Sein Training beschreibt er als „alles andere als professionell“ – dafür ist der Südtiroler Karpos-Athlet Daniel Jung ganz schön erfolgreich. Vor allem lebt er seine Leidenschaft: Ultra-Trailrunning.
„Links und rechts nur Berge, die bis zu 2500 Meter über das Tal reichen“ – so beschreibt Daniel Jung seine Heimat. Aufgewachsen im Südtiroler Vinschgau, in einer traumhaften Kulisse für alle, die ihr Herz dem Bergsport geschenkt haben. Da könnte man meinen, dass die Sport-Karriere des 39-Jährigen schon früh begann. Tatsächlich ist er schon als kleiner Jung(e) gerne laufend in den Bergen unterwegs gewesen, aber weniger im sportlichen Sinn – vielmehr, um seinem Opa bei der Arbeit unter die Arme zu greifen. „In den Sommerferien war ich immer mit meinem Großvater auf der Alm und habe dort als kleiner, wilder Hirte die Tiere zurück in den Stall gebracht“, erzählt der Südtiroler von seiner Kindheit – und womöglich auch den Anfängen seiner Liebe fürs Laufen.
Als die große Frage anstand, wie er seine Brötchen verdienen möchte, entschied er sich für eine Ausbildung zum Elektriker. Nach zehn Jahren in der Energie-Branche kam dann die Erleuchtung, dass es in der Jobwelt auch Tätigkeiten gibt, die mehr seinen Freizeitaktivitäten entsprechen. Also versuchte Jung sich als Mountainbike-Guide und Saunameister. 2014 kam der Switch zum Ultra-Traillauf: „Mittlerweile betreibe ich seit fast neun Jahren diesen wunderbaren Sport. Ich habe damals den Wechsel vom Bike zum Trailrunning gemacht, da ich dort nicht mehr so viel Freude hatte und irgendwie die Motivation verloren ging.“ Diese Entscheidung hat er bis heute an keinem Tag bereut: Mit diesem ersten Schritt Richtung professionelles Trailrunning hat Jung seine große Passion gefunden.
Inzwischen blickt der 39-Jährige auf 18 Jahre Leistungssport zurück. Sein Trainingsgeheimnis, das ihn über diese durchaus lange Zeit motiviert blieben ließ? „Ich bin zwar Profi-Athlet, doch mein Training ist alles andere als professionell. Ich mache Sport immer dann, wenn ich gerade Lust darauf habe. Eigentlich ohne richtigen Plan.“ Und sollte das nicht ganz so durchgeplante Training doch einmal härter werden, besinnt sich Jung immer gerne auf seine Liebe für die Natur und die Schönheit der Berge.
Der Reiz, an Grenzen zu stoßen
Diese Schönheit findet der Südtiroler auch in der Sportart selbst wieder. Die Kombination aus dem Draußensein und der Möglichkeit, viel Neues in möglichst kurzer Zeit zu entdecken, macht für ihn das Trailrunning aus. „Es ist toll, wenn man fit genug ist, um bestimmte Wege, für die die meisten Menschen eine Woche brauchen, innerhalb eines Tages zurückzulegen. Dadurch kann ich in kürzester Zeit unglaublich viel erleben und entdecken.“
Diese Faszination erklärt auch Jungs Spezialität: das Ultra-Trailrunning, das Bewältigen von besonders langen Strecken im Gelände. Erst im Vorjahr belegte er beim Hardrock 100 den 4. Platz. Wobei die Zahl 100 im Event-Namen des US-Trailrun-Klassikers in Colorado nicht für Kilometer, sondern für Meilen (also ca. 160 km) steht. Den Reiz, eine solche Strecke zurückzulegen, sieht der Südtiroler vor allem darin, immer wieder aufs Neue an körperliche und mentale Grenzen zu stoßen: „Das ist wie eine Sucht. Es ist manchmal extrem schmerzhaft und zugleich hat man dabei Gefühle, die man sonst nicht so erleben kann.“ Jeder Ultralauf sei eine Art Expedition mit ständig neuen Herausforderungen.
Stolz macht ihn der Sieg beim „La Diagonale des Fous 2021“ auf der Insel La Réunion. „Ich habe sechs Jahre gewartet, um mich dieser Herausforderung zu stellen, und dann konnte ich das auch noch gewinnen. Dort ging ein Traum in Erfüllung.“ Ziele hat Daniel Jung freilich noch so einige – nicht nur Wettkämpfe betreffend. Er denkt etwa daran, malerische Fernwanderwege laufend zurückzulegen. Besonders die Idee, den klassischen Pfad von München nach Venedig zu bestreiten, hat es ihm angetan.
