Seit Julia Mayer (30) spätberufen die Fußball- gegen die Laufschuhe getauscht hat, ist im österreichischen Langstreckenlauf kein Rekord sicher. Jetzt steht sie vorm Marathondebüt.
Sie schnürte noch die Fußballschuhe, als sie sich beim Vienna Night Run anmeldete – und den nicht gerade unbedeutenden Lauf als Drittschnellste beendete. 2015 war das und Julia Mayer damals 22. Eineinhalb Jahre später war Schluss mit dem Ballnachlaufen, 24-jährig meldete sich die gebürtige Niederösterreicherin beim Leichathletikverein DSG Wien an. Gleich im ersten Jahr gewann sie den Viertelmarathon beim Wachaumarathon und ihren ersten österreichischen Meistertitel (5000 Meter). Neben 18 Staatsmeistertiteln stehen heute auch drei österreichische Rekorde in den Büchern: über 5 km (15:45 min) und 10 km Straße (32:49) sowie im Halbmarathon (1:11:13 h).
So weit der bemerkenswerte bisherige Karriereverlauf Julia Mayers in Kurzform. Dass eine alternativ-sportliche Jugend keine schlechte Voraussetzung für starke Leistungen im Langstreckenverlauf sein muss (siehe auch Peter Herzog) – diese These bestätigt sie zwar, relativiert aber auch: „Eine umfassende sportliche Entwicklung ist an sich gut – neben Fußball habe ich immer schon viel anderes gemacht, trainiere auch viel mit dem Rad. Andererseits stecken extreme Leidenschaft und harte Arbeit dahinter, um die internationale Lücke zu den anderen zu schließen.“
Schon mit zwölf bin ich zusätzlich zum Fußballtraining laufen gegangen, auch in der größten Hitze oder bei Regen.
2020 bewarb sie sich als Heeressportlerin und wurde aufgenommen, ist seitdem als Lehrerin einer Wiener Sportmittelschule karenziert und führt ein Profileben. Das größte Ziel ist der Olympiamarathon 2024 in Paris – für kommenden April ist daher ihre Marathonpremiere geplant, wo sie gleich eine Zeit unter 2:30 anstrebt. Auch das wäre auf Anhieb österreichischer Rekord (derzeit: 2:30:43 h, gehalten von Eva Wutti und Andrea Mayr). Ob sie das Unterfangen beim Vienna City Marathon (23. April) oder anderswo angeht, ist noch nicht entschieden.
Als „alternativ“ ist nicht nur der Karriereverlauf der im Jänner 30 Gewordenen zu bezeichnen. Es trifft auch auf ihr Training zu, bei dem sie seit 2020 ihrem Coach Vincent Vermeulen vertraut, der ihr Training auf völlig neue Beine stellte. „Er ist Physiotherapeut und verfolgt einen umfassend natürlichen Ansatz im Leben – und überträgt diesen Ansatz auch aufs Training.“ Läufe im Gelände und auf losem Untergrund gehören ebenso zu ihrem Programm wie Barfußläufe. Auf Laufökonomie legen Trainer und Athletin viel Wert. Angestrebt wird ein federnder, „faszialer“ Laufstil, wie ihn etwa afrikanische Läuferinnen und Läufer pflegen. Durch diesen Stil wirkt das Laufen besonders leichtfüßig – in Wahrheit steckt auch hier akribische Arbeit dahinter. Auch sonst ordnet Julia Mayer (ihr übliches Wochenpensum liegt bei 170 bis 200 km) dem Lauferfolg derzeit alles unter.
Freude am Laufen
Da muss schon eine besondere Freude an der Sportart dahinterstehen. „Ich laufe mein Leben lang gern. Schon mit zwölf, als ich als einziges Mädchen im Burschenteam Fußball spielte, bin ich mit meinem Bruder zusätzlich laufen gegangen, auch in der größten Hitze oder bei Regen“, bestätigt sie. „Weil es einfach Spaß macht. Man kann sich verausgaben, den Gedanken freien Lauf lassen, fühlt sich nachher besser. Und man trifft mittlerweile so viele Leute beim Laufen, kann gemeinsam unterwegs sein und kommt laufend an Orte, wo du sonst nicht hinkommst“.
Dass viele jüngst das Laufen als Freizeitsport für sich entdeckt haben, freut die Profiläuferin auch entsprechend. Dem Asics Österreichischen Frauenlauf ist sie seit Jahren verbunden und steht voll hinter dessen Botschaft, speziell auch Mädchen und Frauen zum Laufen zu motivieren. „Falls mich manche als Vorbild sehen, würde ich das schön und cool finden.“ Als Lehrerin versuche sie, „einen gesunden, aktiven Lebensstil vorzuleben“, sagt sie. Und: „Auch meine Mama hat, obwohl sie nicht so sportlich ist, mit dem Laufen angefangen.“