Steffi Marth hat ihre MTB-Rennkarriere 2018 zurückgestellt und bereist heute beruflich mit dem Mountain- und Gravelbike die Welt. Und wie lebt sich so ein Traum? ­Wir fragen nach.

Nicole Hofstetter
Nicole Hofstetter


Steffi, du hast ja quasi bereits mit 12 Jahren am BMX-Bike deine Bike-Karriere gestartet. War für dich schon immer klar, dass du das Biken mal zu deinem Beruf machen möchtest?
Ehrlich gesagt habe ich nie so weit nach vorne geschaut, sondern mich immer auf die aktuellen Aufgaben konzentriert. Insgeheim wurden die Weichen für eine Zukunft als Profi-Sportlerin gestellt, als ich mit 17 Jahren von meinem Kleinstadt-Gymnasium an die Sportschule und das Internat in Cottbus gewechselt bin. Obwohl ich nach dem Abi noch ein Masterstudium in Architektur absolviert habe, richtete sich mein ganzes Leben nach dem Sport und das ist bis heute so.
 

Wie sieht eine Arbeitswoche bei dir aus?
Je nachdem welche Jahreszeit gerade ist, besteht mein Alltag aus mehr oder weniger Reisen. Manchmal geht es mit dem Flugzeug ganz weit weg, aber meist bewege ich mich in Deutschland und dem Alpenraum. Wenn ich gerade nicht mit den ­Bikes auf Reisen bin, arbeite ich sehr viel im Büro. Es gehört schon eine mächtige Portion Planung dazu, von dem Sport leben zu können. Da geht es von der Kommunikation mit meinen Kooperationspartnern über das Erstellen, Bearbeiten und Posten von Inhalten bis hin zu normaler Buchhaltung. Nebenbei müssen natürlich noch die Bikes und das Equipment in Ordnung gehalten werden.

Ein Berufswechsel würde dich wohl eher nicht reizen, vermute ich mal. Aber grundsätzlich hättest du in ­Architektur auch einen Master ­vorzuweisen ...
Das Leben ist verdammt kurz, deswegen möchte ich natürlich nichts ausschließen. Na klar reizt es mich auch noch mal andere Aufgaben zu übernehmen oder etwas ganz anderes zu machen. Aber mein Job macht mir auch einfach zu viel Spaß, als dass ich ihn wechseln würde. Und wegen meiner Liebe zur Architektur: Ich durfte neulich unser eigenes Haus entwerfen und habe so auch nicht umsonst studiert. ;-)
 

Oder ist der Plan, dein Geld für dich arbeiten zu lassen? Zumindest kommt einem der Gedanke, wenn man deinem Podcast „Schotterwege“, den du zusammen mit deinem Mann und Finanzanalysten Julian betreibst, lauscht.
Haha, ja es wäre schön, wenn man von den Anlagen leben könnte. Wer genau zuhört, weiß aber auch, dass ich noch reichlich „Humankapital“ ausschöpfen muss, bevor ich in den Ruhestand gehen kann. Als Selbstständige ist das wirklich nicht leicht. Aber ich genieße es immer  sehr, eben auch im Rahmen des Podcasts, mal über andere Themen als das Biken nachzudenken und zu sprechen.

Doch zurück zum Biken: Auf komoot trackst du ja ziemlich aktiv deine Touren. Was war dein Highlight der letzten Monate?
Puh, das ist schwer zu sagen, aber sicherlich waren meine Reisen nach Atlantic Canada und Indien sowie Kappadokien am beeindruckendsten. Ich liebe aber auch die vielen kleinen tollen Gravel-Routen, die ich mit Hilfe von komoot immer wieder in der Heimat entdecke.

Und überhaupt: Welches Bike-Erlebnis hat dich besonders geprägt?
Alle meine Reisen prägen mich aufs Neue. Überall, egal ob es vor der Haustür oder im hinterletzten Kaff von China ist – überall kann man was erleben und mit dem Bike noch viel mehr als ohne. Unvergesslich sind tatsächlich meine zwei Reisen nach China, die nach Japan und die nach Indien – irgendwie hat es mir Asien angetan.

Alle meine Reisen prägen mich aufs Neue. Überall, egal ob es vor der Haustür oder im hinterletzten Kaff von China ist.

Du bist ja eine ziemliche Bike-Allrounderin. Wenn du dich für eine Art des Radfahrens entscheiden müsstest, welche wäre das und warum?
Im Moment genieße ich das Graveln sehr. Einfach weil ich wieder nach Hause in die flache Lausitz gezogen bin und in alle Richtungen von der Haustüre wegfahren kann. In den Bergen liebe ich natürlich Mountainbiken und bin immer noch verrückt nach tollen Trails und Abenteuern. Ich liebe aber auch unsere BMX-Strecke zu Hause, weil da Jung und Alt zusammenkommen und wir eine rege Vereinstätigkeit haben.

Hin und wieder trifft man dich auch am E-Bike an. Was hältst du vom Vorurteil, dass es sich beim E-Biken um keine sportliche Betätigung mehr handelt?
Das ist totaler Quatsch – zumindest kommt es drauf an, wie man E-Biken betreibt. Ich finde es klasse, dass mit Motor-Unterstützung jeder zusammen in einer Gruppe denselben Speed fahren kann. Außerdem kommen so auch unfittere Menschen auf das Rad, gerade in höherem Alter oder wenn sie einfach wenig Zeit oder gesundheitliche Einschränkungen haben. Im Profi-Sport sind die E-Biker genauso krass unterwegs wie die Enduro-Fahrer – meist sind sie ja auch Enduro-Fahrer. Die einzigen Vorurteile, die ich unterschreibe, sind die, dass es immer wieder Leute gibt, die auf die Regeln beim Biken und den Respekt vor anderen Wegbenutzern und der Natur keinen Wert legen. Die gibt es aber auch unmotorisiert.

And last but not least: Welche Bike-­Projekte stehen in nächster Zeit an bzw. welchen großen Traum willst du dir mit dem Rad noch erfüllen?
Mir fallen wöchentlich neue Sachen ein, auf die ich mich sehr freue. Als nächstes steht eine Wohnmobil-Reise nach Schweden an. Ich war noch nie selbst mit einem Wohnmobil unterwegs und schon gar nicht in Skandinavien. Mit meinen Eltern bin ich früher mit dem Wohnwagen durch ganz Europa getingelt, um die BMX-Rennen abzufahren. Aber das wird jetzt ein ganz anderes Erlebnis – denke ich. Natürlich sind auch die Bikes dabei. Das wird klasse. 

Allgemein möchte ich erstmal näher an meiner Heimat bleiben und die langen Flugreisen reduzieren. Es gibt so viel bei uns zu entdecken, was auch für jeden gut nachzumachen ist. Immerhin teile ich meine Erlebnisse und fände es toll, wenn meine Rezipienten das auch nachmachen können. 

Steffi Marth
Steffi Marth

geb. 19. August 1985, Profi-Mountainbikerin und mehrmalige deutsche Meisterin, nennt den Süden Brandenburgs (D) ihre Heimat. Nachdem sie ca. 20 Jahre Rennen im BMX und diversen MTB-Disziplinen bestritten hat, fokussiert sie sich inzwischen auf Bike-Reisegeschichten und Produkttests sowie darauf, ihr Radsport-Wissen an die Bike-Industrie und an Teilnehmende ihrer Bike-Camps weiterzugeben. Zusätzlich ist sie im Vertrieb von Pumptracks und Bikeparks tätig.

WEB: www.steffimarth.com