sondern auch nachts für besseren Schlaf – unabhängig davon, ob tagsüber eine weitere Trainingssession am Programm stand.

Neben dem zeitlichen Aspekt ist vor allem die Funktionalität des Trainings ein großes Thema in der Community. Da beim Bodyweight-Work-out Muskeln nicht isoliert, sondern im Verbund trainiert werden, verfügt die so gestärkte Stützmuskulatur über zusätzliche Stabilität und der Sportler insgesamt über eine bessere Balance – was durchaus auch das Verletzungsrisiko senkt. Lunden Souza: „In den Übungen werden alltägliche Bewegungsabläufe eingebaut, die sich durch die Stärkung der Muskulatur gezielt verbessern. Das bedeutet auch, dass viele weit verbreitete Schmerzen, etwa in den Knien oder im Rücken, oft durch gezieltes Training verschwinden oder erst gar nicht auftauchen.“

EIN STARKER KERN
Die Körpermitte ist beim Bodyweight-Work-out im wahrsten Sinne des Wortes der Kern des Ganzen. „Bei nahezu jeder Übung ist Rumpfstabilität gefordert – eine Qualität, an der es vielen Menschen heute mangelt“, sagt die Runtastic-Fitness-Expertin. Isolationsübungen und limitierenden Geräten aus dem klassischen Bodybuilding- Bereich steht Souza mit Skepsis gegenüber: „Natürlich kann auch mit Gewichten sinnvoll trainiert werden. Wer aber beispielsweise an einer Bizeps-Curl-Maschine trainiert, sollte sich bewusst sein, dass es sich dabei um keinen natürlichen Bewegungsablauf handelt. Normalerweise hebst du etwas, indem du gleichzeitig deine Beine streckst, deinen Bauch anspannst und die Arme bewegst.“

Soll heißen, dass viele Studiosportler zwar viel Gewicht mit Hilfe geführter Maschinen bewegen können, ihnen aber die notwendige Stützmuskulatur und Balance fehlt, um diese Kraft im Alltag auch wirklich einsetzen zu können. Der Grund: Fitnessgeräte ermöglichen oft nur eine zweidimensionale Bewegung, mit dem Effekt, dass stützende Muskeln, die für Stabilität sorgen, nicht entsprechend ausgebildet werden.

VEREINFACHTE ÜBUNGEN
Den Einwand, dass viele Eigengewichtsübungen gerade für Einsteiger zu anspruchsvoll seien, lässt Souza nicht gelten: „Genauso wie beim Training mit Geräten oder Gewichten können Bodyweight-Übungen ja nach individuellem Leistungsniveau gestaltet werden." Die koordinativ und athletisch anspruchsvollen Übungen, von denen es bei Bodyweight-Work-outs viele gibt, sollten zu Beginn eher als Motivation denn als Abschreckung verstanden werden, gibt es doch meist abgemilderte Varianten, die auch von Anfängern absolviert werden können.

Wenn also die Kraft oder Koordination noch nicht reicht, werden Übungen entsprechend vereinfacht. So beginnen viele Trainingswillige beispielsweise bei den Liegestütz mit dem Kniestand, gehen erst zur klassischen Ausführung über, sobald es ihre Kraft erlaubt – und absolvieren die Übung in Topform gar einhändig. Ist man sich bei der Ausführung diverser Übungen unsicher, empfiehlt sich ein Termin beim geschulten Fitnesstrainer oder zumindest die Kontrolle durch einen erfahrenen Sportsfreund. Denn bei allem Enthusiasmus ist für absolute Anfänger ohne athletische Basis das Fehlerpotenzial recht hoch, und auch eine App nicht mit den wachsamen Augen eines Experten zu vergleichen.

Merke: Auch wenn das Verletzungsrisiko beim Eigengewicht-Training um ein Vielfaches geringer ist als beim Training mit schweren Gewichten, ist die richtige Ausführung das A und O, um seinen Bewegungsapparat auch wirklich auszubilden und nicht bloß zu „ärgern".

NEUE REIZE FÜR ALLE
Wer nun meint, dass das Eigengewicht-Training in erster Linie etwas für Fitnesseinsteiger ist, der irrt gewaltig: Auch erfahrene Sportler, die grundsätzlich wissen, was sie zu tun haben, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, profitieren beim Bodyweight-Training von den neuen Reizen, die ausgeklügelte Trainingspläne in der Praxis liefern. Zudem beginnt ab einem gewissen Fitnesslevel erst so richtig der Spaß, wenn man sich an immer anspruchsvolleren Übungen versucht.

Der Vollständigkeit halber: Nicht gänzlich ungeeignet, aber ungleich schwieriger sind Bodyweight-Workouts für stark Übergewichtige, da zu hohes Eigengewicht Gelenke sehr belastet und Muskeln überfordern kann. Ohne professionelle Betreuung ist eine korrekte Ausführung der Übungen kaum möglich.


(K)EINE KOSTENFRAGE
Überschaubare bis gar keine Kosten sind ein zusätzliches Argument, dem Eigengewichtstraining eine Chance zu geben. Denn durch den Wegfall von Mitgliedsbeiträgen, Saalmieten sowie Geräten oder Equipment präsentiert sich die Kosten-Nutzen-Rechnung von Bodyweight-Work-outs außerordentlich positiv.

Ein heißer Tipp noch für den Einstieg ins Bodyweight-Training: Immer mehr Hobbysportler holen sich ihren „Coach" per App ins Haus! Die App „Runtastic Results" etwa stellt neben einem breiten Spektrum an Übungsvideos und einem personalisierten Trainingsplan auch einen Ernährungsguide zur Verfügung und liefert damit die wichtigsten Elemente für effektives Training jederzeit aufs Smartphone. Die Kosten? Neben der Gratis-Variante gibt es für Interessierte eine deutlich umfangreichere Premium-Version. Kostenpunkt: 9,99 Euro pro Monat bzw. 59,99 Euro für ein komplettes Jahr. Und das ist immerhin um ein Vielfaches weniger als der Jahresbeitrag im Fitnessstudio ...

Fitnesstrainerin Lunden Souza / Bild: Runtastic

Die Expertin

LUNDEN SOUZA ist zertifizierte Fitnesstrainerin und Ernährungsberaterin mit den Schwerpunkten Functional Fitness, TRX Suspension, Gewichtsverlust und Sport in der Schwangerschaft.

Aktuelle Videos der US-Amerikanerin findest du wöchentlich neu am Runtastic-Fitness-Channel auf YouTube.

Weitere Infos: runtastic.com/blog


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