Von A bis Z, von Amphibio bis Z-Wert, von zarten Kinder-Ski bis zu fetten Freeride-Latten. Was tut sich am Skisektor? Was sind die Empfehlungen des Fachhandels? Der Versuch eines groben Überblicks.
 

Christoph Heigl
Christoph Heigl
Welchen Ski brauche ich?

Servotec, Amphibio Technology, Free Milled Titanium, Piston Plate. Wer bei diesen Begriffen sofort zur Fachsimpelei über Radien und Kniewinkel übergeht, hat die letzten Jahre brav mitgelernt. Wer damit nichts anfangen kann, ist erstens vermutlich in der Überzahl und wird zweitens vermutlich beim Skikauf auf etwas mehr Hilfe angewiesen sein. Beim Skihändler deines Vertrauens stehst du ohnehin vor riesigen Wänden mit neuen, bunten Skidesigns. Die Auswahl am Markt ist fast unüberschaubar. Jede Marke hat ihr Portfolio aufgespreizt vom Kinder- und Anfängerski übers Allround- und Racemodell bis hin zum Tourenski und zu den mächtigen Tiefschneelatten. Als Kunde und Käufer steht man vor einer echten Challenge. 

„Die meisten kommen etwas vorinformiert zu uns ins Geschäft“, erzählt Herbert Schermer aus der Praxis. Er ist Verkaufsberater bei Intersport Winkler in Ellmau (Tirol). Auf diesem Wissen aus Internet, Zeitungen und Magazinen kann man dann bei der Beratung aufbauen. „Klassische Touristen und Urlauber kommen aber meistens ohne Infos. Die wollen einfach einen guten Ski, testen ihn bei uns und können ihn dann im Idealfall kaufen.“ Dieses „Test & Buy“ habe sich bei Intersport bewährt. Klassische Varianten mit reinen Verleihski (stärkerer Belag, stärkere Kanten) bietet man aber auch an.

Welchen Ski brauche ich?

Was wird gekauft? „Trends variieren“, sagt Schermer, „aber aktuell greifen die Kunden gerne zu etwa breiteren und etwas längeren Modellen. Dieser All-Mountain-Ski wird auch von der Industrie derzeit stark beworben.“ Und Frau Holle trägt ebenfalls ihr Scherflein bei. „Die letzten beiden Winter waren bei uns sehr schneereich. Da kommen gleich mehr Leute und kaufen breitere Ski“, erzählt der Intersport-Experte. Die Kunden geben dann im Schnitt übrigens 400 bis 600 Euro für ein Set aus Ski und Bindung aus und wählen momentan eher dezente, gedämpfte Farben. Interessant: In Skigebieten greifen Kunden eher zu teureren Modellen, in Städten eher zu günstigeren. 

Die Testsieger
Günter Messner, Filialleiter von Gigasport Villach, nimmt seit vielen Jahren am großen Worldskitest teil, bei dem schwarz abgeklebte Ski aller Kategorien gefahren und bewertet werden. Das schult das Sensorium für Ski und Technik. Messner hat die Testsieger und Favoriten im Shop und Tipps für SPORTaktiv-Leser parat: „Beim Testen waren alle vom Atomic X9 und – vor allem mit der steiferen Bindungsplatte – dem G9 begeistert. Die Blizzard-WRC-Serie ist für mich auch ausgezeichnet und die Riesentorlaufski von Elan zählen sowieso zu meinen Favoriten.“ So genaue Unterschiede herauszufiltern ist aber nicht jedermanns Sache, das spüren nur erfahrene Skifahrer. „Alle Firmen am heimischen Markt bauen seit vielen Jahren Ski in hervorragender Qualität und haben ein Riesen-Know-how. Es gibt längst keine schlechten Ski mehr“, beruhigt Messner. 

Ski-Kategorien

Race-Ski
für hohen Speed und exaktes Carven, Technik und Kraft sind Voraussetzung, für Einsteiger mäßig geeignet. Mittelbreiten ab 65 mm bis etwa 72 mm.

Slalomcarver: sehr kurz, Längen-Richtwert: Schulter bis Nase, Radius etwa 13 Meter.
Riesentorlaufcarver: lang (Richtwert: Körperlänge und darüber) und eher schwach tailliert, Radien bis zu 30 Meter.

Performance/Piste
klassischer Einsteigerski für alle Pisten, komfortabler, weicher und fehlerverzeihender als aggressive Racecarver. Mittelbreiten ab 70 mm, normale Längenempfehlung.

All-Mountain
Allrounder für präparierte Pisten, leichtes Gelände und Tiefschnee.  Breitere Taillierungen je nach Auslegung ab etwa 74–-80 (pistenorientiert) und bis 98, 100 mm (Fokus Gelände). Darüber geht es ins Freeriden.

Freeride
Breite Spezialski für ungespurtes Gelände und tiefen Schnee, ab 90 bis 100 mm Mittelbreite und bis 125 mm Breite, Länge: Körperlänge aufwärts, für Pisten weniger geeignet.

Ladies-Ski
Leichter und flexibler als klassische Herrenmodelle, somit ideale Kraftübertragung und weniger Kraftaufwand.

Die Technik hat enorme Fortschritte gemacht: Als Beispiel sei Atomics Servotec-System genannt, ein Stab an der Oberfläche des Skis, der zu einem Elastomer unter der Bindung führt. Das erzeugt einen Reboundeffekt wie bei einer Feder und dämpft Schläge. „Das ist spürbar“, bestätigt Messner. So haben alle Firmen ihre Technik-News und kleinen Geheimnisse zwischen Belag, Kanten und Oberfläche gebastelt. Elan setzt als derzeit einzige Marke auf eine Links/Rechts-Ausrichtung und asymmetrische Ski für Links und Rechts. „Das funktioniert bestens“, weiß Messner. 

Neben Aufbau, Mittelbreite und Taillierung zählt die Wahl der richtigen Skilänge zu den wichtigsten Punkten. Die Tipps variieren von Gattung zu Gattung und gehen immer ein wenig mit der Mode, als Faustregel hat sich aber folgender Ratschlag bewährt: „Stirnhöhe bis sieben Zentimeter über Körpergröße ist als Faustregel nie ganz falsch“, sagt Messner. Bei einer 1,75 Meter großen Skifahrerin wären das als Beispiel die Skilängen von etwa 168 bis 182 cm. Aufmerksame Leser erkennen: Die Ski werden wieder etwas länger gefahren als noch vor zehn Jahren, als die Shortcarver groß in Mode waren. Eine Ausnahme sind die Slalomcarver, die „etwa in Schulterhöhe“ gefahren werden, in unserem Beispielfall also ab 150 cm aufwärts, und die Freerider.

Generell gilt, gute Skifahrer greifen eher zu längeren Modellen und profitieren von mehr Laufruhe bei höherem Tempo. Der kürzere Ski dreht leichter, hat aber nicht diese Ruhe und Stabilität. Deshalb ein Tipp: „Nicht immer tun sich Anfänger mit dem kürzeren Ski leichter. Der kann mitunter zu wenig Sicherheit vermitteln, weil er sich so leicht dreht und überdreht“, sagt Messner, für den die heurigen Modelle schon fast wieder Schnee von gestern sind. Einige Ski des Winters 20/21 stehen nämlich auch schon zum Testen bereit. 

Ski-Lexikon

Belag
Beschichtung der Lauffläche des Skis, besteht aus Polyethylenen. Extrudierte Beläge kommen fast ganz ohne Wachs aus, schnelle gesinterte Beläge hingegen brauchen viel Wachs. 

Camber
Vorspannung des Skis, damit mehr Druck auf den Ski gebracht wird.

Laminate
Schichten rund um den Holzkern, ausschlaggebend für die Performance des Skis, mit Titan, Glasfaser oder Carboneinlagen.

Radius
Angabe in Metern, welche Schwunglänge der Ski technisch bevorzugt, z.B. 17 Meter.

Rocker
Aufbiegung des Skis vorne und/oder hinten, dadurch wird er drehfreudiger.

Seitenwangen
ausschlaggebend dafür, wie gut ein Ski Schläge abfängt und Kraft auf den Schnee überträgt.

Sidecut
beschreibt den Verlauf der Taillierung.

Ski-Flex
Härte im Biegeverhalten entlang der Längsachse.

Skikern
aus Holzarten wie Buche, Pappel, Esche, Karuba oder aus Schaumstoffen.

Skilänge

Die Faustregeln: 

  • Einsteiger/Anfänger: Körpergröße minus 10–15 cm
  • Fortgeschrittene: Körpergröße minus 5–10 cm
  • Erfahrene Fahrer: Körpergröße oder einige Zentimeter darüber
    • (Ausnahmen: Slalomcarver und Freerider)


Taillierung
Ski haben eine „Taille“, die in drei Maßen (Schaufelbreite, Mittelbreite, Skiende in Millimetern) angegeben wird, z. B. 115-70-102.

Torsionssteifigkeit
Querverwindung um die Längsachse. Höhere Torsionssteifigkeit ermöglicht besseren Grip, verlangt aber exaktere Fahrweise.

Z-Wert
Beschreibt den Auslösewert und Verstellbereich der Skibindung je nach Körpergewicht und Sohlenlänge, z.B. 0,75 bis 1,50 für Kleinkinder oder 7,5 bis 12 (und weit darüber) für Erwachsene.