Von Murmeltieren, Alpakas und dem Glücksvogerl. Wie Eisschnellläuferin Vanessa Herzog die zwei Monate in der Bubble in Holland erlebt und bei der WM wieder auf den Titel losgehen wird.
Und täglich grüßt das Murmeltier. In Dauerschleife. Ein immer wiederkehrender Tag. So ähnlich könnte sich Vanessa Herzog im selbst gewählten Exil in Heerenveen fühlen, seit sie sich Ende November im Zweierteam mit Ehemann, Manager und Trainer Tom Herzog ins niederländische Eisschnelllauf-Mekka zurückgezogen hat. Selbst für Weihnachten gab es keine Ausnahme. In Heerenveen lebt die komplette Weltelite in einer Bubble zwischen Hotel und Eisstadion, trainiert gemeinsam und zieht die komplette Wettkampfsaison mit Weltcups, EM und WM innerhalb von vier Wochen durch, alles auf derselben Bahn.
Einen Drehwurm hat Österreichs Sportlerin des Jahres 2019 noch nicht. Es wäre ihr nicht zu verübeln, bei den vielen Bewerben und den wöchentlich fünf Eistrainings mit je 50 bis 70 Runden auf der 400-Meter-Bahn im „Thialf“, wo in Nicht-Corona-Zeiten bis zu 12.500 frenetische Zuschauer für hollandtypische Begeisterung sorgen. Knapp über 100 Kilometer am Eis kommen so pro Woche zusammen, als Sprinterin wohlgemerkt.
Und wie läuft der Alltag in der Blase? „Wir sind schon seit drei Wochen im selben Hotelzimmer“, erzählt die 25-Jährige, die versucht, auch nach zwei Monaten in den Niederlanden das Beste aus der Situation zu machen. „Man kann zwar fast nix unternehmen, außer im Freizeitraum des Hotels Tischtennis zu spielen, aber unser Vorteil ist ja auch, dass wir gemeinsam als Paar da sind. Das Leben ist sehr entspannt und weniger schlimm als angenommen.“
Unser Vorteil ist, dass wir gemeinsam als Paar da sind. Das Leben ist sehr entspannt und weniger schlimm als angenommen.
Das Hygienekonzept ist streng, man muss sich immer an- und abmelden, muss natürlich Maske tragen, beim Essen Handschuhe und immer Abstand zu den anderen einhalten. Immer mittwochs gibt es Covid-Tests. „Es funktioniert, bis dato ist kein Athlet der Blase positiv.“ Anders als im Herbst, als in Herzogs angestammtem Trainingsrevier in Inzell 15 Athleten positiv getestet wurden, darunter ein direkter Kollege. Der komplette Wettkampfkalender wackelte und der Plan B mit der „Bubble-Saison“ in Heerenveen wurde geboren.
Als Spitzenathletin und Heeressportlerin geht Herzog grundsätzlich nichts ab. Was sie dennoch schmerzlich in Holland vermisst? „Meine Tiere!“ Alpakas, Gänse, Schweine und Hühner hat die gebürtige Tirolerin bei Haus und Hof in ihrer neuen Kärntner Heimat Ferlach. „Normalerweise bin ich jede freie Minute bei den Tieren. Das ist für mich der beste Ausgleich zum Sport.“
Auch neue Sportarten auszuprobieren, ist der Top-Athletin nicht fremd. Zum einen bestreitet Herzog im Sommer auch Wettbewerbe auf Inlineskates, wo sie ebenfalls Welt- und Europameisterin ist. Und so wie fast alle Eisschnellläufer trainiert sie viel am Rennrad, mit dem sie 7000 Kilometer pro Jahr abspult. Aufgrund ihrer Athletik und Kraft wurde ihr schon oft das Antreten bei Radbewerben empfohlen. „Ja, im Einzelzeitfahren wäre ich sicher ganz gut“, lacht sie, „aber es muss flach bleiben.“ Auch Ausflüge in die Leichtathletik gab es zu Trainingszwecken. In Kärnten ist sie bei einem internen Meeting die 60, 100 und 200 Meter gelaufen – und hat zur Verblüffung der Leichtathleten sogar gewonnen. „Leichtathletik und Radfahren wären sicher interessante Sportarten für mich.“
Normalerweise bin ich jede freie Minute bei den Tieren. Das ist der beste Ausgleich zum Sport.
Der Fokus bleibt am Eisschnelllauf
Das Ziel Weltmeisterschaft hält beim Team Herzog die Motivation hoch, denn nach den Weltcups und der EM passt die Richtung zu den finalen Titelkämpfen, die von 11. bis 14. Februar über die Bühne gehen. „Bislang bin ich mit der Saison sehr zufrieden. Mit einem perfekten Rennen ist bei der WM alles drin“, sagt die Weltmeisterin von 2019, die in ihrer Sprint-Paradedisziplin über 500 Meter vor allem die Niederländerin Femke Kok schlagen muss. „Wir beobachten uns gegenseitig in der Halle, es bleibt hier ja nix geheim.“ Im Training liegen sie meist gleichauf. „Es wird ein superknappes Rennen.“
Aufstehen, Krone richten, weitermachen. Und den Landeplatz fürs Glücksvogerl wieder größer machen. Das war unter den gut gemeinten Tipps, die Herzog bekam, als sie das Video vom „Hoppala“ in Heerenveen postete. Bei einem der Weltcups stolperte sie schon beim dritten, vierten Schritt und rutschte bauchlings übers Eis. „So was passiert extrem selten, vielleicht alle zwei Jahre.“ Ein gutes Omen? Der letzte Sturz passierte Herzog im Jahr 2019. Einen Tag vor der EM. Dann folgte EM-Gold.