Spätestens seit den letzten olympischen Spielen und seiner Medaille sollte der Profi-Kletterer Jakob Schubert jedem ein Begriff sein. Seine Karriere-­Highlights findet er aber auch abseits des Wettkampfgeschehens – draußen am Fels.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter

Es ist legitim zu sagen, dass der Tiroler Jakob Schubert in der Kletterwelt ganz oben mitspielt. Wem die olympische Bronzemedaille in Tokio, als das Sportkletttern erstmals Teil der Spiele war, nicht ausreicht, der lässt sich vielleicht davon überzeugen, dass es zurzeit nur drei Felskletterrouten auf der Welt mit dem Grad 9c gibt und eine von Schubert erstbegangen ist. Die Frage ist jetzt: Geht es noch weiter nach oben? Die nächste Chance, das zu beweisen, steht bei den olympischen Spielen in Paris an. Im Kombinationsbewerb Bouldern und Vorstieg schätzt der 33-Jährige seine Chancen gut ein: „Ich gehöre zu denen, die das Potenzial haben, Gold zu gewinnen, wenn es gut läuft.“
 

Wenn es gut läuft – diese vier kleinen Wörtchen ziehen sich wie ein rotes Seil durch jeden einzelnen Bewerb. „Beim Wettkampfklettern muss ich genau an dem einen Tag, in dem einen Moment performen“, beschreibt der Athlet die mentale Herausforderung. Beim Felsklettern ist das anders. Nicht weniger mental fordernd, aber eben anders: „Am Fels hat man nicht den Druck, da kann man auch erst am nächsten Tag in Form sein. Das klingt vielleicht so, als wäre es mental einfacher, aber ich finde, es hat seine eigenen, anderen Herausforderungen. Gerade, wenn man eine Route wochenlang probiert.“ Dazu braucht man jede Menge Durchhaltevermögen und Ehrgeiz. Dass der Tiroler beides hat, hat er beim Durchstieg der 9c-Kletterroute B.I.G., einem persönlichen Karriere-Highlight, letzten Herbst bewiesen. Mehrere Monate hat er an dieser Route in der Flatanger-Höhle in Norwegen gemeinsam mit seinem Kletterkollegen Adam Ondra, der dieses Projekt ins Leben gerufen hatte, gearbeitet. Was auf jeden Fall auch geholfen hat, so lange durchzuhalten, waren, wie so oft beim Felsklettern, die örtlichen Begebenheiten: „Der Ort ist einfach magisch. Von den Fjorden umgeben. Irgendwo im Nirgendwo. Wenig Straßen, wenig Häuser.“

Und das Gefühl, wenn man endlich das Top von so einem Projekt erreicht? „Natürlich megageil“, um es mit Schuberts Worten zu sagen: „Es war einfach die Route, die ich mit Abstand am längsten probiert hab. Es ist so eine Erleichterung, aber auch ein unglaublich geiles Gefühl, wenn man so was dann endlich durchsteigt und es ist natürlich nochmal geiler, wenn man der Erste ist, der die Route schafft.“ In der Verantwortung des Erstbegehers liegt es dann auch, der Route eine Schwierigkeit und einen Namen zu verleihen. Kein einfaches Unterfangen, besonders, wenn die Frage im Raum steht, ob die Route denn eine 9c – der schwierigste zurzeit existierende Klettergrad – sein könnte. Doch im Vergleich mit bisher gekletterten Routen war schnell klar, dass das Level von B.I.G. jenes der anderen übersteigt. „Genau wissen wird man es erst, wenn sie irgendwann wiederholt wird und jemand anderer eine Meinung dazu abgibt.“ Vielleicht ja sein Kollege Ondra, der diese 9c immer „Project Big“ genannt hat und zu dessen Ehren Schubert den Projektnamen in die finale Bezeichnung einfließen ließ. „Aber ich wollte die Route nicht einfach nur „Big“ nennen. Deswegen kam ich auf B.I.G., auch weil ich den Rapper cool finde“, erläutert er seine Kreation.

Weitere Kreationen des Kletterers findet man zurzeit bei „gloryfy unbreakable eyewear“, für welche er inzwischen drei verschiedene Brillen designt hat. Eine davon ist eine streng limitierte Sonnenbrille namens G21 Project B.I.G. inklusive Seilstück, das in Flatanger zum Einsatz kam. An den Brillen, welchen er mit einem extravaganten Design einen persönlichen Touch verleihen wollte, schätzt er vor allem das Handling und die Langlebigkeit.

Seine nächsten Projekte nach Paris widmen sich aber wieder hauptsächlich dem Felsklettern. Erst Deep Water Soloing auf Mallorca, danach soll die Route DNA im Verdon projektiert werden. Sollte er diese knacken und den Schwierigkeitsgrad bestätigen, wäre Schubert die einzige Person, die zwei 9c-Routen in der Tasche hat. 

Jakob Schubert
Jakob Schubert

Geb. 31.12.1990 in Innsbruck, gehört er als 6-facher Weltmeister und olympischer Bronzemedaillengewinner zu den erfolgreichsten Kletterern seiner Generation. Im September 2023 gelang ihm die Erstbegehung von B.I.G., einer der drei zurzeit schwersten Sportkletterrouten der Welt.

WEB: jakob-schubert.com