Das Kärntner Kanu-Slalom-Ass Felix Oschmautz gehört zu Österreichs ­Medaillen-Hoffnungen bei den Olympischen Spielen in Tokio. Was der 20-Jährige auch seiner mentalen Stärke zu verdanken hat.

Markus Geisler

Wohl dem, der das von sich behaupten kann: „In den letzten drei, vier Jahren hat sich gezeigt: Je wichtiger ein Rennen war, desto stärker bin ich gefahren. Mir liegt es, wenn eine Menge auf dem Spiel steht.“ Der das sagt, ist Felix Oschmautz, 20-jähriger Kanuslalomfahrer aus Maria Saal und rot-weiß-rote Medaillenhoffnung bei den Olympischen Spielen in Tokio. Mit starken Leistungen bei EM und WM hat er sich 2019 den Traum von den Ringen erfüllt, wobei er schon vor vier Jahren in Rio Olympialuft schnuppern durfte. Damals zwar nur als Ersatzfahrer, aber immerhin. „Die Anlage in Brasilien ist meine Lieblingsstrecke und es spielt mir sicher in die Karten, dass sie der in Tokio ziemlich ähnlich ist.“ Sprich: weniger Gefälle als andere, aber von der Strömung her ziemlich anspruchsvoll.

Oschmautz weiß, wovon er spricht, denn er war im vergangenen halben Jahr schon zweimal in Japan, um auf dem „Kasai Canoe Slalom Center“ zu trainieren. Beim Generalproben-Wettkampf im August wurde er sogar Dritter, obwohl fast alle Weltklasse-Athleten am Start waren. Ein starkes Zeichen. Und der Grund, warum das Kraftpaket mit einer gehörigen Portion Optimismus Richtung Olympia blickt. „Realistisch gesehen ist eine Medaille möglich, mein Ziel ist es aber vorerst, mich für das Finale der besten Zehn zu qualifizieren.“ Und zwar aus gutem Grund, denn: „Mal angenommen, ich hole das Beste aus mir heraus und fünf andere schaffen das an dem Tag auch. Ich möchte dann nicht enttäuscht sein, weil ich die Medaille verpasst habe, obwohl ich mein Bestes gegeben habe.“ So spricht jemand, der mental gefestigt ist. Nicht nur durch Veranlagung, sondern durch konsequente Arbeit. „Mentales Training ist zum Teil richtig anstrengend, weil es nur funktioniert, wenn du dich zu 100 Prozent darauf einlässt. Man muss sich öffnen, Dinge reflektieren, die einen belasten oder motivieren“, sagt Oschmautz, der versucht, Übungen zur Stärkung des Kopfes in seinen Trainingsalltag einfließen zu lassen. „Ohne das kannst du heutzutage nicht mehr ganz an die Spitze kommen.“
 

Solch einen Lauf nach Hause zu bringen, gibt einem irrsinnig viel. 

Felix Oschmautz

Und dort will der 20-Jährige, der von den Trainingsbedingungen im Olympiazentrum Kärnten enorm profitiert (siehe vorige Story), hin, daran lässt er keinen Zweifel. Mit neun Jahren nahm ­Felix’ Vater seinen Filius erstmals auf eine Kanutour mit, da er selbst zu Studienzeiten diese Sportart betrieb. Die Leidenschaft wurde geweckt und durch Kanulegende Helmar Steindl als unermüdlicher Trainer und Mentor gefördert. Schon als Teenager paddelte er sechsmal in der Woche auf der Gurk, die Wettkämpfe wurden immer größer, die Erfolge immer beeindruckender. Vorläufiger Höhepunkt: der Gewinn des Junioren-WM-Titels 2017 in Bratislava. Wahrlich kein Rennen wie jedes andere, wie sich Oschmautz erinnert: „Ich war nach zwei Silbermedaillen im Vorjahr der große Favorit, musste als Letzter auf die Strecke und wusste: Jetzt darfst du dir nicht den kleinsten Fehler leisten. Solch einen Lauf nach Hause zu bringen, gibt einem irrsinnig viel.“
Es ist eben ein unschätzbarer Vorteil, wenn man als Sportler mit einer gewissen Big-Match-­Mentalität gesegnet ist.

Der Mann ohne Nerven: Start der Olympiaserie - Kanu-Ass Felix Oschmautz im Porträt

Was ist Kanu-­Slalom?
Beim Kanu-Slalom muss ein (mittlerweile meist künstlich angelegter) Wildwasserparcours so schnell wie möglich absolviert werden, manche Tore liegen dabei flussaufwärts. Lässt man ein Tor aus, gibt es 50 Strafsekunden (gleichbedeutend mit Chancenlosigkeit), berührt man ein Tor, gibt es zwei Strafsekunden. Es kommt also auf die Balance zwischen Risiko und Sicherheit an. Ein Lauf muss laut Reglement zwischen 80 und 100 Sekunden dauern. Den Reiz des Kanu-Slaloms beschreibt Felix Oschmautz so: „Man sitzt in etwas, das sehr wackelig ist. Im Prinzip ist es wie Skifahren, nur dass sich auch der Untergrund bewegt. Es geht um Balance und Kraft und darum, diese beiden Komponenten technisch so zu kombinieren, dass man mit der gegebenen Strömung möglichst schnell ist.“