Finnland ist nicht gerade berühmt für seine Berge, dennoch ist es das perfekte Reiseziel, um in die Skikleidung zu schlüpfen und die Bretter anzuschnallen. Nicht die Abfahrtsski – die Langlaufski. Herbert Schöttl, Langlauf-Experte der Naturfreunde Österreich, hat genau das getan und uns von seinem Lappland-Abenteuer erzählt.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter

Unendliche weiße Weiten, schneebedeckte Fichtenwipfel, zugefrorene Seen – all das macht Finnland zu einem Langlaufparadies. Während in vielen Teilen Mitteleuropas aufgrund des Klimawandels um ausreichend Naturschnee gebangt wird, ist ganz Finnland ungefähr hundert Tage im Jahr von einer 30 Zentimeter dicken Schneedecke bedeckt. Ganz im Norden, in Lappland, beginnt der Winter sogar schon im Oktober und dauert bis in den Mai an. Bei einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von -2 Grad auch kein Wunder, im Winter sind sogar bis zu -20 Grad nicht unüblich. Und exakt dorthin hat es Herbert Schöttl, den Bundesverantwortlichen für Langlauf der Naturfreunde Österreich, getrieben – genauer gesagt nach Äkäslompolo, welches ungefähr elf Autostunden von der Hauptstadt Helsinki entfernt liegt. Bequemer geht es über den ungefähr 50 Kilometer entfernten Flughafen Kittilä.

Da stellt sich die Frage: Warum diese lange Reise auf sich nehmen? „Mich faszinierten schon immer das Land, die Leute und die unendliche Weite“, meint „Wiederholungstäter“ Schöttl dazu. Er hat sich bereits mehrmals in den hohen Norden begeben. Als er die Sommersonnenwende am Nordkap erleben durfte, stand für ihn fest, dass er auch das genaue Gegenteil erfahren möchte – die beinahe komplette Finsternis im Dezember. Während dieser Zeit nimmt die Nacht ungefähr 22 Stunden des Tages ein. Zum Langlaufen ist daher eher der Februar zu empfehlen, denn da verhält sich der Wechsel von Tag und Nacht ähnlich wie bei uns in Österreich.
Und falls es doch einmal etwas zu früh finster werden sollte, sind in der Region Ylläs, wo sich der Ort Äkäslompolo befindet, 38 Kilometer des insgesamt 330 Kilometer langen Loipenetzes bis 22 Uhr beleuchtet. Mehr als genug, damit ein paar nächtlichen Sporteinheiten nichts im Weg steht. Außer vielleicht ein Kaninchen, das sich auf die Loipe verirrt hat. Die Sichtung eines Rentiers ist außerhalb der Farmen dagegen eher unwahrscheinlich, falls jetzt jemand dieses Bild im Kopf hat.

Doch eigentlich hat die Nacht in Lapp­land ganz andere Reize. Und diese liegen nicht unter den Skiern, sondern hoch über den Fichtenwipfeln. Mancher mag es bereits erahnen – es ist die Rede von den berühmten Polarlichtern. Das grün-lila schimmernde Naturphänomen ist vor allem in klaren Winternächten zwischen September und März sichtbar.

Nicht ganz so offensichtlich sind die Highlights, die Schöttl in Erinnerung geblieben sind: „bestens präparierte Loipen, urige Kaffeehäuser entlang der Loipe und Hütten, in denen man grillen kann“. Diese „Grill-Hütten“ sind übrigens traditionelle lapp­ländische Häuschen, die sich „Kota“ nennen. Es handelt sich dabei um eine pyramidenartige Konstruktion, in deren Zentrum es eine offene Feuerstelle gibt, die dazu einlädt, Würstchen, Brot, Marshmallows oder Ähnliches zu braten oder einfach etwas die Wärme zu genießen. Diese sehr beliebten Raststätten beruhen in ihrer Gestaltung auf den Behausungen der Samen – einem indigenen Volk, das im Norden Skandinaviens beheimatet ist.

Wiege des Langlaufs
Doch nicht nur diese Hütten verdanken wir den Samen, sondern auch die Erfindung des Langlaufes selbst. Diese glitten wahrscheinlich bereits vor 4000 Jahren durch die schneebedeckte Wildnis Lapplands, um zu jagen oder um einfach nur von einem Ort zum anderen zu gelangen. Auch heute ist der Maastohiihto – wie Skilanglauf auf Finnisch genannt wird – äußerst nützlich, um sich fortzubewegen, sobald der Winter im Norden Einzug gehalten hat. „In Skandinavien ist Langlauf Volkssport. Da sieht man die Mutter mit Kinderwagen auf Skiern genauso wie eine Schulklasse, die mitten in Wald und Schnee ein Picknick macht und dann auf Ski wieder zurück in die Schule läuft“, weiß Schöttl. Das macht sich nicht zuletzt auch im Profisport bemerkbar, wo die skandinavischen Länder im Langlauf bekanntermaßen stark sind.

Schöttl hat auch schon seine nächsten Reisen nach Finnisch-Lappland geplant. Ende Februar 2022 will er sich abermals als Guide auf die Loipen rund um Äkäslompolo begeben. Zusätzlich zum Skilanglauf stehen Schneeschuhwanderungen und eine Tour mit dem Fatbike auf der Aktivitätenliste. Und ohne Schnee lockt ihn der finnische Norden ebenfalls: Im August möchte er die sanften Hügel Lapplands mit dem Mountainbike erkunden. Scheint, als seien nicht nur die Weiten in Finnland unendlich, auch für die sportlichen Möglichkeiten trifft das (beinahe) zu …

Europäische Langlaufreiseziele

  • Sjusjøen (NOR): Mit einem 350 Kilometerlangen Loipennetz übertrifft Sjusjøen sogar jenes von Äkäslompolo. Zudem gibt es zwei Skilanglaufarenen, in denen Wettkämpfe abgehalten werden.
  • Mora (SWE): Mora ist der Zielort des berühmten 90 Kilometer langen Wasalaufes. Das klassische Langlaufrennen findet seit 1922 immer am ersten Sonntag im März statt und steht vor seinem 100-Jahr-Jubiläum.
  • St. Moritz (SUI): Der zweite Sonntag im März ist für den Engadin Skimarathon im 230 Kilometer langen Loipennetz um St. Moritz reserviert. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, über zugefrorene Seen zu gleiten.
  • Otepää (EST): In Estland ist Skilanglauf ebenfalls ein Volkssport. Ötepää ist das Wintersportzentrum des baltischen Landes, in dem neben Langlauf auch Skisprung und Eislauf ausgeübt werden können.
Herbert Schöttl
Herbert Schöttl

ist Bundesverantwortlicher für Langlauf der Naturfreunde Österreich, Vorsitzender der Ottensheimer Naturfreunde und geprüfter Mountainbike-Guide.

WEB: www.naturfreunde.at