Immer mehr Hobby­sportler entdecken das Campieren als perfekten Einstieg ins „Stadion Natur“. Sechs Kurzstorys, wie diese neue Freiheit in allen Varianten gelebt werden kann. 


Von Thomas Polzer und Christoph Heigl


Camping boomt. Die Menschen suchen die Freiheit, die Bewegung in der Natur. Die Zahlen sprechen für sich. Schon in den letzten Jahren und noch mehr seit der Pandemie – die wie ein Katalysator wirkt – kommen auch viele Neueinsteiger dazu. Die Nächtigungen auf den Campingplätzen, die Verkaufszahlen von Wohnmobilen, Campingbussen, Kastenwägen, Wohnwagen, Autodachzelten, Zelten – alles ist stark gestiegen. Das bestätigt sowohl die Statistik Austria als auch Tomas Mehlmauer von campingclub.at. Und so breit wie das Angebot von einfachen bis zu komfortablen Campingplätzen ist, so vielfältig ist auch die Art der dortigen Unterkünfte, vom einfachsten Zelt bis zum Luxusquartier – da ist für jede Zielgruppe was dabei.

Aber auch abseits der kommerziellen Anbieter entstehen neue Campinggrounds, finden sich neue Anbieter wie etwa Bauernhöfe, die individuelle Camp-Möglichkeiten anbieten. Abgesehen davon ist in vielen Ländern (auch in Österreich) das „freie Stehen“ zum Teil möglich und hat ebenfalls seinen Reiz. Wie unterschiedlich nicht nur die Behausungen, sondern eben auch die Zugänge zum Thema Outdoor-Wohnen sind, erzählen hier sechs SPORT­aktiv-Leser. Aber alle vereint der Drang, draußen in der Natur aktiv zu sein und praktisch Tag und Nacht das Gefühl der Freiheit zu erleben.

Mittendrin statt nur dabei: Wenn Hobbysportler campen


Wohnmobil-Nomade
Oli Dorn, 32, aus dem Allgäu war nie der Hoteltyp. Er hat schon in der Kindheit schöne Erfahrungen mit einfachem Camping im Zelt – verbunden mit Natur und Bewegung – gehabt. Heute ist es dem Ex-MTB-­Enduro-Profi und aktuellen Markenbotschafter umso wichtiger, seiner einjährigen Tochter und dem vierjährigen Sohn vorzuleben, „wie sich meines Erachtens das richtige Leben in der Natur anfühlt“ und dass sie schon früh mit Outdoor und Sport in Berührung kommen. „Zwischen den beruflichen Terminen machen wir immer Ausflüge. Wir sind quasi Full-Time-Gypsys, auch mit Wintercamping. Vor allem der Bub liebt dieses Leben, sportlich haut er sich schon im Bikepark oder mit den Ski runter. Wir haben auch stets Stand-up-Paddle und Skateboard dabei und schauen immer, dass wir Berge und See oder Meer verbinden.“

Früher hatte Oli einen VW T4, aber seit einiger Zeit hat er mit dem Wohnmobil „Sunlight T68 XV Edition“ genau das Richtige gefunden und ist fast die ganze Zeit damit unterwegs, lebt also darin. „Es ist für mich die perfekte Mischung von Freiheit, dem Draußensein, gepaart mit Luxus. Denn jetzt haben wir noch mehr Platz, die Fahrräder sind in der Heckgarage und nicht mehr draußen dran, man hat eine eigene Dusche und WC. Wir fahren praktisch mit unserem Zuhause rum – und das ist genau mein Ding.“ Er steht mal auf offiziellen Stellplätzen, mal auf naturbelassenen Camping-Plätzen (in der Schweiz) oder mal frei (in Italien). „90 Prozent im Bikezirkus sind campend unterwegs und eine große Familie – es ist ein Geben und Nehmen. Man freut sich, dass man zusammen unterwegs sein kann, diese Freiheit hat und seinen Sport machen kann.“ 

Extrem-Zelter
Für Ernst Dullnig, 59, Geschäftsführer der Naturfreunde NÖ, begann die Leidenschaft als Zelter bereits als 17-jähriger Bergsteiger. Bei der Umrundung des Anapurna im Himalaya genoss er schon als 22-Jähriger das Leben und Wohnen in der freien Natur auch unter extremen Bedingungen. Und diese Leidenschaft ist ihm bis heute geblieben. Egal, ob beim Bergsteigen, Reiten, Kanufahren, ob allein, mit seinen drei Söhnen oder der Lebensgefährtin – wichtig ist ihm, so oft wie möglich die Zeit aktiv mit Zelt mitten in der Natur zu verbringen. „Mit meinen 16- bis 18-jährigen Jungs war ich im Iran, in Nepal und Kanada unterwegs, sie haben andere Kulturen, Religionen, Menschen kennengelernt, ich wollte ihnen zeigen, dass wir nicht alleine auf der Welt sind.“ Wer tagelang nur mit dem Kanu unterwegs ist, hat nur das zur Verfügung, was im Boot Platz hat. Da geht eben nur das Zelt.“ Genauso wie reitend samt Pack­pferd auf Trekkingtouren in Peru, Nepal und in Kirgistan oder im Altai-Gebirge in Süd-Sibirien, – „so erlebst du das ursprüngliche Bergsteigen“. Seine Erfahrung gibt er in Österreich in Gruppenkursen für Trekking und hochalpines Bergsteigen am Dachstein weiter, „da zeig ich den Teilnehmern auch, wie man im Schnee zeltet“. Heuer will er mit Kanu und Zelt die Drau abfahren – einen großen Wunsch aber richtet Ernst Dullnig an die Politik „In touristischen Hot­spots quer durch Österreich müssen freie Campgrounds zugelassen und eingerichtet werden. So, wie es in vielen anderen Ländern längst ganz normal ist.“

Kabinenparty
Es endete mit einer Taufe. Für die Reportage vom Tremalzo wurde SPORTaktiv dankenswerterweise mit einem edlen Gefährt des Campervan-Vermieters Roadsurfer ausgestattet. Weil der VW neu war und wir die ersten Mieter, durfte unser Chefredakteur nach alter Roadsurfer-Tradition den VW mit seinem Vornamen und einer Assoziations-Alliteration zum Thema Urlaub „taufen“. Somit fährt der Bus jetzt als „Klaus Kabinenparty“ herum.

Falls Sie den „Klausi“ wo sehen, liebe Grüße! Der Bus ist uns nämlich echt ans Herz gewachsen. Die ­Ocean-Edition des „T6.1 Surfer Suite“ spielt alle Stückerl. Gut, bei einem Neupreis im sechsstelligen Bereich darf man schon einiges erwarten. 150 PS, Allrad, Abstandstempomat und Rückfahrkamera machen den Bus zu einem Topgefährt, für Reise- und Fahrkomfort zwischen Graz und Gardasee gibt’s ein „fantastico“ der (maximal möglichen) vier Fahrgäste. Aber erst im Stand blüht die azurblaue Schönheit auf: elektrisch ausfahrendes Aufstelldach im ersten Stock, zweites Bett unten im Wagen, daneben eine integrierte Küchenzeile mit zwei Herdplatten (Gas), einer Spüle, Kühlschrank und jeder Menge Stauraum. Der Clou: Aus der Heckklappe werden zwei Klappstühle herausgezaubert, aus der seitlichen Schiebetür ein Klapptisch und schon sitzt man unter der Markise wie ein Proficamper. Via Touchscreen lassen sich Beleuchtung, Kühlschrank und diverse Gimmicks ansteuern. Außendusche ist auch vorhanden, super für uns Sportler. Das Hinaufklettern in den ersten Stock verlangt zwar ein wenig Geschick, aber Schlafkomfort und Qualität der Betten sind top. Unsere Bikes landeten sicher hinten am Thule-Träger, immer griffbereit, wenn sich wo ein Trail auftut. So könnte man nicht nur den ganzen Gardasee unsicher machen, sondern gewiss auch zum ein oder anderen Abenteuer in den hohen Norden aufbrechen. Kabinenparty, überall und jederzeit.

Camping in jeder Form
Als junger Erwachsener wollte Tomas Mehlmauer nur mit dem Flieger die Welt entdecken. Aber irgendwann sind wieder die Erinnerungen an Kindheit und Camping aufgekommmen und spätestens mit der eigenen Familie ist der Camping-Urlaub eine große Leidenschaft geworden. „Hier empfinde ich ein großes Gefühl von Freiheit, Naturbezogenheit und auch Dankbarkeit, in einer Gemeinschaft einen Urlaub zu verbringen, was ich auch meinen Kindern vermitteln will.“ Seit einiger Zeit ist Tomas ehrenamtlich Präsident des Österreichischen Camping Clubs und hat hier nicht nur die Möglichkeit, etwas für die Weiterentwicklung seiner Leidenschaft beizutragen, sondern auch das Privileg, unterschiedliche Zugänge des Campens zu testen. In diesem Sommerurlaub genießen Tomas, seine Frau Sandra, die Kinder Carlotta (9) und Matteo (14) „Glamping“-­­Unterkünfte wie Bungalow, Mobile Home, Glampingzelt, KomfortBaumhaus, und die Annehmlichkeiten von professionellen Campingplätzen, „wo es auch bei der Infrastruktur an nichts fehlt. Du hast einen Luxus, bist aber trotzdem ganz nah dran an der Natur“. Die ganze Familie ist dann sehr aktiv unterwegs, er geht laufen und sie borgen sich Räder und SUP aus, gehen bogenschießen, reiten oder Tennis spielen.

Es darf aber auch mal ganz einfach sein: Im Juni war Tomas ein Wochenende im Burgenland auf einer Zeltwiese, „bei einem naturbelassenen Strandbad. Das war ebenfalls herrlich. Ich liebe diesen Facettenreichtum des Campings, das ist für mich die Urlaubsform, die mir das meiste Freiheitsgefühl gibt. Denn der größte Vorteil ist, dass ich immer die Möglichkeit habe, wieder weiterzuziehen, ich bin nicht so gebunden und maximal flexibel.“ Und auch wenn man Tomas Mehlmauer und seine Familie mal in einem Hotel beim Städtetrip oder in einem Ferienhaus trifft – „unsere große Leidenschaft ist und bleibt das Campen“.

Das Haus auf dem Autodach
Schon immer war es für Diana und mich (­Thomas Polzer, SPORTaktiv-Fotograf) faszinierend, möglichst flexibel reisen zu können. Nur mit Rucksack unterwegs von Hostel zu Hostel zu ziehen, ohne groß vorzubuchen, nach Lust und Laune die Reisepläne anpassen – einfacher geht’s nicht. Irgendwann kam dann der Gedanke: Wäre doch fein, gleich die eigene Unterkunft dabei zu haben und so noch unabhängiger zu sein. Also ein Wohnmobil? Doch sehr teuer. Und außerdem hatten wir ja ein Auto, das auch in den Bergen bestens funktioniert. Ein normales Zelt? Gut, das Auf- und Abbauen ist heutzutage ein Kinderspiel, aber man liegt halt doch am kalten Erdboden. Die Lösung fand Diana, krank am Sofa liegend, bei Doktor Google: Ein Dachzelt war für uns die perfekte Alternative! Wir konnten unser eigenes Allrad-Auto verwenden, hatten plötzlich, fast wie daheim, ein superbequemes Bett am Dach und die Hartschalenkonstruktion vermittelt auch das Gefühl, dem Wetter doch nicht ganz so ausgesetzt zu sein. Bei einem dreiwöchigen Test auf Korsika, wo sich das Dachzelt bereits bestens bewährt hat, hat sich für uns noch ein großer Vorteil herauskristallisiert: Nachdem wir meistens den ganzen Tag wandernd oder bikend unterwegs sind und erst abends zu den Campingplätzen kommen, ist es ein echter Luxus, wenn wir mit einem Klick und in etwa einer Minute unser Schlafgemach am Autodach aufbauen und uns schon ausruhen, während andere noch bei ihrem Zelt die Heringe reinschlagen. Wir freuen uns drauf, mit dem „Haus am Dach“ demnächst im Waldviertel, in den Kalkalpen und in Ostirol Station zu machen.

Windsurfen und Wohnwagen
Es war das Windsurfen, das Roland und Doris Magerböck mit 24 Jahren zum Campen gebracht hat: VW-Bus und Surfzeug, Podersdorf und Gardasee – mehrmals im Jahr war die Kombi­ Windsurfen und Campen ein Fixpunkt für die beiden. Mit den Kindern Sebastian und Kathi sind Roland und Doris dann erst auf den Wohnwagen umgestiegen und seit fünf Jahren nutzt die Familie für ihre Freiheitsliebe einen modernen Wohnwagen mit mehr Stauraum und mehr Komfort. „Mit einem Wohnwagen ist man flexibler. Du stellst ihn ab und kannst mit dem Auto herumfahren. Er ist günstiger als ein Wohnmobil und trotzdem genießt man alle Vorteile eines mobilen Heimes. Einziger Nachteil: Auf der Autobahn darfst’ nur 80 km/h fahren ...“ Seit einiger Zeit machen Doris und Roland mit dem Wohnwagen auch Mountainbike-Urlaube: „Letztes Jahr waren wir in den ­Bikeparks und den Singletrails auf der Petzen und in Bad Kleinkirchheim unterwegs. Da setzt­ man sich dann abends nach den anstrengenden Biketouren mit einer Pizza gemütlich vor den Wohnwagen und muss sich nicht zum Abendessen im Hotel rausputzen.“ Auch Sebastian, heute 19 Jahre alt, und Kathi (17) sind dem Campieren treu geblieben, Sebastian ist bereits selbst mit Freunden im komplett hergerichteten Bundesheerfunkbus aus den Achtzigern (ein Vater-Sohn-Projekt) in Kärnten und Podersdorf unterwegs, geht surfen, fischen und biken. Heuer aber ist die ganze Familie Magerböck noch mal gemeinsam am Gargano auf einem sportlichen und chilligen Camping­urlaub – und träumt dort von einer zwei Monate langen Wohnwagenrundfahrt ...

Mittendrin statt nur dabei: Wenn Hobbysportler campen